Willem Defoe in einer starken Rolle
Willem Defoe in einer starken Rolle

© /La Biennale di Venezia

Filmkritiken

Pasolinis letzte Lebensstunden

von

Franco Schedl
Franco Schedl

11/17/2015, 11:00 PM

Sein letzter Film, ein radikales Meisterwerk, trug den Titel „Die 120 Tage von Sodom“. Abel Ferraras Film könnte hingegen „Der letzte Tag Pier Paolo Pasolinis“ heißen. Wir erleben die Alltagsroutine im Leben des italienischen Künstlers, der sich selber gerne mit PPP abkürzte. Überleben wird er diesen 2. November 1975 nicht, denn nach Einbruch der Dunkelheit prügelt man ihn am Strand von Ostia in Begleitung eines Strichjungen zu Tode.

Ferrara legte Wert darauf, die letzten Stunden des Mannes so akkurat wie möglich zu rekonstruieren, führte Gespräche mit Pasolinis Verwandten oder anderen Personen, die ihm nahestanden und trug eine Vielzahl an Informationen zu dem tragischen Todesfall zusammen.

Bereits die morgendliche Zeitungslektüre zeigt Pasolini als wachen Geist mit ausgeprägt politischem Bewusstsein und für uns wird zugleich deutlich, welch ein gewalttätiges Klima im damaligen Italien vorherrschte. Im weiteren Filmverlauf erleben wir Pasolini im Kreis der Familie oder in Gesellschaft von Freunden und auch ein Journalist sucht ihn auf. Das längere Interview gibt Pasolini Gelegenheit, seine politischen Überzeugungen, seine gesellschafts- und medienkritische Sicht und sein künstlerisches Selbstverständnis darzulegen. Obendrein klingt das Gespräch mit einer Todesahnung aus.

Zwischendurch unterbricht Ferrara den chronologischen Tagesablauf jedoch immer wieder durch Spielhandlungen, in denen die aktuellen Projekte des Künstlers Gestalt annehmen, so wie sie gerade in seinem Kopf entstehen. PPP schrieb nämlich zu dieser Zeit an dem Roman „Petrolio“ und begann auch ein paar Szenen des Drehbuchs „Porno – Teo – Kolossal“ auszuarbeiten. All das ist zwangsläufig Fragment geblieben, aber Ferrara unternimmt den engagierten Versuch, PPPs künstlerisches Vermächtnis wenigstens ansatzweise für uns zu visualisieren. Die Spielszenen gewinnen außerdem immer tragischere Bedeutung für Pasolinis Schicksal und steigern sich im Moment seines Todes zu einem berührend-poetischen Finale.

Willem Defoe geht so sehr in dieser Rolle auf, dass man seiner Versicherung gerne glaubt, er habe Pasolini nicht „gespielt“, sondern sich eher wie ein Medium gefühlt, das Kontakt mit der Vergangenheit aufnahm. Beim Dreh wurden übrigens Requisiten aus Pasolinis persönlichem Besitz verwendet – so ist der Terminkalender mit Eintragungen für den 6.11.1975 (also vier Tage nach seinem Tod), der ganz zuletzt ins Bild kommt, bestimmt authentisch. Sprachlich weist der Film eine seltsame Unentschlossenheit auf: Immerhin scheint es ziemlich seltsam, wenn Personen aus Pasolinis unmittelbarer Verwandtschaft ein stark italienisch gefärbtes Englisch sprechen (worauf die Hauptfigur in makellosem Englisch antwortet), während z.B. die Szenen mit dem Strichjungen und den Mördern nur auf Italienisch gefilmt wurden.

Der Film kann das Geheimnis, welches PPPs Tod bis heute umgibt, natürlich nicht lösen und muss sich für eine der möglichen Versionen entscheidet. Statt einen Auftragsmord durch den italienischen Geheimdienst und eine rechtsradikale Schlägertruppe ins Spiel zu bringen, ist die Tötung hier, zumindest vordergründig, rein „privat“ motiviert. Trotzdem lässt Ferrara auch die andere Deutung offen, denn nachdem wir die Leiche am Strand in der Morgendämmerung gesehen haben, folgen scheinbar unvermittelt Bilder faschistischer Bauwerke.

8 von 10 leergebliebenen Terminkalendern.

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Genauer Recherche folgend, beschreibt Ferrara den letzten Tag, Lebenstag, Arbeitstag, Liebestag des italienischen Poeten.

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