Filmkritiken

EIN BRILLANTER BÜHNENBERSERKER

von

Alexandra Seibel
Alexandra Seibel

10/15/2013, 10:00 PM

Als hätte er sein ganzes Leben nichts anderes getan, verschmilzt Michael Douglas mit der Rolle des flamboyanten Las-Vegas-Stars und Show-Pianisten Liberace. Spielwütig schlägt er mit seinen Gold-beringten Fingern in die Tasten, bis der Luster auf dem Klavier wackelt. Egal, ob er Boogie-Woogie im doppeltem Tempo oder seelenvolle Chopin-Nocturnen anschlägt – das Publikum jubelt dem brillanten Bühnenberserker begeistert zu. Als „Mr. Showmanship“ Liberace ist Douglas aber ist nicht nur ein begnadeter Musiker, sondern auch eine echte Erscheinung. Seine Aufmachung erinnert an eine Kreuzung zwischen schillernder Disco-Queen und Ludwig von Bayern. Wallende weiße Pelzmäntel umspielen seine silbernen Glitzeranzüge. Rüschenhemden rieseln wasserfallartig über seine Brust. Ein riesiger Stehkragen lässt ihn aussehen wie eine geöffnete Muschel.

In Matt Damon als jugendlichem Liebhaber findet Douglas seinen kongenialen Partner. Donna Summers „I Feel Love“ heult 1977 aus den Lautsprechern, als der Teenager Scott Thorson – auf dessen Autobiografie Steven Soderberghs emphatisch-komisches Liebesdrama beruht – den alternden Entertainer kennenlernt. Sofort schlägt der charmant flirtende Liberace den einsamen Provinzknaben in seinen Bann. Bevor dieser bis drei zählen kann, landet er – ein Glas Champagner in der Hand – mit dem charismatischen Klavierbezwinger im Whirlpool, kurze Zeit später zieht er als sein „Assistent“ in dessen kitsch-berauschte Luxus-Villa ein.

Jahrelang lehnten die Filmfirmen Steven Soderberghs „Liberace“-Projekt – wegen der schwulen Thematik – ab, zuletzt verkaufte es Soderbergh an den Bezahlsender HBO. Damit beendete der „Ocean’s Eleven“-Regisseur (angeblich) seine unglaubliche Filmkarriere mit einer TV-Arbeit, die nun hier ins Kino kommt, in den USA aber nur im Fernsehen lief. Dadurch kann „Liberace“ keinen Oscar gewinnen, aber der Film lief im Wettbewerb von Cannes, und Michael Douglas räumte bei den Emmy-Awards ab – zu Recht. Er spielt seinen narzisstisch-koketten, aber durchwegs liebenswürdigen Verführer mit perfektem Timing und hinreißender Verve.

Soderbergh erzählt die schwule Liebesbeziehung als recht konventionelles, dafür aber großartig goldglitzernd ausgestattetes Stationendrama. Von der stürmischen Verliebtheit über die ersten Ernüchterungen bis hin zu Scotts Drogensucht und dem unschönen Beziehungsende mit Rechtsanwalt filtert er die Erlebnisse aus der Perspektive des bezauberten Jugendlichen. Gleichzeitig unterfüttert er seine Figuren mit dunkler Komik, ohne sich jemals über sie lustig zu machen. Und gerade die herrlichsten Momente entfalten sich im bizarren Detail. So ist Liberaces Eitelkeit grenzenlos – nur in äußersten Notfällen lüftet er seinen Pepi und entblößt die Halbglatze. Sein alterndes Gesicht („Ich sehe aus wie mein eigener Vater!“) lässt er derartig straffen, dass er nachts die Augen nicht mehr schließen kann.

Auch der junge Liebhaber muss unters Messer, um sich als Zeichen seiner Ergebenheit die Gesichtszüge des älteren Lovers ins eigene Antlitz meißeln zu lassen. Matt Damon changiert sein Erscheinungsbild genial zwischen unschuldigem Babyface und Porno-Star.

Bleibt schließlich noch Ex-Poster-Boy Rob Lowe, der den zweifellos unterhaltsamsten und bei Weitem selbstironischsten Auftritt des Films hinlegt – als Schönheitschirurg und Drogendealer, dessen dümmliches Kiffergrinsen im gelifteten Gesicht stecken geblieben ist.

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Eine schillernde Geschichte über einen virtuosen Pianisten, der sich in einen feschen Jüngling verliebt. Die Geheimhaltung ihrer Zuneigung wird von Exzess und Schönheits-OPs ebenso begleitet, wie von großen Gefühlen, Eitelkeiten und Eifersucht!

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