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Filmkritik

"Der Buchladen der Florence Green": Bücherliebe gegen Prüderie und Geistesträgheit

Eine idealistische Kriegerwitwe eröffnet in einem ostenglischen Küstendorf Ende der 50er Jahre eine Buchhandlung.

von

Franco Schedl
Franco Schedl

05/16/2018, 09:30 AM

Eine Buchhandlung für Hardborough scheint ungefähr so viel Sinn zu ergeben wie eine Tankstelle auf einem unzugänglichen Berggipfel. Die Bewohner des Dörfchens in der einsamen Seenlandschaft Ostenglands zeichnen sich Ende der 1950er Jahre nämlich keineswegs durch Lesehunger aus. Für die zugezogene Kriegerwitwe Florence Green spielt das aber keine Rolle: sie hat ein jahrhundertealtes Haus erstanden, in dem längst Feuchtigkeit und Schimmel Einzug gehalten haben, um dort einen lange gehegten Traum zu verwirklichen.

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Ein erfüllter Traum

Binnen kurzem macht die zielbewusste Frau aus der halben Ruine ein Schmuckstück von Buchladen - und das Wunderbare daran: das Geschäft beginnt tatsächlich zu florieren. Sehr zum Missfallen der Dorfhoheit Lady Garmat  (Patricia Clarkson voll verhaltener Bosheit), die in dem Gemäuer lieber ein von ihr gegründetes Kulturzentrum unterbringen möchte und all ihre Beziehungen aufbietet, um die neue Bewohnerin wieder hinauszuekeln. Werden Engstirnigkeit, Niedertracht und Hochmut den Sieg über das gedruckte Wort davontragen?

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Verschiedene Dorfbewohner

Neben Emily Mortimer in der Titelrolle als furchtloser Idealistin und selbstbewusster Träumerin, treten noch ein paar andere scharf umrissene Charaktere in Erscheinung: Bill Nighy spielt meisterhaft einen alten Eigenbrötler und angeblichen Witwer, der sich seit Jahren in seinem Anwesen verschanzt hat und jeglichen Kontakt zu den anderen Dorfbewohnern meidet. Erst durch Büchersendungen angeregt, beginnt er allmählich wieder seine sozialen Umgangsformen zurückzugewinnen und tritt für die verehrte Florence einen regelrechten Canossa-Gang an. James Lance verkörpert einen schmierigen Literaten, dessen scheinbarer Arbeitseifer sehr viel Schaden stiften kann. Außerdem lernen wir ein kleines Mädchen mit scharfem Verstand kennen, sowie ein paar Angehörige der adeligen Landgesellschaft: etwa den General (zugleich Ehemann der intriganten Lady). Jeder meerwasserüberspülte Strandkiesel hat zweifellos ein reicheres Innenleben als diese menschenähnlichen Lemure, die nur durch Überheblichkeit und Selbstsucht aufrecht gehalten werden.

 

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Eine Schluss-Überraschung

Die Geschichte entwickelt sich sehr langsam und erscheint manchmal auch etwas betulich inszeniert. Man glaubt gar nicht, dass noch etwas Entscheidendes geschehen wird, denn die große Gegenspielerin bleibt eher im Hintergrund, trumpft dann aber umso spürbarer auf. Zuletzt erwartet uns sogar eine kleine Überraschung, wenn wir endlich erfahren, zu wem jene Erzählstimme einer alten Frau eigentlich gehört, die uns den ganzen Film hindurch begleitet hat.
Vor allem wird hier aber von der spanische Regisseurin Isabel Coixet die Liebe zu Büchern und die Lust am Lesen zelebriert und man würde in dem ‚Old House Bookshop‘ gerne selber einmal zum Stöbern vorbeikommen. Bücher wie Nabokovs "Lolita" oder "Fahrenheit 451" von Ray Bradbury könnten uns zwar nicht mehr als sensationelle Neuerscheinungen angepriesen werden, doch  vielleicht empfiehlt uns Mrs. Green ja auch den Roman von Penelope Fitzgerald, der seltsamerweise genauso wie dieser Film heißt  und derzeit als Taschenbuch im Insel Verlag für wenig Geld zu kaufen ist (falls man nicht gleich ein eBook vorzieht und damit zum Buchhandlungssterben beiträgt).

7 von 10 abgestaubten Ladenhütern

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