Mary

I, USA, 2005

Film

Min.83

Mary ist der erste Spielfilm von Abel Ferrara nach vier Jahren, und die Frage, ob man die Heilsgeschichte überhaupt noch erzählen soll, verneint der einstige Independent-Regisseur nach besten Kräften: Ein Fernsehjournalist moderiert eine Erfolgsserie über das Leben Jesu und findet doch erst zu Gott, als er bei einer Frühgeburt um Frau und Kind bangen muss. Eine Maria-Magdalena-Darstellerin kommt nach Dreharbeiten nicht mehr nach Hause und pilgert lieber durch Israel. Und ein Regisseur vergisst am Ende alle «Passion dollars», wie die Branche seit Mel Gibsons Jesusfilm die Ausbeute sakraler Filmkunst nennt. Den theologischen Subtext seiner früheren Filme kehrt Ferrara dabei nach außen, die Fußnoten stehen jetzt im Haupttext. Wie er das tut und dennoch sein Werk glaubhaft als Spielfilm ausgibt, ist allerdings verwegen. Ferrara nutzt die fiktive Bibelshow, um reale Theologen ausführlich zu Wort kommen zu lassen, Juliette Binoche brachte gar den französischen Bibelforscher Jean-Yves Leloup in den Film. Dieser hat die in Ägypten gefundenen Apokryphen über Maria Magdalena übersetzt. Ferrara hat sich von diesen nicht ins Neue Testament aufgenommenen Evangelien inspirieren lassen, und wohl, ohne es zu sagen, auch von Dan Browns Bestseller «Sakrileg». Wie Brown sieht Ferrara in Leonardos «Abendmahl» nicht Johannes, sondern Maria Magdalena an der Seite Christi sitzen. «Die Geschichte von Maria Magdalena ist eine feministische Geschichte», sagt Ferrara, der sie nicht für eine Randfigur, sondern für eine bedeutende Jüngerin hält. Wieder inszeniert Ferrara die Türme Manhattans wie die Säulen einer nächtlichen gothischen Kathedrale. Der naiven Reise in die Absolution, die Mary auf inhaltlicher Ebene predigt, steht die Absolutheit einer Filmsprache entgegen, die ihres Gleichen sucht. (Daniel Kothenschulte)

(Text: Viennale 2005)

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