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© Netflix

Serienkritik

"Space Force": Komödiantischer (Miss)griff nach den Sternen mit Steve Carell

Eine gelungene Satire auf Rüstungs- und anderen Größenwahn in Trump-Zeiten, in der eine US-Spezialeinheit die militärische Besiedelung des Mondes vorbereitet.

von

Franco Schedl
Franco Schedl

06/02/2020, 07:28 AM

General Mark R. Naird holt sich gerade seinen vierten Stern und die Zeremonie findet im kleinsten Rahmen statt. Die Zuschauerzahl bleibt somit sehr überschaubar, und seine Tochter merkt an, dass es beim dritten Stern noch eine wirklich große Feier gegeben habe. Naird kann darauf nur antworten, die Regierung sei halt jetzt eine andere und viel chaotischer.

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Trump-Zeiten

Eindeutig - wir befinden uns in der Trump-Ära. Gleich danach geht es auch im Trump-Stil weiter: weil Internet und vor allem Twitter über angreifbare Satelliten laufen, will der Präsident eine absolute militärische Vormachtstellung im Weltraum schaffen. In Ergänzung zur Air Force soll eine entsprechende Space Force ins Leben gerufen werden, mit dem Ziel, spätestens 2024 Truppenpräsenz auf dem Mond vorweisen zu können. Diese Ankündigung entlockt Naird nur ein spöttisches Auflachen, doch die Heiterkeit wird ihm schnell vergehen, denn er selbst ist zum Leiter des ganzen Unternehmens vorgesehen. Damit haben die ersten fünf Minuten der Netflix-Serie „Space Force“ eine Ausgangssituation geschaffen, von der die kommenden fünf Stunden ihr Potential für Chaos und Komik beziehen werden.

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Wissenschaftler und Familie

Eine streng geheime Anlage in den Bergen von Colorado dient der Spezialeinheit als Basis, und Neird muss sich bald mit dem redegewandten Wissenschaftler Mallory (John Malkovich), einem nerdigen Medienberater (Ben Schwartz) oder einem russischen Kollegen, der als Beobachter eines ISS-Partnerstaats alles genau unter die Lupe nimmt (darunter auch Neirds Tochter Erin), herumärgern. Zwischendurch wird er noch von seinen Familienmitgliedern auf Trab gehalten: seine Frau (Lisa Kudrow) sitzt seit kurzem für sehr lange Zeit im Gefängnis, die halbwüchsige Erin verhält sich nicht nach seinen Vorstellungen, sein klappriger Vater überschätzt sich gewaltig und die demenzkranke Mutter sucht immer wieder mal mit unbekanntem Ziel das Weite - aber zumindest per Satelliten kann man sie orten. Zu den sensationellen Forschungsprojekten der Space Force zählt zum Beispiel ein ultraschneller Satellitenkiller-Killer; doch der explodiert gleich beim ersten Teststart (und ein Mitarbeiter merkt an, die Waffe habe umgerechnet so viel wie vier neue Mittelschulen gekostet). Ach ja und vor Raketenstarts müssen immer die geschützten Eidechsen auf dem Gelände eingesammelt werden.

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Carell als Zwangscharakter

Serienschöpfer und Coautor Steve Carell spielt den General als ziemlich starren Typen und zwanghaften Charakter, der sogar von seiner Frau als extrem unflexibel angesehen wird. Die militärischen Verhaltensweisen sind ihm in Fleisch und Blut übergegangen: selbst wenn er nachts sein Bett für einen kurzen Gang ins Badezimmer verlässt, streicht er Laken und Kopfkissen so glatt wie ein gut gedrillter Rekrut in der Kaserne beim morgendlichen Bettenmachen. Aber er überrascht uns auch: wenn es ihm mal wirklich schlecht geht, singt er „Kokomo“ von den Beach Boys und weiß wieder, was er zu tun hat; bei einer Anhörung vor dem Kongress findet er die richtigen Worte, um für sein Projekt einzutreten; sein Essensvorlieben können ziemlich exotisch sein und er hat manchen kernigen Spruch auf Lager wie etwa: „Schweiß ist Schwäche, die den Körper verlässt“. Erstaunlich unterhaltsam präsentiert sich auch John Malkovich. Das hier ist kein seiner Standardrollen, in denen er mit leicht geöffnetem Mund sowie etwas hilflosem Gesichtsausdruck durch die Gegend läuft und affektiert herumredet, sondern dieser Wissenschaftler ist tatsächlich eine gutdurchdachte glaubwürdige Figur, äußert sich unter anderem herrlich ironisch über sinnlose Kriegsspielereien und kann sogar ein echter Entertainer am Klavier sein.

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Die bösen Chinesen

„Space Force“ ist eine gelungene Satire auf Imperialismus und Rüstungswahn in diesen Zeiten, und wir erkennen bestimmt etliche Phrasen wieder, mit denen Trump den Mund gerne vollnimmt.  Es werden natürlich amerikanische Stiefel sein, die auf dem Mondboden Abdrücke hinterlassen; US-Sturmgewehre eignen sich theoretisch bestens für Amok-Schießereien auf dem Erdtrabanten; vielleicht kann ein patriotischer Schimpansen-Astronaut ja einen beschädigten Satelliten reparieren; und natürlich gibt es auch immer wieder Seitenhiebe auf die bösen Chinesen. Näher besehen schlägt die Handlung einen unvorhersehbaren Kurs zwischen Weltpolitik und Familienproblemen ein und kann sich manchmal bis zu absurden Höhen erheben (vor allem, wenn die hohen Befehlshaber am runden Tisch zusammensitzen). Als witzigste Folge empfinde ich übrigens Nummer 7, in der es darum geht, einen angeblichen Spion in den eigenen Reihen zu entlarven: die Charaktere sind zu diesem Zeitpunkt alle bestens eingeführt und das Miträtseln macht wirklich Spaß.  Nach 10 Folgen kann doch nicht schon wieder Schluss sein - es muss einfach eine zweite Staffel geben, schon allein um endlich herauszufinden, was die Frau des Generals eigentlich angestellt hat, um für die nächsten 40 Jahre hinter Gittern zu landen.

4 von 5 gezüchteten Kartoffeln aus der Mondbasis.

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