VIS 2016 Animation Avantgarde 3
Das "Kurzfilmprogramm Animation Avantgarde Teil 3" des Vienna Independent Shorts Festival 2016.
Min.74
One Minute Art History
CN 2015; Österreich-Premiere; Kein Dialog; 01 min 27 sec; Regie: Cao Shu
One Minute Art History ist eine visuell berauschende Arbeit, in der Jahrhunderte der Entwicklung im Bereich der Malerei auf nur knapp eine Minute Filmlänge komprimiert werden. Pro Sekunde werden acht stilistisch unterschiedliche Bilder gezeigt, die, ausgehend vom alten Ägypten, wichtige Kunstströmungen aus dem europäischen und asiatischen Raum bis zur Gegenwart zeigen. Die unterlegte Handlung zeigt eine zumeist männliche Person, die auf etwas wartet.
Woman without Mandolin
BRDE 2015; Österreich-Premiere; Kein Dialog; 04 min 40 sec; Regie: Fabiano Mixo
Wir betrachten das Porträt einer Frau, in traditionell afrikanisch anmutender Kleidung und im stolzen Profil. Als sie den Blick in Richtung Kamera wendet, beginnt das Bild wie ein Spiegel in Teile zu zerbrechen. Das faszinierende Auseinanderdriften der Gesichts- und Körperteile lässt eine Reflexion über Schönheit und Selbstbild zu. Das Bild erinnert am Ende an die kubistischen Porträts Picassos, an dessen Bild "Girl with Mandolin" der Titel angelehnt ist.
Metropolitan Triangle Garden
CNUS 2014; Österreich-Premiere; Kein Dialog; 03 min 54 sec; Regie: Rui Hu
Rui Hu betrachtet humorvoll den musealen Raum mit den dort vorhandenen klassischen Skulpturen und Exponaten. In seiner 3D-Animation vollführen diese eine destruktive Performance, die aus digitalen Glitches und Verformungen der 3D-Skulpturen besteht. So machen sich die Werke ihre Plätze streitig, zerfließen, setzen sich neu zusammen - es scheint, als würden wir dem Ritual einer verrückt gewordenen, sich selbst überlassenen, neonbunten Kunst beiwohnen.
Quimtai
DE 2015; Österreich-Premiere; Kein Dialog; 06 min 05 sec; Regie: Camilo Colmenares
Die Formensprache von heute ausgestorbenen indigenen Kulturen in Kolumbien bildet einen Ausgangspunkt dieser Arbeit. Eine weitere Inspirationsquelle für Camilo Colmenares ist der deutsche abstrakte Animationsfilm der 1920er-Jahre. In Quimtai entsteht ein Dialog zwischen uralter und moderner Kulturtechnik, wenn die Muster der Tairona und Quimbaya mit Hilfe der Lasertechnologie in einem handwerklich aufwendigen Verfahren direkt in den 35mm-Schwarzfilm geritzt werden.
Ghost Tracks
FRJP 2015; Österreich-Premiere; 05 min 17 sec; Regie: Jerome Boulbes
Eine geisterhafte Szenerie in einem Tunnel öffnet sich: Der Raum scheint ohne Schwerkraft zu sein, Steine schweben in der Luft und bewegen sich fließend durch das Bild, lange Holzbalken zeichnen horizontale, vertikale und diagonale Linien ins Bild und arrangieren sich in einem geheimnisvollen Ritual zu geisterhaft waberndem Sound immer wieder neu. Sie werden zu Licht, werden durchscheinend und geben kleine Blicke frei auf eine Welt, die sich dahinter verbergen könnte.
Brainbows
AT 2015; Kein Dialog; 02 min 26 sec; Regie: Karin Fisslthaler
Karin Fisslthaler sammelt in ihren Arbeiten sehr fokussiert und präzise Gesten und Momente von Berührung und Kommunikation zwischen Körpern. In Brainbows, in dem Material aus Fritz Langs Frau im Mond zur Verwendung kommt, kondensiert sie diese Momente des Kinos in einer elegant montierten Choreografie, die Bewegungen auch über den Frame hinaus weiterdenkt und eine neue Kommunikation zwischen Bildern ermöglicht.
