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Filmkritik

"The Girl on the Train": Alkoholisierte Wehmutsblicke aus dem Zugfenster

Die Bestsellerverfilmung möchte ein subtiler Psychothriller sein, wird aber zusehends platter und unglaubwürdiger.

10/27/2016, 08:24 AM

Das kommt also dabei heraus, wenn die Amerikaner subtil sein wollen und einen Psychothriller mit Betonung auf „Psycho“ drehen. Regisseur Tate Taylor hält es bestimmt für ungemein feinfühlig und zartsinnig, wie er seine drei weiblichen Hauptfiguren einführt – jede von ihnen wird durch Einblendung ihres Namens kurz vorgestellt und erhält ein eigenes Kapitel, wobei wir zunächst noch gar nicht wissen, auf welche Weise sie miteinander in Verbindung stehen.

Vorstellung der Hauptfiguren

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Da sitzt eine sehr traurig wirkende Frau in einem amerikanischen Vorortezug und beobachtet die vorbeiziehenden Häuser - zwei davon scheinen ihre besondere Aufmerksamkeit zu erregen. Durch Voiceover lässt sie uns freundlicherweise auch gleich an ihren Gedankengängen teilhaben. Das ist RACHEL. Sie kommt über die Trennung von ihrem Ehemann nicht hinweg und hat ein schweres Alkoholproblem. Mit zu viel Promille im Blut neigt sie offenbar zu Gewaltausbrüchen und nach der Ausnüchterung kommen oft Blackouts hinzu. Eines der Häuser, das sie täglich im Blick behält, war ihr eigenes, in dem nun der Exmann mit einer neuen Frau und einem kleinen Mädchen wohnt. Diese Nachfolgerin ist ANNA und aus ihrer Perspektive wirkt die Verflossene ihres Mannes bedrohlich, weil sie Telefonterror betreibt, das Baby zu entführen versucht und das Idealbild einer Stalkerin bietet. Dann gibt es noch MEGAN, eine junge künstlerisch veranlagte Nachbarin, die sich bei Anna als Babysitterin betätigt und einen Psychiater konsultiert, weil sie mit ihrem Leben unzufrieden ist bzw. unter einem traumatischen Jugenderlebnis leidet.

Eines Tages sieht Rachel im Vorbeifahren auf Megans Terrasse etwas, das ihr die Ruhe raubt und sie zu einer unüberlegten Handlung verleitet. Als sie nach der folgenden Alkoholnacht mit blutigem Gesicht und blutbefleckter Kleidung erwacht, lässt sie die Erinnerung wieder im Stich (die kurzen Flashbacks könnten auch trügerisch sein - immerhin hat ihr der Exmann eine lebhafte Phantasie bescheinigt). Trotzdem ist Anna immer stärker davon überzeugt, eine schreckliche Tat begangen zu haben, und auch die Polizei meldet sich bald bei ihr. Zwischendurch wird die Handlung durch Rückblenden unterbrochen, und wir nähern uns ungefähr in Monatsschritten jenem verhängnisvollen Datum, an dem es zum schwerwiegenden Vorfall gekommen ist.

Enttäuschte Erwartungen

Es ist keine sehr erhebende Erfahrung, Emily Blunt fast zwei Stunden lang dabei zuzuschauen, wie sie mit gequältem Gesichtsausdruck in Selbstmitleid und Alk-Dusel versinkt, denn man wird für das Ausharren durch keine überzeugende Geschichte belohnt. Wer sich einen gewitzten Erotik-Thriller im Stil Brian De Palmas erwartet oder ein Detektivspiel in Agatha Christie-Manier (immerhin denkt man bei dem Plot sofort an den Miss Marple-Klassiker „16 Uhr 15 ab Paddington“) sollte sich auf eine schwere Enttäuschung gefasst machen. Eine vielversprechende Ausgangssituation wird zusehends platter und unwahrscheinlicher.

Die Romanvorlage stammt von Paula Hawkins, von der ich nichts Näheres weiß – vom anderen Geschlecht scheint sie aber nicht gerade viel zu halten, weil sie alles Böse dem Prototyp eines teuflischen Mannes anlastet. Übertriebene Schwarz-Weiß-Malerei ist halt das Erfolgsrezept zu einem Bestseller, trägt aber nicht zu einem gelungenen Film bei.

5 von 10 getrübten Erinnerungen.

franco schedl

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In dem clever gemachten, doppelbödigen Thriller gerät Emily Blunt in ein Labyrinth aus Lügen, Träumen, Wunschvorstellungen und realer Gefahr.

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