Filmkritiken

POETISCHE LEBENSBRUCHSTÜCKE EINER SINNKRISE

von

Franco Schedl
Franco Schedl

09/08/2015, 10:00 PM

Bei einem Werk wie diesem hängt beim Betrachter alles davon ab, in der richtigen Stimmung zu sein. Idealerweise wäre das eine Art von ausgeglichener Aufnahmefähigkeit und die Bereitschaft, sich von einem assoziativen Bilderstrom erfassen zu lassen. Einige dieser Bilder (wie z.B. die vielen Wasserszenen mit Personen in Swimmingpools oder im Meer) kehren fast identisch immer wieder aufs Neue zurück und wirken wie Variationen eines Leitmotivs. Gerade in solchen Momenten kommt die Musikbegeisterung des Regisseurs zum Tragen: Terrence Malick komponiert seine Filme wie Programmmusik und es ist sicher von Vorteil, zuerst eine kurze Inhaltsangabe zu lesen, um sich halbwegs zurechtzufinden. So geht aus dem Film selbst gar nicht eindeutig hervor, welchen Beruf die Hauptfigur überhaupt ausübt (das Presseheft gibt da die hilfreiche Auskunft, dass Rick ein erfolgreicher Comedy-Autor in Santa Monica ist).

Malick scheut nicht davor zurück, die große Frage nach dem Sinn des Lebens zu stellen und er versucht, sie künstlerisch auf eine Weise zu beantworten, die bei manchen Verwirrung und Unverständnis hervorrufen muss und ihm zweifellos den Vorwurf einträgt, in Kitsch und Pathos zu schwelgen.

Die Dreharbeiten unter diesem Regisseur stelle ich mir ziemlich schwierig vor, denn die Schauspieler haben, bis auf wenige Ausnahmen, eigentlich nichts anderes zu tun, als stumm durch verschiedene Räume zu gehen und ganz ungezwungen zu wirken, während ihnen die Kamera extrem nahe auf den Leib rückt. Wer sich einer solchen Prozedur unterzieht, muss sich eher ziellos vorkommen und nicht genau wissen, worauf das alles hinausläuft. Tatsächlich ist ein Werk wie dieses das Musterbeispiel eines Autorenfilms: Malick selbst fügt die unzähligen Fragmente zu einem – für seine (und hoffentlich auch unsere) Begriffe – stimmigen Ganzen zusammen. Große Darsteller wie Cate Blanchett, Natalie Portman, Antonio Banderas oder Brian Dennehy waren jedenfalls voll motivieren, sich an diesem Projekt – und sei es auch nur für Kurzauftritte - zu beteiligen.

„Knight of Cups“ nimmt uns mit auf einen zweistündigen meditativen Trip, bei dem Bruchstücke eines Lebens geboten werden – die Thematik (wie Liebe, Hass, Verzweiflung, Elend, Sinnkrise, Vaterschaft, Brüderlichkeit) ist dabei so allgemein gehalten, dass sich jeder auf die eine oder andere Weise angesprochen fühlen muss und ein Stück seiner selbst wiedererkennen wird. Dabei kommen viele Stimmen zu Wort. Sie gehören zu Figuren, die alle mit dem von Christian Bale gespielten Rick in Beziehung stehen, wie etwa sein Vater, seine Exfrau oder diverse Geliebte. Dominiert wird diese Stimmenvielfalt durch Ricks eigene Gedanken – als Rahmenhandlung streift er durch eine wüstenähnliche Gegend und denkt über sein bisheriges Leben nach. Dadurch offenbart Malick eine weitere Inspirationsquelle: seine Filmwelten sind von christlichem Gedankengut gesättigt (man denkt unweigerlich an Jesus, der für 40 Tage in der Wüste verschwindet). Zugleich ist hier jedoch ebenso Platz für die Ideenwelt des Tarot (ihr entstammt übrigens der Filmtitel) und auch fernöstliche Religionen können spirituelle Lösungsvorschläge anbieten.

An einer Stelle sagt ein alter Zen-Lehrer: „Achte nur auf diesen Moment und es ist alles da, perfekt und vollkommen.“ Das ist eine wunderbare Definition von Malicks Filmen: sie bestehen fast nur aus solchen Momenten - oder haben zumindest den Ehrgeiz, es zu tun. Welcher zeitgenössische Regisseur bringt es denn sonst noch fertig, eine Erdbebenszene so intensiv zu inszenieren, dass man den Boden wirklich schwanken fühlt.

9 von 10 geheimnisvollen Tarotkarten

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