Filmkritiken

EIN GUTES AUGE FÜR MORD

von

Franco Schedl
Franco Schedl

03/14/2013, 11:00 PM

Es wirkt vielleicht etwas seltsam, wenn berühmte zeitgenössische Schauspielerinnen (z.b. Scarlett Johansson und Jessica Biel) berühmte Schauspielerinnen einer früheren Generation (z.B. Janet Leigh und Vera Miles) verkörpern, die ihrerseits gerade dabei sind, in einem berühmten Film zu schauspielern. Aber wenn es sich bei diesem Film um „Psycho“ handelt, ist wohl alles verzeihlich und vieles erlaubt!

Das größte Rätsel bleibt, wie es Sir Anthony Hopkins fertig bringen konnte, dem gewichtigen “master of suspense” körperlich so ähnlich zu werden. Aber da der Sir eben ein gewichtiger Schauspieler ist, schaffte er dieses Wunder locker und füllte seine große Rolle raumgreifend aus (prosthetische Gesichtsapplikationen nebst einem Fat Suite tragen ebenfalls zum Gelingen bei). Rein optisch ist Hopkins dem anderen Sir zwar trotz dicken Backen nicht unbedingt wie aus dem Gesicht geschnitten, doch solche Nebensächlichkeiten vergisst man dank seinem Spiel schon nach wenigen Minuten – echter könnte Hitchcock nicht sein.

Der Titel ist etwas irreführend: es handelt sich um kein Biopic, sondern wir bekommen eine zeitlich genau eingrenzbare Episode aus dem Leben der Hauptfigur geboten. Hitch ist 1959 bereits ein gefeierter Regisseur und konnte soeben mit „Noth by Nothwest“ einen weiteren Erfolg verbuchen. Doch dann stößt er auf ein Buch, welches ihn fasziniert und ein Filmprojekt nimmt Gestalt an, das so gänzlich anders ist, als alles, was man bisher von ihm gewohnt war. Um eben diesen künstlerischen Neuanfang und einen Mann am kreativen Wendepunkt seines Lebens geht es hier.

Zugleich erzählt der Film aber die Liebesgeschichte eines höchst ungleichen Paares und wieder einmal bestätigt sich die alte Weisheit, dass hinter jedem erfolgreichen Mann eine besondere Frau steht: in diesem Fall hieß sie Alma Reville, arbeitete als Cutterin und Drehbuchautorin und war jahrzehntelang Hitchcocks stets verlässliche Ehefrau, die dank ihrer Unterstützung Wesentliches zur Verwirklichung seiner Pläne beitrug. Anlässlich des schwierigen Zustandekommens von „Psycho“ erleben wir das mit, denn ehe der auf Robert Blochs Roman basierende Film zum Weltklassiker werden und die Gesetze des Psychothrillers revolutionieren konnte, wollten Hollywoods Filmproduzenten nichts davon wissen: Paramount hatte massive Bedenken und war vom Drehbuch schockiert (tatsächlich rief das Werk dann die Zensoren auf den Plan), woraufhin Hitch den Film aus eigener Tasche finanzierte.

Hopkins spielt einen Mann, der stets versuchte, sein Privatleben vor den Augen der Öffentlichkeit abzuschotten. Heimgesucht von inneren Dämonen (hier nach außen projiziert in Gestalt des realen Mörders Ed Gein, dessen psychopathische Taten Bloch zur Figur des Norman Bates inspirierten), geplagt von Eifersucht (Hopkins und Helen Mirren liefern sich sarkastische Wortgefechte vom Feinsten) und dem Verlangen nach totaler Kontrolle über seine heißbegehrten blonden Hauptdarstellerinnen. Enttäuschungen versucht er durch Fressanfälle und übermäßigen Alkoholkonsum zu kompensieren.

Mit „Psycho“ verbinden wir ausschließlich Schwarz-Weiß und es ist tatsächlich auch kein farbiges Filmmaterial erhalten, das die Dreharbeiten dokumentieren würde. Vermutlich inspirierte dieses Manko Gus Van Sant 1998 zu seiner überflüssigen Fleißaufgabe, den Thriller 1:1 in Farbe nachzudrehen. Erst „Hitchcock“ bietet uns nun die Gelegenheit, guten Gewissens einem farbenfrohen Entstehungsprozess dieses Meisterwerks beizuwohnen. Man darf somit von starker Suspense erfüllt das Kino betreten. Wir vergeben 9 von 10 möglichen Blutwurstscheiben nach Mutters Hausrezept.

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