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Interview

"The Climb"-Regisseur im Interview: "Die Emotionen mussten echt sein"

Die US-Komödie mit europäischem Flair ist eine der lustigsten Buddy-Komödien der letzten Jahre.

von Oezguer Anil

08/31/2020, 09:42 AM

Die zwei Freunde Kyle (Kyle Marvin) und Michael (Michael Angelo Covino) radeln einen Berg hinauf. Auch das anstrengende In-die-Pedale-Treten kann Kyle die gute Laune nicht vermiesen. Er ist glücklich verlobt und steht kurz vor seiner Hochzeit. Erst als Michael ihm gesteht eine Affäre mit seiner zukünftigen Frau gehabt zu haben, wird aus dem Rad-Trip eine Verfolgungsjagd. "The Climb“ erzählt die Hochs und Tiefs einer jahrelangen Freundschaft. Die Geschichte ist in einzelne Episoden geteilt und jede Szene in nur einer einzigen Kameraeinstellungen gefilmt. Diese ungewöhnliche Erzählform macht "The Climb“ zu einem skurrilen Kinoerlebnis, das neue Impulse für Buddy-Komödien in sich birgt. Wir haben mit dem Autor, Regisseur und Hauptdarsteller Michael Angelo Covino über den Entstehungsprozess gesprochen.

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"The Climb“ ist eine skurrile Tragikomödie, die trotz all der verrückten Ereignisse realistisch ist. Wie schwierig war es beim Schreiben, eine Balance zwischen Komödie und Realismus herzustellen?

Darüber haben Kyle und ich oft gesprochen. Unser Hauptanliegen war es, eine glaubwürdige Geschichte zu erzählen. Wir haben uns nicht allzu sehr damit beschäftigt, eine Komödie zu schreiben, sondern haben darauf vertraut, dass der Humor einen organischen Weg in das Drehbuch finden wird. Es musste jedoch zu aller erst eine glaubhafte Geschichte sein, mit der sich das Publikum identifizieren konnte.  Die Emotionen der Figuren mussten echt sein und der Humor entstand hauptsächlich durch die konkreten Situationen. Es war ein Balanceakt zwischen Drama und Komödie.

Die Idee, den Film nur in Plansequenzen zu drehen, ist großartig, aber muss doch auf dem Papier sehr riskant gewirkt haben. Waren Sie von Anfang an überzeugt, dass Ihre Idee funktionieren würde, oder waren auch Selbstzweifel mit im Spiel?

Es war beides. Auf der einen Seite war ich absolut sicher, dass es funktionieren würde und auf der anderen Seite hatte ich absolut keine Ahnung. Ich dachte, es könnte eine der schlechtesten Entscheidungen sein, die ich je getroffen habe, aber ich wusste auch, dass die Möglichkeit besteht, dass es großartig wird. Diese Gefahr hat mich merkwürdigerweise sehr angezogen. Ich war mir nicht sicher, ob ich so einen Film auf die Beine stellen kann, aber genau das hat mich motiviert. Ich hatte bereits Erfahrungen mit Improvisation und etwas loseren Drehbüchern, deshalb wollte ich dieses Mal jedes kleinste Detail durchplanen.

Die Szenenübergänge  sind besonders skurril. Wie kamen Sie auf diese experimentellen Elemente und warum sind sie in dieser Form im Film gelandet?

Mit so einem Inszenierungsstil hat man nicht sehr viele Möglichkeiten, um das Erzähltempo zu gestalten. Dadurch, dass es sehr viele Zeitsprünge gibt, hat es sich nicht richtig angefühlt, die Szenen einfach aneinander zu reihen. Wir haben uns daran orientiert, was wir gerne als Kinozuseher sehen wollen würden. So kamen wir zu den ausgefallenen Übergängen, die eine Art Gaumenreiniger waren, um die nachfolgende Szene mit frischem Blick erleben zu können. Wir sehen uns nicht in der Tradition des Cinema Veritè, sondern wollten eine Lobeshymne an das Kino verfassen, deshalb erschien es uns auch sehr sinnvoll, bei diesen Übergängen die vierte Wand zu durchbrechen oder eine Ski-Choreografie zu drehen. Wir wollten die Welt, in der die Geschichte verortet ist, spielerisch in Szene setzen. Es gibt auf diese Frage eigentlich gar keine richtige Antwort. Sie mussten einfach da sein, um den passenden Erzählrhythmus zu kreieren.

Wie schaut bei einem Film, der fast ausschließlich aus Plansequenzen besteht, der Schnittprozess aus?

