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© Inherent (Nicolai G.H. Johansen)

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"Vienna Shorts 2022"-Interview: "Da gibt’s einiges zu entdecken"

Festival-Leiter Daniel Ebner hat uns im Interview verraten, worauf wir uns heuer bei dem Programm freuen dürfen.

von

Franco Schedl
Franco Schedl

05/25/2022, 08:16 AM

Die 19. Ausgabe von VIENNA SHORTS, dem internationalen Kurzfilmfestival in Wien, steigt von 25. bis 30. Mai 2022 in Wiener Kinos bzw. von 25. Mai bis 30. Juni 2022 online.

Wir haben mit dem Festival-Leiter Daniel Ebner gesprochen, um mehr über das diesjährige Programm und den Ablauf eines Festivals in Zeiten von Corona oder des Ukraine-Kriegs zu erfahren.

film.at: Welches ist der längste Kurzfilm heuer?

Daniel Ebner: Das ist "First Time" von Nicolaas Schmidt, der vergangenes Jahr in Locarno und zuletzt beim Deutschen Kurzfilmpreis ausgezeichnet wurde. Der Film ist 49 Minuten lang und dauert exakt so lang wie eine S-Bahn-Fahrt, bei der sich zwei Jugendliche begegnen und diesen Moment des ersten Kennenlernens so lange wie möglich auskosten.

Ist das zufällig auch Ihr Lieblingsfilm aus dem Programm?

Das ist tatsächlich einer meiner Lieblinge, aber das hat weniger mit der Länge zu tun, sondern mehr mit Schmidt und seiner außergewöhnlichen Gabe, aus vermeintlich kleinen Szenen großes Kino zu zaubern. Das mag ich grundsätzlich sehr, wenn im Kleinen das Große sichtbar und spürbar wird.

Wie viele Filme sind insgesamt zu sehen?

Dieses Jahr haben wir 360 Filme aus 70 Ländern im Programm, wobei knapp ein Drittel davon nur im Kino, ein weiteres Drittel nur online und das letzte Drittel sowohl im Kino als auch online zu sehen ist. Dieses letzte Drittel ist der Wettbewerb, den wir im Kino in kuratierten Programmen zeigen und auf unserem Filmportal im Anschluss mit täglich einem Film und Publikums-Voting präsentieren.

 

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Schwerpunkte

Welche Schwerpunkt-Themen haben sich 2022 ergeben?

Nachdem wir die vergangenen zwei Jahre quasi nur im Digitalen verbracht haben, hat sich ein Fokus fast von selbst ergeben: Unter dem Motto “We’ve Come A Long Long Way Together” zeigen wir Filme im analogen Format auf 16mm oder 35mm – das könnte in der Form online gar nicht reproduziert werden. Auf dem Streamingportal dagegen widmen wir uns der Komödie und der Frage, wie unterschiedlich die Geschmäcker sind, wenn’s um Humor geht. Da gibt’s auch einiges zu entdecken.

Das Festival wird zweigeteilt und findet teils in den vier Stammkinos, teils online statt. Welche Unterschiede gibt es zwischen Kino- und Onlineprogramm?

Für uns ging’s dabei tatsächlich sehr stark um die Frage, wie Filme geschaut und wahrgenommen werden – und das ist im Kino doch sehr anders als auf Handy, Laptop oder TV daheim. Im Kino nimmt man sich mehr Zeit und taucht mehr ein; online müssen die Filme dagegen oft unmittelbarer und direkter, vielleicht auch thematisch aktueller sein. Darum gibt’s online etwa auch die Schiene “Aktuelle Anmerkungen”, die Filme versammelt, die sich mit aktuellen politischen Themen beschäftigen.

Soll diese Zweiteilung auch künftig beibehalten werden, sobald Covid19 hoffentlich endgültig vorüber ist?

Wir gehen davon aus, dass wir auch weiterhin online präsent sein werden, ja. Nicht zuletzt, weil es uns auch die Möglichkeit gibt, Menschen zu erreichen, die nicht in Wien leben – und weil wir damit zeitlich auch länger präsent sein können als nur an sechs Tagen Kinofestival.

