Filmkritiken

EIN ECHTER WIENER IN DER GRUFT

von

Franco Schedl
Franco Schedl

12/22/2010, 11:00 PM

Ein Echtheitszertifikat dürfte man bei dieser Produktion nicht unbedingt verlangen: die Gesichter vor der Kamera sind zwar noch die altbekannten geblieben, aber dahinter hat es im Vorfeld einigen Bahö gegeben (um es echt Wienerisch auszurücken): Mundl-Vater Ernst Hinterberger wollte mit dem veränderten Drehbuch nichts mehr zu tun haben und zog sich von dem Filmprojekt vollkommen zurück; auch Regisseur Kurt Ockermüller gab seinen Job an Barbara Gräftner weiter. Vermutlich sind bei diesen Auseinandersetzungen ebenfalls einige stilechte Kraftausdrücke aus der Wiener Volkseele gefallen.

Eigentlich war die kreative Verjüngungskur aber gar nicht so verkehrt: Wo sonst sind schließlich heutzutage vier Generationen vor der Kamera versammelt und praktizieren ein beinahe harmonisches Zusammenleben, wie es in der Realität wohl eher ausnahmsweise vorkommt?

Mundl selbst ist im Vergleich zum vorhergehenden Kinofilm wesentlich weniger weinerlich und auch seine cholerischen Ausbrüche sind im Schwinden begriffen. Außerdem geht es im großen Familienverbund der Sackbauers relativ gesittet zu – zwar hat jeder seine eigenen Probleme, doch zu einem früheren Krieg aller gegen alle kommt es nicht. Vielleicht sitzt auch der Schock über den Tod des ‚Nudelaugs‘ Karli zu tief: der trinkfeste Dichter ist auf Irland bei einem Autounfall ums Leben gekommen und hat seinen ehemaligen Verwandten ein nobles Haus in Baden vermacht. Ehe die Sackbauer-Sippe das Erbe antritt, begleitet Toni ihre Tochter trotz Mundls lautstarkem Protest nach Irland, um sich endlich eine Auszeit zu gönnen. Vorübergehend erzählt der Film dann Geschichten aus der Gruft, als der überforderte Strohwitwer in einem versoffenen Ex-Eisenbahner einen Ersatzfreund für den verstorbenen Kurti findet. Gemeinsam lassen sie sich in der Mariahilfer „Gruft“ verköstigen und Mundl übernachtet sogar einmal in dem Obdachlosenasyl. Eine andere Gruft fasziniert ihn, als er bei seinem ersten Opernerlebnis mit „Aidas“ Tod konfrontiert wird. Auch in weniger formeller Umgebung macht Mundl eine gute Figur: während eines Konzerts seines Urenkels beweist er, dass er das Zeug zu einem spätberufenen Hip Hopper hätte.

Zwischendurch werden Erinnerungen an alte Zeit geweckt: um auch langfristige Mundl-Freunde ins sentimentale Grübeln zu bringen, erwähnt Toni etwa den vereitelten Opernballbesuch. Auch die legendäre Silvester-Folge findet bei einer großen Abschlussfeier anlässlich Mundls und Tonis Diamantener Hochzeit im Garten des Badener Anwesens eine Entsprechung - und sobald Sackbauer eine Rakete steigen lässt, geht man besser nach wie vor in Deckung.

Der Schauplatz Baden rechtfertigt eigentlich nicht wirklich den Untertitel, denn von den Deppaten und Gspritzten tritt niemand in Erscheinung, höchstens ein Exemplar als unmittelbarer Nachbar in Gestalt von Günter Tolar, der sich aber auf Anhieb gut mit Mundl versteht. Hier dürften sich wohl am stärksten die Eingriffe ins Drehbuch bemerkbar gemacht machen.

Bei anderen Details hat sich aber nichts verändert: Mundl bekennt sich auch mit 82 noch zum unbeschränkten Bierkonsum. Für ein jüngeres Kinopublikum wurde jedoch ein alternatives Getränk kreiert: zumindest bei der Pressevorführung durfte man eine Dose des Energy-Drinks „Sack Power“ verkosten.

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