Im Schnittraum verbrachten wir die meiste Zeit damit, den richtigen Take auszuwählen. Manchmal versuchten wir unterschiedliche Aufnahmen miteinander zu verknüpfen, was uns aber nur in wenigen Fällen gelang. Durch die Plansequenzen konnten wir entweder nur später in Szenen einsteigen oder sie früher beenden. Einige Szenen waren in drei Akten aufgebaut, aber im Schnittprozess haben wir gemerkt, dass der Schluss einer Szene gar nicht mehr so notwendig war. Manchmal haben wir die Szenen am Ende gekürzt, um eine gewisse Spannung für die nächste Episode aufzubauen. Bildtechnisch waren wir durch die Plansequenzen sehr eingeschränkt, aber wir konnten sehr viel in der Tongestaltung ausprobieren. Wir fügten Witze hinzu, nahmen Sätze weg und bauten für das Chaos außerhalb des Bildes eine passende Tonkulisse.

Wie oft habt ihr die einzelnen Szenen gedreht?

Es war unterschiedlich. Bei der Eröffnungsszene waren es 21 Versuche. Bei der Weihnachtsszene 13 und im Krankenhaus 36.

Wie war es gleichzeitig als Schauspieler und als Regisseur auf dem Set zu stehen?

Das habe ich schon bei meinen Kurzfilmen so gemacht. Mit dieser Inszenierungsweise war es sogar angenehmer, ehrlich gesagt, weil wir uns pro Tag immer nur auf eine Szene konzentrieren mussten. Wenn ich mir unsicher war, habe ich mir das Playback angeschaut und dann auf die Probleme als Regisseur reagiert. Es gab aber auch Aufnahmen, bei denen ich schon bei der Hälfte wusste, dass sie nicht funktionieren würden und ich sie mittendrin abbrechen musste. Die Weihnachtsszene war sehr schwierig. Sie war sowohl technisch als auch schauspielerisch sehr anspruchsvoll, weil die Kamera das ganze Haus umfahren musste und zwischen den Figuren große Konflikte ausgehandelt wurden. Das ganze Team hat jedoch schnell die unterschiedlichen Arbeitsabläufe verstanden, so dass ich mich auf jedes Department verlassen konnte.

Was sind die Herausforderungen bei der Realisierung von solchen Filmen in den USA? Wie sieht es mit der Finanzierung von Indie-Filmen aus?

Ich will nicht sagen, dass es leicht ist, aber es gibt in den USA Wege, um solche Filme zu machen. Wir haben kein Fördersystem wie in Europa, aber glücklicherweise haben wir Menschen, die bereit sind, in Filmprojekte mit unter 2 Millionen Dollar Budget zu investieren, um neue und spannende Filmschaffende zu entdecken. Die Bestätigung durch Festivals dient für sie dabei als Qualitätsmerkmal und macht die Verhandlungen etwas leichter. Das ist ein etabliertes Modell, bei dem wir keine Einreichmappen vorbereiten oder Gründe nennen müssen, warum unser Projekt eine Förderung verdient. Die Kombination aus einem erfolgreichen Kurzfilm, einem guten Drehbuch und die Fähigkeit, darüber sprechen zu können, sind die wichtigsten Komponenten für die Finanzierung. Durch die Erfolge von "Whiplash“ und "Short Term 12“ ist es auch leichter geworden, kleinere Filme für Investoren schmackhaft zu machen.

Wie sehr hat die Corona-Pandemie Euren Kinostart beeinflusst?

Der Film hätte in den USA am 20. März veröffentlicht werden sollen, aber alle Kinos haben am 16. März zugesperrt. Das hat uns natürlich sehr getroffen. Der US-Vertrieb unterstützt uns jedoch sehr und wird den Film, sobald die Situation sich normalisiert hat, in die Kinos bringen. Uns ist ein Kinostart sehr wichtig, wenn wir in Zukunft wollen, dass es noch Kinos gibt, müssen wir uns dafür einsetzen. Als Filmemacher ist man in der privilegierten Position, dass, obwohl die Welt am Kopf steht, die Menschen noch immer Geschichten sehen wollen. Wir müssen nur herausfinden, welche Geschichten wir erzählen wollen.

Sind schon nächste Projekte in Planung?

Kyle und ich arbeiten an einem weiteren Filmprojekt mit der Produktionsfirma mit der wir "The Climb“ gemacht haben. Es wird eine Tragikomödie, die sich mit Familienstrukturen auseinandersetzt und mehrere Zeitebenen miteinander verbindet – ein Ensemblefilm. Gleichzeitig schreiben wir zwei Shows fürs Fernsehen.

 

Ein Buddy-Movie über eine sehr turbulente Männerfreundschaft, die sich seit vielen Jahren zwischen Freude, Herzschmerz und Wut bewegt.

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