"Mission: Impossible 8"-Filmkritik: Ethan ist an allem schuld
Von Franco Schedl
Das sieht nicht gut aus für Ethan Hunt: Im Trailer zu "Mission: Impossible – The Final Reckoning" wird durch eine Art Best-of der früheren Teile Abschiedsstimmung erzeugt, der Titel selbst lässt ebenfalls auf ein definitives Finale schließen, und das Filmplakat zeigt sein Gesicht in Schwarz-Weiß, wodurch man sich sofort an einen Nachruf erinnert fühlt. Muss sich Tom Cruise jetzt also wirklich von einer Rolle verabschieden, der er über drei Jahrzehnte hinweg die Treue gehalten hat? Auf jeden Fall keine schlechte Idee, solange er die Stunts noch selbst absolvieren kann – und davon gibt es diesmal mehr als genug.
Der vorige Teil kam alles in allem ja ziemlich lahm daher und hatte kaum Höhepunkte zu bieten, abgesehen vom atemberaubenden Finale an Bord des langsam abstürzenden Zugs. Diesmal wurde die Produktion aber durch keine Pandemie ausgebremst, sondern konnte aus dem Vollen schöpfen, was man dem Film auch ansieht und an der knapp dreistündigen Laufzeit merkt. Hier wird in großen Dimensionen gedacht – so vergeht gleich mal die erste halbe Stunde, ehe der Vorspann starten darf.
Das große Ganze – Zusammenhänge überall
Regisseur und Drehbuchautor Christopher McQuarrie lässt praktisch nichts unversucht, Querverbindungen zu allen bisherigen Teilen herzustellen. Da tauchen Figuren auf, die man von früher kennt oder die zumindest mit bereits Verstorbenen in Verbindung stehen, eine der ehemaligen Missionen entpuppt sich als direkte Vorgeschichte der machtgierigen KI namens "Enität"– und als besondere Pointe steht Hunt plötzlich als der ungewollt Hauptschuldige da: Ohne ihn hätte es die jetzige Bedrohung gar nicht gegeben. Um hier einen großen Bogen zu spannen, bombardiert uns der Film mit unzähligen Mini-Rückblenden. Das soll natürlich der Erinnerung auf die Sprünge helfen, kann aber auch leicht den Nebeneffekt erzeugen, uns lästig zu fallen. Zum Glück entschädigt die zielstrebige Action dann für solche bremsenden Retro-Momente oder ein paar pathetisch-hochtrabende Ansprachen.
Die atomare Vernichtung droht
Am Ende von "Dead Reckoning" kam Hunt endlich in den Besitz des heißumkämpften Schlüssels, der dazu dient, die Enität lahmzulegen. Bis er ihn aber ins entsprechende Schloss stecken kann, sind für uns volle zwei Jahre vergangen (während es in der Filmwelt bloß ein paar Wochen waren). Die Entität hat immer mehr Macht gewonnen und ist dabei, einen atomaren Vernichtungsschlag vorzubereiten - aber vielleicht bricht durch menschliches Handeln vorm großen Knall auch noch der Dritten Weltkrieg aus. Oberschurke Gabriel (Esai Morales) möchte mittels der KI ebenfalls die totale Kontrolle erlangen, und dann gibt es zu allem Überfluss eine Weltuntergangssekte, deren Mitglieder sich in höchste Positionen eingeschleust haben und dafür sorgen wollen, dass die Entität das Jüngste Gericht tatsächlich heraufbeschwört. Die Überlebenschancen der Menschheit sind also auf keinen Fall hoch – und natürlich liegt alles an Hunt und seinem Team, das Unheil abzuwenden.
Turnen unter Extrembedingungen
Hunts Verkleidungskünste sind diesmal gar nicht sehr gefragt, dafür absolviert er aber fast pausenlos Turnübungen unter erschwerten Bedingungen. An Bord eines gesunkenen U-Boots, das in Drehbewegung gerät, droht der Agent, von Atomsprengköpfen erdrückt zu werden und hoch über Afrika hängt er im Gestänge eines Doppeldeckers oder an dessen Tragflächen. Hauptschauplätze sind dabei nicht nur der Meeresgrund und der Himmel, sondern auch ein Weltuntergangsbunker.
Wenn McQuarrie die Missionen so detailliert darstellt und die Figuren mit einer unüberwindlich scheinenden Schwierigkeit nach der andern konfrontiert, lässt uns das in atemloser Spannung mitfiebern. Die Überlänge ist somit kein Nachteil und es stört auch nicht, dass die Grundvoraussetzungen niemals variiert werden: Ethan ist stets allein unterwegs und sein Team leistet aus der Ferne wichtige Hilfestellung. Sie alle müssen aber garantiert immer ums Leben kämpfen, egal, ob bis an die Zähne Bewaffnete angreifen, oder eine Riesenbombe hochzugehen droht.
Hat sich Tom Cruise also tatsächlich ein Bond-Ende à la Craig auf den Leib schreiben lassen? Das will ich hier nicht verraten. Nur so viel ist klar: Wegen Langeweile wird bestimmt niemand das Zeitliche segnen.
4 von 5 brennenden Fallschirmen im afrikanischen Himmel
"Mission: Impossible - The Final Reckoning" ist derzeit in unseren Kinos zu sehen. Hier geht's zu den Spielzeiten!