Filmkritiken

MIT DEN HÄNDEN HÖREN

von

Franco Schedl
Franco Schedl

03/17/2015, 11:00 PM

Paula ist einfach anders - zumindest in dieser Familie: Vater, Mutter und Bruder haben noch nie ein Wort von ihr gehört. Das liegt aber nicht an dem Mädchen, sondern die Ursache ist bei den andern zu finden: abgesehen von Paula sind nämlich alle Familienmitglieder taub. (Das trifft freilich auf die Schauspieler selbst nicht zu, denn die beiden französischen Kinostars Karin Viard und François Damiens mussten sich intensiv auf ihre stummen (Eltern)Rollen vorbereiten und in der Gebärdensprache sattelfest sein. Der junge Luca Gelberg ist allerdings tatsächlich vollkommen gehörlos und hatte zudem noch nie vor einer Kamera gestanden.)

Die Bèliers bewirtschaften einen Bauernhof in der französischen Provinz, und die hyperaktive Mama fabriziert obendrein auch Käse, den sie regelmäßig auf dem Wochenmarkt der Kleinstadt verkaufen. Für die Eltern ist ihre hörende Tochter die wichtigste Verbindung zur Außenwelt: da diese Tauben offenbar schlechte Lippenleser sind, verlassen sie sich voll und ganz auf Paulas Übersetzungskünste der menschlichen Verlautbarungen in Gebärdensprache (und umgekehrt). Paula ist dadurch mitunter ziemlich genervt und schämt sich meistens für ihre Eltern, weshalb sie deren Behinderung auch gerne vor anderen verheimlicht.

Papa Bèlier hat noch eine besondere Überraschung parat: da er mit dem amtierenden Bürgermeister unzufrieden ist und Neuwahlen bevorstehen, hat sich das eigensinnige Familienoberhaupt in den Kopf gesetzt, selber als Bürgermeister zu kandidieren. Dadurch ist Paulas Hilfe unentbehrlicher denn je geworden. Das junge Mädchen verfolgt aber ganz andere Pläne, denn ein ruppiger Musiklehrer (Eric Elmosnino aus "Gainsbourg") entdeckt in ihm ein großes Talent mit überwältigender Singstimme und ermutigt Paula, zum Vorsingen nach Paris zu fahren, nachdem sie bei ihm einen Intensivkurs absolviert hat. Die Eltern reagieren auf diesen Plan ziemlich verständnislos und vor allem die Mutter verkraftet die Aussicht, das Kind plötzlich nicht mehr im Haus zu haben, sehr schlecht. Paula gerät in die groteske Lage, Schuldgefühle zu entwickeln, weil sie als einzige in der Familie hören kann.

Als Paula gibt übrigens Louane Emera ihr Filmdebüt. Bisher hat man sie in Frankreich nur durch ihre Stimme gekannt, seit sie 2013 in der zweiten Staffel von „The Voice“ entdeckt wurde. Daher werden die Gesangspartien wirklich zu einem besonderen Erlebnis für uns und auch die Filmfamilie ist schließlich restlos begeistert, als das Mädchen in einem entscheidenden Moment eine Möglichkeit findet, die Freuden des Gesangs an ihre Eltern zu vermitteln.

„Verstehen Sie die Bèliers?“ ist eine etwas andere Familienkomödie, bei der eigentlich die Coming of Age-Geschichte des jungen Mädchens im Mittelpunkt steht (weshalb dann wohl für den Regisseur auch die politischen Ambitionen des Vaters immer mehr an Bedeutung verlieren). Paula wird ihm Lauf der 100 Filmminuten zur Frau (was ganz wörtlich zu verstehen ist, da ihre Periode einsetzt), verliebt sich, findet ihre Bestimmung und nabelt sich von den Eltern ab, wodurch sich nach einigen Problemen ein versöhnliches Ende ergibt. Wir vergeben 8 von 10 Stimmgabeln für den Bauernkäseverzehr.

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Éric Lartigau erzählt erfrischend komisch aus der stillen, aber gar nicht lautlosen Welt der Familie Bélier, in der alle bis auf Paula gehörlos sind.

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