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© Bild: Sony Pictures
Filmkritik
19.09.2018

"Searching": Auf Spurensuche im Laptop

Dieser von Timur Bekmambetov produzierte Computer-Thriller wird komplett aus der Desktop-Perspektive erzählt.

Was ist mit der 16jährige Margot ( Sara Sohn) passiert? Wo steckt sie bloß? Sie scheint wie vom Erdboden verschluckt zu sei.

Ist sie einfach weggelaufen, weil sie es daheim nicht mehr ausgehalten hat und durch den allzu frühen Krebstod der Mutter aus der Bahn geworfen wurde? Hat man sie entführt? Musste sie untertauchen, da sie in kriminelle Machenschaften verwickelt war? Wurde sie das Opfer eines Gewaltverbrechens? Oder ist alles ganz harmlos? In der Nacht ihres Verschwindens hat sie jedenfalls noch dreimal versucht, ihren Vater ( John Cho) anzurufen, doch der hat zu fest geschlafen und nichts gehört.

Kann Margot (Sara Sohn) von ihrem Vater (John Cho) gefunden werden?

© Bild: Sony Pictures
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Laptop als letzte Hoffnung

Auf eine harmlose Erklärung scheint bald nicht mehr hinzudeuten und die Polizei hat in Gestalt einer fähigen Ermittlerin (Debra Messing) die Arbeit aufgenommen. Um herauszufinden, was vorgefallen sein könnte, wirft der Vater einen Blick in den Laptop seiner Tochter. Das Besondere an diesem Film ist die Perspektive: wir schauen ihm dabei nicht etwa bloß über die Schulter, sondern sind sozusagen IM Computer. Die Leinwand wird die ganze Zeit von der Benutzeroberfläche des PCs ausgefüllt und wir verfolgen die Aktionen des verzweifelten Vaters mit. Dabei landen wir auf altvertrauten Social Media-Plattformen wie Facebook, YouTubeInstagram, Tumblr, rufen Emails auf oder besuchen Seiten, von denen wir bisher vermutlich noch nie etwas gehört haben. 

Eine fähige Ermittlerin (Debra Messing)

© Bild: Sony Pictures

Viele Anhaltspunkte

Der Vater muss erkennen, wie wenig er über das Leben seiner Tochter eigentlich gewusst hat. Beim Durchstöbern von Margots Bildern, Videos, Textdateien und Chatverläufen ergeben sich immer wieder neue, überraschende oder verwirrende Anhaltspunkte, die den Vermisstenfall jeweils in ganz anderem Licht erscheinen lassen und wir werden vermutlich einige beunruhigende Schlüsse daraus ziehen. Trotzdem kommt dann aber alles wieder ganz anders, denn die Handlung nimmt mehrmals eine völlig unerwartete Wendung.  Das Detektivspiel lässt uns übrigens auch durchaus selber Mitraten und wenn wir genau aufgepasst haben, sollten wir in der Lage sein, ähnlich wie der Vater, ein paar Querverbindungen herzustellen.

 

Social Community

Es ist auch faszinierend zu beobachten, wie die Social Community auf den Vorfall reagiert: plötzlich werden Mädchen, die Margot kaum gekannt haben, zu ihren besten Freundinnen und veröffentlichen tränenreiche Videos. Der Vater wird in Postings beschimpft, verhöhnt und beschuldigt; und eine geschäftstüchtige Beerdigungsfirma schickt ihm schon mal vorsorglich ein Angebot: falls eine Leiche auftaucht, würde sie ein erstklassiges Begräbnis garantieren.

Die Suche verlagert sich ins Freie

© Bild: Sony Pictures

 

Nachrichten-Bilder

Mit ein bisschen Trickserei wird die Computer-Perspektive wirklich konsequent durchgehalten. Sobald sich das Geschehen einmal nach draußen verlagert, und kein zwingender Grund besteht, dass der Vater sein Smartphone und dessen Kamera aktiviert, findet sich dennoch eine Lösung, wie die Erzählweise beibehalten werden kann: dann kommen nämlich Bilder von Liveberichten diverser Nachrichtensender zum Einsatz, die ebenfalls online abzurufen sind. Und zuletzt müssen wir wohl davon ausgehen, dass ein Verhörvideo der Polizei an den Vater weitergeleitet wurde, was vermutlich in der Realität eher unwahrscheinlich wäre.

© Bild: Sony Pictures

 

Störende Musik

Regisseur Aneesh Chaganty bietet in seinem ersten Langfilm eine nahezu perfekte Umsetzung dieses außergewöhnlichen Konzepts, das an den Horrorfilm „Unknown User“ erinnert. Wirklich störend ist allerdings, dass man, um Spannung und Emotionen zu verstärken, nicht auf zusätzliche Filmmusik verzichten wollte. Dadurch wird das innovative Projekt teilweise wieder unterlaufen, denn die Musik hat mit den gezeigten Bildern offensichtlich nichts zu tun und wurde deutlich erkennbar nachträglich darübergelegt.

Intelligent und hochspannend bleibt dieser Film, der bereits ab 10 Jahren freigegeben ist, aber allemal. Selten zuvor war es so aufregend, eine Festplatte zu durchstöbern (und das, obwohl im gesamten „Searching“ kein Youporn-Material auftaucht).

4 von 5 zurückgesetzten Passwörtern

franco schedl

Searching

Searching

Thriller Mystery

In diesem modernen Thriller, der über die Kameraperspektiven all jener technischen Geräte erzählt wird, mit denen wir tagtäglich kommunizieren, muss David die digitalen Spuren seiner Tochter verfolgen, bevor sie für immer verschwindet.