© Farés Sokhon

Filmkritik

„Capernaum“: Straßenkinder ohne Perspektiven

Das Sozialdrama erhielt eine Golden Globe-Nominierung, steht kurz vor einer Oscar-Nominierung und wurde in Cannes ausgezeichnet.

von Oezguer Anil

01/16/2019, 10:20 AM

Der zwölfjährige syrische Flüchtling Zain (Zain Al Rafeea) wird in Handschellen vor einen Richter geführt, doch er ist nicht der Angeklagte, sondern der Kläger. Er will, dass seine Eltern eingesperrt werden, weil sie ihn auf die Welt gebracht haben. In Rückblenden wird die tragische Entwicklung des Straßenkindes zum Insassen in einer Jugendstrafanstalt erzählt.

Kinder in Not

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Die Libanesische Regisseurin Nadine Labaki gibt in ihrem eigenständig produzierten Drama Einblick in die tragischsten Schicksale unserer Zeit. Straßenkinder, die am Existenzminimum überleben müssen, ohne jegliche Perspektiven auf eine Verbesserung ihrer Lage. Durch die Flüchtlingskrise hat sich das Problem von nicht registrierten Kindern im Libanon vervielfacht und ist laut Regisseurin bereits Teil des alltäglichen Straßenbilds geworden. Ihr Film entstand aus dem Willen, etwas gegen das tägliche Leid dieser Kinder zu tun und führte sie nach einem dreijährigen Rechercheprozess auf die Filmfestspiele von Cannes.

Dokumentarisch

Die Dreharbeiten verliefen anders als bei meisten anderen Filmen: um den Kinderdarstellern genügend Freiraum zur Entfaltung zu geben, haben Labaki und ihr kleines Team statt 30 Tagen sechs Monate lang gedreht. Insgesamt wurden 500 Stunden Material festgehalten, die nach einer ersten Schnittfassung zu einem 12 stündigen Film verdichtet wurden. Nach einem zweijährigen Schnittprozess entstand schließlich die knapp zweistündige Fassung, die in Cannes den Großen Preis der Jury erhielt. Um die Kosten für die Herstellung zu decken, nahm der Produzent und Ehemann von Labaki sogar eine Hypothek auf ihr Haus auf.

Emotionale Achterbahnfahrt

Capernaum“ ist ein hochemotionales Drama, das viele im Publikum zu Tränen rühren wird. Das hängt zum einem mit dem tragischen Thema, aber auch mit der Inszenierung der Regisseurin zusammen. Labaki setzt vor allem auf viele Nahaufnahmen und untermalt die emotionalen Höhepunkte mit Streichmusik, die einen zwar berührt, aber auch über die Ethik des Filmes nachdenken lässt. Man wird das Gefühl einen Sozialporno zu sehen nicht los. Eine zurückhaltender Kamera und ein wohlüberlegterer Ton hätten der Geschichte wohl besser getan, so erweckt „Capernaum“ den Eindruck, dem amerikansichen Sensationskino nacheifern zu wollen, was im Anbetracht der Thematik völlig Überflüssig ist.

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