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Filmkritik

"Cold War": Grenzenlose Liebe

Für sein neustes Liebesdrama wurde Pawel Pawlikowski mit dem Preis für die beste Regie in Cannes ausgezeichnet.

von Oezguer Anil

11/20/2018, 03:34 PM

Polen 1949. Komponist Wiktor(  Tomasz Kot) hat vom Ministerium den Auftrag, ein Folklore-Ensemble zusammenzustellen. Seine Suche nach unentdeckten Gesangstalenten führt ihn durch die abgelegendsten Dörfer seiner Heimat, wo er neben unausgebildeten Musikern auch die rebellische Sängerin Zula (Joanna Kulig) kennenlernt. Aus einer engeren Auswahl werden die Talentiertesten in einem Landhaus ausgesiebt und anschließend auf ihre internationalen Auftritte vorbereitet. Wiktor und Zula verlieben sich während der Ausbildung ineinander und touren mit dem Ensemble unter der ständigen Beobachtung des Ministeriums gemeinsam durch Europa. Als es zu einem Auftritt in Berlin kommt, schlägt Wiktor die Flucht in den Westen vor. Eine Entscheidung, die ihre Liebe auf die Zerreißprobe stellt.

Entwaffnende Ehrlichkeit

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Cold War“ ist die berührendste Liebesgeschichte des Jahres. Die zwölf Jahre umspannende Handlung ist durchdrungen von Höhen und Tiefen, bei denen man sowohl mitleidet als auch mitlacht.  Pawlikowski reizt die kurze Laufzeit von 85 Minuten bis zum Maximum aus. Er beschränkt sich auf das Wesentliche in seinen Figuren und gibt dem Zuseher die Möglichkeit, seine eigene Erwartungshaltung mit in den Film einfließen zu lassen. Fragmentarisch werden kurze Ausschnitte aus den jeweiligen Lebensabschnitten gezeigt, die ihre Bedeutung stets im Kontext zueinander entfalten. Kein Satz und keine Geste ist hier zu viel, jede Szene ist auf ihre Essenz reduziert und berührt den Zuseher mit seiner entwaffnenden Ehrlichkeit, die man heutzutage selten in dieser Form im Kino sieht. Nicht trotz aber gerade wegen dieser Reduktion ist „Cold War“ eine hochemotionale Achterbahnfahrt, die dem Publikum nichts anderes übrig lässt, als aktiv am Geschehen teilzunehmen, um die Lücken in der Erzählung zu füllen.

Stilsicher

Mit seinem letzten Werk „Ida“ erhielt Pawlikowski den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Auch in seinem neuesten Film greift er auf seine gewohnten Stilmittel zurück: kurze Laufdauer, schwarz/weiß und das 4:3 Format, aber dennoch unterscheidet sich „Cold War“ inhaltlich erheblich von seinem Vorgänger. Pawlikowski verzichtet hier auf jegliche Kunstfilmklischees wie überflüssige Pausen oder eine allzu aufdringliche Bildkadrierung, stattdessen gibt er großen Gefühlen im Kino wieder ihre Würde zurück. Neben politischen werden auch etliche moralische Fragen abgehandelt, im Zentrum steht jedoch immer die Liebesgeschichte eines wilden Paares, das sich von einer Misere in die nächste stürzt.

Cannes-Gewinner und Oscar-Favorit

Es scheint sehr wahrscheinlich, dass „Cold War“ in die engere Auswahl für den fremdsprachigen Oscar kommen wird, ob er dann tatsächlich auch eine Nominierung erhält, bleibt jedoch offen, verdient hätte er es auf jeden Fall. Trotz mehrerer hundert Filmstarts im Jahr hat man als Kinoliebhaber Glück, wenn unter dieser Masse an Filmen eine Handvoll Meisterwerke dabei sind, die einem noch lange nach dem Kinobesuch im Gedächtnis bleiben und die filmischen Erzählmöglichkeiten erweitern, „Cold War“ ist einer dieser seltenen Glücksfälle.

Özgür Anil

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