East Meets West
AU 2015; Österreich-Premiere; Kein Dialog; 04 min 30 sec; Regie: Dirk de Bruyn
Zentral ist ein mit abstrakten Formen handbedrucktes Filmfenster inklusive Perforation, die analoge Materialität der Oberflächen wird überdeutlich. Gleichzeitig zeigen in einem senkrechten Streifen am rechten Bildrand acht zeitlich versetzte Movies einen Auftritt der berühmten Frauen-Jazz-Bigband von Drummerin Viola Smith (ca. 1935). Das Chaos der akustischen Vervielfältigung harmoniert perfekt mit dem quirligen Filmbild. Analogue film meets digital files.
Exomoon
GBAT 2015; Wien-Premiere; 06 min; Regie: Gudrun Krebitz
Exomoon ist ein wunderbares Zusammenspiel von Texturen in Bild und Ton: Bilder werden übermalt, mit feinem Strich gezeichnet, die Stimme flüstert, verändert die Tonalität, wird verdoppelt. Es kracht und kratzt, man hört Schritte und sieht die nackten Füße mit rot lackierten Nägeln im Schnee. Manchmal träumerisch, manchmal hellwach erzählt sie von einer Frau, die zwischen Einsamkeit und einem Verlangen nach einem Ereignis, das diese Einöde durchbricht, mäandert.
Kinki
PL 2015; Österreich-Premiere; Kein Dialog; 10 min 12 sec; Regie: Izumi Yoshida
Diffuse Bilder, Eindrücke. Lichter erhellen die Szenerie, um sie dann wieder im Dunkeln verschwinden zu lassen. Der Blick wird frei auf Gitter, Schnüre und Zäune. Kinki ist voll Andeutung und mysteriöser Stimmung, man erhascht nur fragmentierte Blicke auf Räume oder Oberflächen, die bearbeitet werden, sich zersetzen. Unzählige Assoziationen tun sich auf. Der intensive Soundtrack gibt dem Film etwas Horror-eskes und erinnert dabei an Krzysztof Pendereckis Filmkompositionen.
A place I've never been
CH 2015; Österreich-Premiere; Kein Dialog; 04 min 40 sec; Regie: Adrian Flury
Mit Google Street View und Milliarden von privaten Bildern, die jeden Tag ins Netz geladen werden, kann man sich praktisch an jeden Ort der Welt begeben. Flury rekonstruiert mithilfe dieses "Online-Bildarchivs" ein mögliches Bild von Athen, inklusive simulierter Kamerafahrten, hinterfragt damit AutorInnenschaft und wirft auch die Frage nach der Manipulation der Bilder auf.
This Ain't Disneyland
HK 2015; Europa-Premiere; Kein Dialog; 06 min 25 sec; Regie: Faiyaz Jafri
Eine verstörende Provokation leistet sich Faiyaz Jafri im Geiste seines programmatischen "Hyper-Unrealism", wenn er Bilder der Zerstörung der New Yorker Twin Towers mit Bildern von Bambi und Micky-Maus-Ohren, seinen Lieblings-(Anti-)Disney-Motiven, aufeinandertreffen lässt. Die Textzeile This Ain't Disneyland ist das Zitat eines Polizisten aus einem 9/11-Dokumentarfilm, die Disney-kritischen Textzeilen des Songs zu Beginn und Ende stammen von Jafris Sohn.
First Person Shooter
FI 2015; Welt-Premiere; 07 min 07 sec; Regie: Hanna Arvela
Zwei zivilisationsgeschädigte Männer verbringen ihren Abend beim Computerspiel. Über ein Netzwerk verbunden bewegen sie ihre beiden Avatare durch "naturbelassene" Hügel und Wälder und durchkämmen entlegene Siedlungen. Neben Naturgeräuschen und dem Keuchen der sportlichen Avatare können wir den unbekümmerten Dialogen ihrer Controller lauschen, die entlarvender kaum sein könnten. Ein amüsanter Einblick in die Geisteswelt leicht verblödeter Machos.