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© Warner Bros.

Filmkritiken

"Flags of Our Fathers" auf Amazon Prime: Eastwoods Anti-Kriegsfilm

Clint Eastwood hat eine wichtige Schlacht im Pazifik-Krieg als Beispiel dafür genommen, wie Kriegs-Geschichte verfälscht wird.

von

Franco Schedl
Franco Schedl

03/30/2022, 04:44 AM

Der unverwüstliche Filmschaffende Clint Eastwood hat sich durch ein weltgeschichtlich bedeutsames Foto zu diesem Regiewerk inspirieren lassen: Das Bild von Fotograf Joe Rosenthal zeigt, wie fünf Marines und ein Navy-Sanitäter im Zweiten Weltkrieg die US-Fahne auf dem Mount Suribachi nach Tagen heftiger Kämpfe um die japanische Garnison Iwo Jima hissen.

Geschichte eines Fotos

Nun erfahren wir auch, welche Hintergründe und Auswirkungen diese sogenannte Heldentat hatte: Binnen kürzester Zeit wurden die drei noch lebenden Fahnenmänner – der Sanitäter John „Doc“ Bradley, der Indianer Ira Hayes und Kriegskurier Rene Gagnon – in die Heimat beordert, um dort patriotische Gefühle anzuheizen und sich als Kriegshelden feiern zu lassen.

Sie mussten geschmacklose Veranstaltungen über sich ergehen lassen, um die Kriegskasse zu füllen. Unermüdlich reisten sie durch Amerika, schüttelten Hände, sprachen bedeutungsschwangere Worte und versuchten, die Kriegsbegeisterung wieder neu anzukurbeln. Aber was sie nach außen vermittelten, entspracht nicht unbedingt ihren privaten Empfindungen.

Ira Hayes beispielsweise, dessen Name dank Pete LaFargues Lied für alle Johnny Cash-Kenner äußerst vertraut klingt, zerbracht an dem Erlebnis vollends, suchte im Alkohol Vergessen und starb einen entwürdigenden allzu frühen Tod.

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Demontage des Heldentums

Eastwood hat sich von früheren Kriegs-Spektakeln, in denen er einst auch als Hauptdarsteller mitwirkte, wohltuend weit entfernt und bietet nun eine gründliche Demontage des Heldentums und seiner verlogenen Vermarktung.  

Wir erleben, wie ein nebensächlicher Moment, der nichts zum Ausgang des Kriegs beigetragen hat, aber auf Film festgehalten wurde, in der Lage ist, Helden-Mythen zu kreieren, eine gigantische Propaganda-Maschinerie in Gang zu setzen, Soldatenmütter mit dem Tod ihrer Kinder auszusöhnen und eine Flut hohler Phrasen über das ganze Land losbrechen zu lassen. 

Dabei macht es auch nichts aus, wenn einer der inzwischen gefallenen Gefeierten beim großen Moment gar nicht mit Hand angelegt hat, denn die Gesichter der Soldaten sind auf dem Foto ohnehin nicht zu erkennen.

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Verschränkte Zeitebenen

Dabei verschränkt Drehbuchautoren William Broyles Jr. und Paul Haggis die Zeitebenen kunstvoll ineinander: Einerseits ist das Geschehen auch in unserer Gegenwart verankert, da der Sohn eines der drei Männer Recherchen für ein Buch anstellt und alle noch lebenden Zeitzeugen interviewt.  Andererseits verfolgen wir den Propagandazug der "Helden" durch Amerika und bekommen dabei individuelle Rückblenden ins Kriegsgeschehen geboten  (so geschickt in Szene gesetzt, dass oft von einem Lidschlag zum andern der Schauplatz gewechselt hat), und schließlich erfahren wir auch noch die weiteren Schicksale der Beteiligten nach Ende des Zweiten Weltkriegs.

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Kriegs-Realismus

Der Film lässt an Realismus nichts zu wünschen übrig und der Irrsinn des Kriegs wird in keiner Sekunde beschönigt. Die Szenerie der kargen Vulkaninsel bietet für die Kampfhandlungen eine wahrhaft infernalische – obzwar nicht authentische – Kulisse:  Da die japanische Regierung für den Originalschauplatz keine Dreherlaubnis erteilte, musste nach Island ausgewichen werden, wo ebenfalls der typische schwarze Vulkansand vorzufinden ist.

Die Dreharbeiten verlangten der gesamten Crew einen äußersten Einsatz aller Reserven ab; besondere Bewunderung verdient aber Eastwood selbst, der sich mit über 70 noch in ein solch kräftezehrendes Unternehmen gestürzt und ein wahrhaft gigantisches Arbeitspensum bewältigt hat, denn das Projekt nahm immer größere Dimensionen an.

Damit niemand sagen kann, Eastwood habe sich nicht um eine wirklich ausgewogene Darstellung bemüht und um den Vorwurf der Einseitigkeit – der „Feind“ kommt so gut wie nie ins Bild, sondern wird nur durch anonyme Geschützrohre personifiziert – zu entkräften, gibt es mit "Letters from Iwo Jima" nämlich einen Folgefilm: Derselbe Regisseur, dieselbe Thematik, bloß werden diesmal die Vorfälle aus japanischer Sicht dargestellt.

"Flags of Our Fathers"  ist derzeit auf Amazon Prime verfügbar. Hier geht's direkt zum Film!

Ergänzend kann auch "Letters from Iwo Jima" auf Amazon Prime aufgerufen werden.

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Fünf US-Marines und ein Navy-Sanitäter hissen im Feburar 1945 während der blutigen Schlacht um die japanische Pazifikinsel Iwo Jima eine amerikanische Flagge auf dem Berg Suribachi. Die Fotografie geht um die Welt und die US-Regierung setzt sie zu Propagandazwecken ein, als Sinnbild für den ungebrochenen amerikanischen Siegeswillen. Drei der abgelichteten Soldaten überleben letzten Endes und werden von der Front abgezogen. John "Doc" Bradley, der Indianer Ira Hayes und Rene Gagnon ziehen daraufhin als "Kriegshelden" durch die Heimat. Nach außen hin spielen sie ihre Rolle perfekt und sorgen für neue Hoffnung bei den Daheimgebliebenen. Doch die Geschichte, die der Bevölkerung erzählt wird, ist eine andere, wie sie sich im Pazifikkrieg wirklich abgespielt hat und die drei Heimkehrer wählen innerlich ganz unterschiedliche Wege, um mit den Geschehnissen fertig zu werden.

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