 

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Corona-Themen

Ist Corona-bedingt die Zahl der Filme zurückgegangen oder hat sich in der Pandemie-Zeit die Produktivität der Filmschaffenden womöglich deutlich erhöht?

Das ist einer der Unterschiede zwischen Kurz- und Langfilmen. Während es für lange Filme in Corona-Zeiten oft deutlich schwieriger wurde, diese zu planen und zu finanzieren, können Kurzfilme teils auch sehr rasch und mit geringen Mitteln umgesetzt werden. Und nachdem wir mit mehr als 5.000 Einreichungen heuer einen Rekord hatten, würd ich eher von einer höheren Produktivität ausgehen.

Gibt es auch Filme zu Corona-Themen?

Die Corona-Filme hatten wir vor allem letztes Jahr; das war dann manchmal schon recht anstrengend zu schauen, muss ich zugeben. Dieses Jahr merken wir eher, dass sich die Auswirkungen der Pandemie stärker widerspiegeln – sozialer Druck, Angstzustände, Melancholie, ein Zurückgeworfensein auf sich selbst und den engsten Umkreis, und diese Sehnsucht nach Freiheit und eine “neue” Normalität.

 

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Keine russischen Filme

Als Reaktion auf Russlands Ukraine-Angriff wurden russische Filme vom Programm ausgeschlossen. Wann ist diese Entscheidung gefallen, wie viele Werke waren davon betroffen und hat es daraufhin Reaktionen gegeben?

Wir haben russische Filme ausgeschlossen, die staatlich gefördert wurden, und keine offiziellen VertreterInnen Russlands zum Festival eingeladen. Wir wollten damit Solidarität demonstrieren, aber auch verhindern, dass sich das offizielle Russland einen möglichen Preis beim Festival auf seine Fahnen heften kann. Zugleich wollten wir unabhängigen Filmschaffenden aus Russland trotzdem eine Plattform bieten – nicht zuletzt, weil auch diese teils Repressionen im Land ausgesetzt sind. Letztlich sind nun zwei russische Filme im Wettbewerb. Reaktionen kamen vor allem von ukrainischer Seite, die sehr klar formuliert haben, dass sie lieber einen vollständigen Boykott gesehen hätten.

Sind ukrainische Filme im Programm?

Wir haben elf ukrainische Filme im Programm, ja. Diese tauchen in thematischen Programmen vereinzelt auf und natürlich in den Programmen unserer zwei ukrainischen Artists-in-Residence. Olha Raiter vom Kurzfilmfestival in Lviv hat ein Programm erstellt, das sich dem Leben in der Ukraine widmet, wie es einmal war, und das wir am Donnerstag unter freiem Himmel bei Wild im West im 15. Bezirk zeigen. Olena Syrbu aus Kyiv wiederum widmet sich online dem Thema Flucht und Migration.

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Green Event

Vienna Shorts ist heuer übrigens erstmals "grün" geworden. Welche Anforderungen muss ein Festival erfüllen, um ein Green-Event-Zertifikat zu erhalten?

Der Katalog ist sehr umfangreich und reicht von Vorgaben für Müllvermeidung, Drucksorten und Catering über umweltfreundliche Reisen und Hotels bis hin zu sozialen Aspekten wie Barrierefreiheit.

Gerade für Festivals ist der Prozess allerdings sehr kompliziert – weil nicht das gesamte Festival als ein Event definiert wird, sondern jede Vorführung, jeder Talk, jedes Meeting als eigene Veranstaltung gesehen wird. Bei mehr als 60 Einzelveranstaltungen in sechs Tagen bedeutet das einen riesigen Arbeitsaufwand – umso mehr freuen wir uns, dass wir das Umweltzeichen nun tragen dürfen.

 

Tickets und Festivalpässe für VIENNA SHORTS sind über den Onlineshop sowie über die neue Festivalapp (für Android und iOS) erhältlich. Tickets für Kinovorführungen können auch über die jeweiligen Spielstätten bezogen werden.

Bei den Open-Air-Veranstaltungen, dem Screening „Jugendliche programmieren“ sowie den Branchenveranstaltungen gilt freier Eintritt und ist kein Ticket nötig.

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