Filmkritiken

MYSTERY-MAN DES FBI

von

Franco Schedl
Franco Schedl

01/18/2012, 11:00 PM

So vertraut wollen wir mit dem FBI-Allmächtigen eigentlich gar nicht werden und ihn bei seinen Vornamen nennen. Aber vielleicht deutet Eastwoods Titelwahl einfach darauf hin, dass uns Hoover doch noch ans Herz wachsen könnte, als ewig ungeliebtes großes Kind, das auf der Suche nach Anerkennung über die entsprechend gefährliche Machtfülle verfügte, um einige fragwürdige Räuber&Gendarm-Spiele zu veranstalten.

Immerhin umfasst seine problematische Karriere fast 5 Jahrzehnte oder – anders ausgedrückt – die Amtszeit von 8 Präsidenten. Entsprechend lang ist die Liste an prominenten Persönlichkeiten, denen wir hier begegnen werden; und von den aufsehenerregenden Kriminalfällen seiner Ära kommt der Entführung des Lindbergh-Babys eine zentrale Rolle zu.

Hoover war ein Muttersöhnchen, Ordnungsfanatiker, Kommunistenhasser, Selbstdarsteller, Kontrollfreak und Geheimnis-Krämer, der sich mit krankhafter Neugierde für anderer Leute Privataffären interessierte, sein eigenes Leben aber ebenso penibel vor fremder Einblicknahme abzuschotten suchte.

Darüber hinaus war der Mann homosexuell, und gerade dieser Aspekt dürfte Drehbuchautor Dustin Lance Black, der bereits das Skript zu „Milk“ verfasst hat, gereizt haben, denn somit bot sich ihm die Chance, eine Art Gegenfigur zum charismatischen schwulen Politiker Harvey Milk zu schildern.

Um dem schwierigen Charakter annähernd gerecht zu werden, wählte Black eine mehrfach gebrochene Erzählperspektive: einerseits diktiert Hoover wechselnden Sekretären seine offizielle Autobiographie in die Maschine, andererseits vermischen sich diese durch Rückblenden illustrierten Ereignisse mit Szenen, die nur seine privaten Erinnerungen sein können, da er sie niemals publik machen würde – und ganz zuletzt erfahren wir dann noch von berufener Seite, dass viele der geschilderten Vorfälle so niemals stattgefunden haben.

All diese unterschiedlichen Wesenszüge werden von Leonardo Di Caprio grandios gebündelt; und außerdem unterzieht er sich dank maskenbildnerischer Meisterleistungen einem künstlichen Alterungsprozess, der ihn bis zur Unkenntlichkeit verändert.

Unter Eastwoods Leitung entsteht gediegen altmodisches Erzählkino, das sich auch gleich schalkhaft selber reflektiert: anhand von Filmausschnitten aus „Public Enemy“ (1931) und „G-Man“ (1935) mit James Cagney in den Hauptrollen wird deutlich, wie sich die Sympathie des Publikums in den 30er Jahren vom glorifizierten Gangster zum heldenhaften FBI-Agenten verschob.

Die sparsam orchestrierte Filmmusik stammt übrigens ebenfalls von Eastwood: spätestens seit 2003 hat er trotz allen sonstigen Verpflichtungen wohl seine spezielle Liebe zum Komponieren von Soundtracks entdeckt. Der angeblich so harte Dirty Harry ist eben immer für Überraschungen gut. Weniger überraschend ist eine Vergabe von 9 streng vertraulichen FBI-Akten für diesen Film, da Eastwoods Oeuvre nach wie vor auf konstant hohem Level bleibt.

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