Filmkritiken

BEZIEHUNGSHÖLLE MIT BEN AFFLECK

von

Alexandra Seibel
Alexandra Seibel

10/01/2014, 10:00 PM

in Mann streichelt über den Hinterkopf seiner Frau, seiner blonden Frau. Zärtlich fährt er durch ihr Haar, lässt seine Finger darin versinken.

Und was denkt er dabei? "Wenn ich an meine Frau denke", sagt seine sanfte Stimme aus dem Off, "stelle ich mir vor, wie ich ihr den Schädel einschlage und ihr Hirn seziere".

Wer Fincher-Filme kennt, denkt an dieser Stelle vielleicht an "Seven". Und daran, wie Brad Pitt eine Schachtel öffnet und darin den Kopf seiner Frau findet, seiner blonden Frau.

In David Fincher schlägt das Herz der Finsternis des amerikanischen Mainstream-Kinos. Seine Filme sind düster, die Menschen darin zynisch, die Welt Neo-Noir. Seine Prunkstücke – "Seven", "Fight Club", "Zodiac", "The Social Network" – hinterlassen Narben in der Erinnerung. Auch in "Gone Girl" ist Fincher – trotz Ben Affleck und Rosamunde Pike – sein eigener Star. Keine Szene, die nicht bis ins Detail seine Handschrift trägt: Die ungesunde Helligkeit seiner Kleinstadt; die aseptische Sauberkeit im geschmacklosen Designer-Haus, die jede Vorstellung von Gemütlichkeit vergiftet. In Finchers grünbraunstichigen Bildern fühlt sich niemand zu Hause.

"Gone Girl" basiert auf dem Bestseller von Gillian Flynn und wurde von der Autorin für die Leinwand adaptiert. Im Kern handelt es sich um ein häusliches Melodram im Korsett einer abgründigen Mediensatire: Ein Mann namens Nick Dunne (Affleck) kommt nach Hause und findet Kampfspuren. Seine Frau Amy (Pike) ist verschwunden, Blutspritzer deuten auf ein Verbrechen.

Zuerst bedauert die gesamte Kleinstadt den Ehemann, dann wendet sich das Blatt: Ungereimtheiten häufen sich, Nick Dunne gerät ins Sperrfeuer der Medien. Ist er doch nicht der nette Nachbar von nebenan, sondern ein kaltblütiger Mörder?

"Gone Girl" erzählt abwechselnd aus der Perspektive des Mannes und seiner Frau. Ein Tagebuch der Vermissten taucht auf, in dem sie ihre Sicht niederlegt: Aussage steht gegen Aussage. Nick beteuert seine Unschuld, doch die Eintragungen sprechen eine andere Sprache. Amys ersten Notizen – im Film erzählt in Rückblenden – berichten von Liebesglück und der perfekten Ehe. Doch dann geht alles den Bach hinunter. Nick wird vom aufmerksamen Liebhaber zum schlampigen Ehemann. Am Ende muss sich Amy vor ihrem Mann fürchten.

Rosamunde Pike spielt die kühle Blondine (manchmal), als wäre sie aus einem Hitchcock-Film gefallen und bleibt eine Spur unnahbar. Vor allem im Vergleich zu Ben Affleck: Als verschlurfter Normalo-Typ bleibt er einem näher als die schöne Rosamunde. Dieses Ungleichgewicht dämpft anfänglich die Spannung und schlägt später in blutigen Horror um. Präzise wie ein tickendes Uhrwerk spult Fincher seine makellos gebauten Szenen ab. Bis zuletzt sind sie von grimmiger Unterhaltsamkeit, wenn auch einen Hauch zu mechanisch. Mit grausamer Genauigkeit zerlegt Fincher das Konzept der romantischen Liebe und treibt es in den Beziehungswahnsinn. Am Ende poliert er die Oberflächen seiner Bilder bis zur Leblosigkeit – für ein Happy-End des Grauens.

KURIER-Wertung: ****1/2

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