Filmkritiken

GESCHICHTEN AUS DEM SUMPF

von

Franco Schedl
Franco Schedl

12/19/2012, 11:00 PM

In dieser fremdartigen Bayou-Welt im Mississippi-Delta ist alles möglich: Hushpuppy muss nicht unbedingt ein Hund, sondern kann genauso gut ein starrsinniges kleines Mädchen mit süßem Wuschelkopf sein, und die Sümpfe Süd-Louisianas bergen genügend Legenden, um einen ganzen Film damit zu füllen.

Die fiktive Bathtub-Siedlung bietet zwar mit ihren Barracken das Bild größter Armut und die Einwohner fristen mit Schalen- und Krustentieren als Hauptnahrungsmittel eine karge Existenz. Dennoch fühlen die Menschen sich dort wie in einem Paradies und finden immer einen Grund zum Feiern. Unter ihnen lebt die 6jährige farbige Hushpuppy als echtes Naturkind im Einklang mit allen Tieren, lauscht gerne deren Herzschlag und zeigt eine geistige Reife, die weit über ihr Alter hinausgeht. Doch die Idylle ist in Gefahr. Hushpuppy muss sich auf große Veränderungen einstellen und wird mit mehrfachen Verlusten konfrontiert: der Vater hat auf Grund einer Krankheit nicht mehr lange zu leben, die Mutter (angeblich so schön, dass sie unter Verzicht auf Feuer durch ihre bloße Anwesenheit das Wasser zum Kochen bringen kann) ist schon lange auf Nimmerwiedersehen verschwunden, und ihre Heimat droht durch ein apokalyptisches Unwetter zu versinken.

Eigensinnig beharren die wenigen verbliebenen Sumpfbewohner auf ihrem Lebensraum und weigern sich, das Land zu verlassen, während sich zugleich eine aus dem weggetauten Polareis befreite Herde Auerochsen als prähistorische Überraschung auf den Weg zu ihnen macht. Dabei sollte man nicht vergessen, dass wir die Geschichte aus der Perspektive eines kleinen Mädchens erleben; das schließt auch dessen kindliche Auffassungsgabe mit ein, und daher finden märchenhafte Elemente Eingang in die Handlung.

So viel zum Wunderbaren von mitunter betörender Schönheit, das vor der Kamera geschieht. Nicht minder unglaublich waren aber die Entstehungs- und Produktionsbedingungen des Films. Es geht auch ohne millionenschweres Budget und Hollywoods Effektmaschinerie im Rücken: Durch die kreativen Kräfte des Screenwriters Lab im Sundance Institute unterstützt, wurde das Werk vom Künstlerkollektiv „Court 13“ in Szene gesetzt. Regisseur Benh Zeitlin führt übrigens selbst ein ganz ähnliches Leben und teilt sich – zumindest laut Presseinfo – den Wohnraum in New Orleans mit einem Rudel wilder Tiere. Fast alle Rollen wurden mit absoluten Schauspielneulingen besetzt, die man direkt vor Ort an den Originalschauplätzen gefunden hat: das 2003 geborene Mädchen Quvenzhané Wallis - ein richtiges Naturtalent - war zum Zeitpunkt des Castings überhaupt erst 5 Jahre alt; ihr Filmvater Dwight Henry hingegen betreibt im wirklichen Leben eine Bäckerei und ist Besitzer eines Cafés.

Hushpuppy träumt davon, dereinst selbst den Stoff für einen Mythos zu liefern. Dieser große einzigartig kraftvolle Film ist ebenfalls ein guter Anwärter auf solche Ehren und hat sich die Höchstwertung in Form von 10 Sumpfdotterblumen verdient.

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Ein bildgewaltiger Erstlingsfilm, der so gar nichts von einem ersten Film hat, irgendwo zwischen Märchen, surrealem Leinwand-Epos und Action-Film.

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