Filmkritiken

Höhere Gewalt spannungsgewaltig erzählt!

von

Katrin Froestl
Katrin Froestl

01/20/2015, 11:00 PM

Tomas und Ebba, ein schwedisches Ehepaar, machen gemeinsam mit ihren Kindern einen Skiurlaub in den französischen Alpen. Schon am zweiten Tag sind die Eheleute mit einer Situation konfrontiert, die beide vor den Kopf stößt und ihre Beziehung auf eine harte Probe stellt.

Nach einem anstrengenden Vormittag auf der Piste findet sich die Familie in einem Bergrestaurant ein, um ein Mittagessen auf der überwältigenden Panoramaterrasse einzunehmen. Das Mahl wird serviert und sogleich ist ein lauter Knall zu vernehmen. Die Menschen, sich irritiert umschauend woher das Geräusch kommt, sind fassungslos panisch und sensationsgeil zugleich als sich eine Lawine von der Bergspitze löst und mit rasanter Geschwindigkeit auf das Lokal zielt. Tomas, überzeugt dass es sich hierbei um kontrollierte Sprengarbeiten handelt, filmt das Geschehen auf seinem Handy. Ebba wird stetig nervöser und als die Lawine bereits kurz vor der Skihütte ist, wird eine Massenpanik entfacht. Inmitten lautem Geschrei und flüchtenden Menschen wirft sich Ebba schützend auf ihre Kinder während Tomas sein Handy fasst um einzelkämpferisch das Weite zu suchen. Die Kinder und Ebba rufen nach Tomas. Kurz darauf wird die Leinwand, wie von Puder bedeckt, schneeweiß und Stille kehrt ein. Die Sicht lockert auf und es wird klar, dass die Lawine keine wirkliche Bedrohung dargestellt hat, da diese vor der Hütte zum Stillstand kam. Die Menschen kehren zu ihren Tischen zurück, wie auch Tomas und peinliches Schweigen legt sich über die Familienidylle.

Ab diesem Zeitpunkt werden einige fundamentale Fragen aufgeworfen, die einem vermutlich nicht so häufig in den Sinn kommen. Ist mein Partner wirklich der, für den ich ihn halte? Inwiefern kann sich der Mensch seinen Urinstinkten entziehen? Was löst die Panik im Menschen aus? Wird das männliche Ego davon getragen, dass die Gesellschaft von Männern verlangt, stets stark und heroisch zu agieren? Allesamt Fragen, die der Film gekonnt behandelt und welche von verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden.

Man sieht die beiden Eheleute nach dem Vorfall in mehreren Momenten grotesk und fragwürdig handeln, aber würde man selbst – einmal aus Ebbas Perspektive, einmal durch Tomas’ Augen - anders reagieren? Die Protagonisten werden zugleich verachtet und verstanden.

Ruben Östlund hat einen Film geschaffen, der mit psychoanalytischer Expertise präzise und punktgenau ein Fallbeispiel zeigt, das einen zum Nachdenken motiviert. Nebenbei ist es ihm gelungen, fantastische Aufnahmen zu machen, die trotz Computerbearbeitung erstaunlich real wirken. Diese Bilder lassen einen den massentouristischen Ski-Wahnsinn schlichtweg vergessen und trotz der eher dramatischen Handlung ist der Film mit einigen schwarzhumorigen Situationen ausgestattet.

„Höhere Gewalt“ ist ein spannungsgewaltiger Film der mit seinen 118 Minuten zwar lang jedoch keinesfalls langweilig ist.

Stufe 9 auf der Sensationslawinen-Skala!

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Das auf dem Filmfest in Cannes gefeierte Werk seziert meisterhaft die Rollenbilder der modernen Familie.

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