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Filmkritik

„Die bauliche Maßnahme“: Die Flüchtlinge flüchten!

Nikolaus Geyrhalter zielt mit seiner Kamera direkt in die österreichische Seele.

von Oezguer Anil

09/06/2018, 12:51 PM

Es soll ein Zaun am Brenner errichtet werden, vier Meter hoch und 400 Meter lang soll die Abwehr gegen die Flüchtlinge sein. „Ein Maschendraht und kein Stacheldrahtzaun, Sechsecke keine Stacheln“ betont der Polizeisprecher. Über zwei Jahre hinweg begleitet Nikolaus Geyrhalter die baulichen Maßnahmen und deren Einfluss auf die Menschen in der Region. Von Beginn an kreiert der erfahrene Dokumentarfilmemacher eine einzigartige Atmosphäre, die mehr einer filmischen Studie über die Spezies Mensch gleicht, als über die Auswirkungen einer bauliche Maßnahme.

Lang aber nicht langweilig

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Geyrhalter ist Regisseur und Kameramann zugleich. Er filmt die Protagonisten in ihrem Arbeitsumfeld und schafft es durch geschickte Kamerapositionen alltäglichen Handlungen eine Poesie zu verleihen. Genauso wie die Verantwortlichen für die baulichen Maßnahmen, lässt sich auch der Filmemacher bei seiner Arbeit Zeit. Die Einstellungen sind zwar lang, aber niemals langweilig. Geyrhalter gelingt es in seinen Bildern, komplexe Sachverhalte zu verdichten, ohne sie dabei zu banalisieren. Die präzise Aneinanderreihung der Sequenzen verleiht dem Geschehen eine unaufgeregte narrative Struktur, die stellenweise an einen Spielfilm erinnert.

Gespenstisch

Der Dialog mit politischen Entscheidungsträgern und Flüchtlingen wird hier ausgespart. Stattdessen beobachtet man die Protagonisten in ihren eigenen vier Wänden beim Schauen von Nachrichten. Politiker erscheinen wie Gespenster auf den Bildschirmen, verkünden ihre Weisheiten und verschwinden dann wieder. Man fühlt sich von der Außenwelt losgelöst und kann Gehörtes und Gesehenes nicht recht in Einklang bringen. Es kommen verschiedenste Meinungen zu Wort und zeichnen dabei das ehrliche Bild einer widersprüchlichen Gesellschaft. Geyrhalter will hier nicht von europäischen Lösungsansätzen und undefinierbaren Ängsten der Bürger erzählen, sondern bleibt in seinen Fragestellungen genauso konkret wie in seinen Bildern.

„Die bauliche Maßnahme“ ist eine Momentaufnahme eines unentschlossenen Landes. Ein Film sowohl für Gut- als auch Wutbürger.

Zwei Jahre lang hat Nikolaus Geyrhalter die Region um den Brenner beobachtet und zeichnet ein Portrait einer Grenzregion, die nicht zur Ruhe kommen kann.

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