Einer Vertuschungsaktion auf der Spur
Einer Vertuschungsaktion auf der Spur

© Constantin Film

Filmkritik

"Spotlight": Die dunklen Seiten der katholischen Erziehung

Worauf trifft wohl der Lichtkegel des investigativen Journalismus, sobald er ins Dunkel der katholischen Kirche hineinleuchtet? Schön ist es bestimmt nicht, was da sichtbar wir. Stichwort: Kindesmissbrauch.

02/24/2016, 02:24 PM

Nun sind ja gerade wir im hochkatholischen Österreich solche Entdeckungen seit vielen Jahren gewohnt - für die Amerikaner im Boston des Jahres 2001 scheinen pädophile Aktivitäten durch Priester jedoch gänzlich undenkbar zu sein.

Das vierköpfige „Spotlight“-Team im „Boston Globe“ investiert meist monatelange Recherchearbeiten, ehe es mit den Ergebnissen zu skandalträchtigen Vorfällen an die Öffentlichkeit geht. Ein neuer Chefredakteur setzt die Journalisten auf die Missbrauchsvorwürfe an und bald vergraben sie sich hartnäckigen in diesen Fall, der immer größere Dimensionen anzunehmen beginnt. Die Vier leisten beste Detektivarbeit, sprechen mit unzähligen Personen, müssen institutionelle Widerstände überwinden, wälzen Nachschlagewerke in Bibliotheken und scheinen auch ihr ganzes Privatleben völlig in den Dienst dieser Sache gestellt zu haben. Sie wollen erst nicht glauben, wie rapide die Zahl der verdächtigen Kirchenleute anwächst und nehmen verwirrt zur Kenntnis, wie viele Personen eigentlich Bescheid wussten, aber nicht darüber gesprochen haben. Die katholische Oberschicht hat offenbar seit vielen Jahren ihr Bestes getan, um Aufsehen zu vermeiden und über solche Fälle den Mantel des Schweigens zu breiten. Auch Rechtsanwälte waren an der Vertuschungsarbeit beteiligt. Obwohl nach 9/11 die lokale und landesweite Aufmerksamkeit durch andere Themen beansprucht wird, lassen die „Spotlight“-Leute nicht locker und publizieren Anfang 2002 mit überwältigenden Reaktionen ihre aufsehenerregenden Artikel.

Das aktuelle Werk weckt nicht umsonst Erinnerungen an „Die Unbestechlichen“ von 1976, einen Film-Klassiker der beherzten Wahrheitsfindung durch Journalisten. „Spotlight“ verbreitet den Anschein wohltuender Langsamkeit und scheint noch tief im 20. Jahrhundert verankert zu sein. Obwohl die Handlung zeitlich stets genau lokalisierbar ist, will man nicht recht glauben, dass sich das alles tatsächlich zu Beginn des neuen Jahrtausends zugetragen hat. Die Recherche im Internet spielt nämlich komischerweise keine Rolle und auch Aufnahmegeräte scheinen diesen Presseleuten unbekannt zu sein – sie schreiben bei den zahlreichen Interviews stets nur händisch mit. Hinkten die Zeitungsmacher in Boston den technischen Standards tatsächlich so sehr hinterher? Immerhin halten diese Journalisten am alten Berufsethos fest und gehören sozusagen einer aussterbenden Gattung an, weil sie eben das Privileg hatten, gerade noch an der Schwelle zur digitalen Ära zu arbeiten. Wer würde in unserer raschlebigen Zeit, in der nur schnelle Klicks zählen, den Presseleuten tatsächlich noch so viel Freiraum für zeitraubende Nachforschungen zugestehen? „Spotlight“ ist zudem ein intensiv gespieltes Drama, bietet richtiggehende Charakterstudien und lebt von Gesichtern in Großaufnahme.

8 von 10 ununterdrückbaren Nachforschungspunkten.

franco schedl

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Ein Redaktionsteam des «Boston Globe» erhält 2001 den Auftrag, einen etwas älteren Fall von angeblichem Kindesmissbrauch durch einen Pater zu recherchieren.

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