RASANTES DETEKTIV-SPIEL

Und da glaubte Dr. Watson schon, fein raus zu sein, indem er seine Detektiv-Lupe gegen einen Ehering vertauschte, um endlich mal Ruhe von den nervenaufreibenden und lebensverkürzenden Aktivitäten an Sherlock Holmes Seite zu bekommen.

Natürlich hätte ihm jeder von uns sagen können, dass so etwas erfahrungsgemäß nicht lange gut geht – aber wenigstens eine ungestörte Hochzeitsreise wäre ihm zu vergönnen gewesen. Doch Holmes kennt in solchen Dingen keine Gnade, und die Verbrecherwelt erst recht nicht, besonders, wenn der teuflische Professor Moriarty dahinter steckt, dessen Name ja am Ende des vorherigen Films erstmals genannt wurde. Nur weil eine Figur den Sprung vom 1. in den 2. Teil geschafft hat, heißt das noch lange nicht, dass sie dadurch unsterblich geworden ist.

Der Professor setzt jedenfalls alles daran, den holmes`schen Freundeskreis so rasch wie möglich zu dezimieren und deshalb zeugen die abrupt unterbrochenen Flitterwochen des Doktors von der Anhänglichkeit seines alten Partners, der bei aller Schrulligkeit eben doch nicht zulassen möchte, dass Watsons Körper plötzlich unschöne Löcher aufweist.

Downey Jr. legt in seiner Rolle im Vergleich zum letzten Mal noch einige weiteren Manierismen an den Tag, schlüpft mit sichtlichem Wohlbehagen in besonders absurde Verkleidungen und erweist sich als Meister der Tarnung. Ihm zur Seite steht nun als sein Bruder Mycroft ein ebenso grandioser und - falls das überhaupt möglich ist – noch exzentrischerer Stephen Fry, und die dank der „Millennium“-Trilogie international bekannt geworden Schwedin Noomi Rapace zählt als Zigeunerin ebenfalls zu den wichtigen Neueingängen auf der Besetzungsliste.

Im Jahr 1891 wirft das 20. Jahrhundert bereits lange drohende Schatten und v.a. die Materialschlachten des Ersten Weltkriegs rücken durch Produktion von neuen effizienten Massenvernichtungswaffen gefährlich nahe. Was wäre demnach plausibler, als dieses grässliche Spektakel gleich um über 2 Jahrzehnte vorzudatieren? In Moriartys Figur tritt uns ein kühl mit dem Todestrieb der Menschheit kalkulierender Kriegsgewinnler entgegen und sein perfider Plan, die Welt ins Chaos zu stürzen, könnte, falls Holmes ausfällt, durchaus auch von der Liga der außergewöhnlichen Gentlemen vereitelt werden. Das Drehbuch wirkt jedenfalls so, als hätte der grandiose Graphic-Novel-Verfasser Alan Moore dafür seine kleinen grauen Zellen angestrengt. (Achtung: Hier wurde eine klassische falsche Spur gelegt, da die echten Verfasser Michele und Kieran Mulroney heißen.)

Die Geschichte hält diesmal ein besonderes Schmankerl für Österreicher bereit, weil Moriarty auch in diesem Land für Unfrieden sorgt und ein Vertreter der Monarchie auf neutralem Schweizer Boden bei einem Gipfeltreffen der Diplomaten zugegen ist, um womöglich sogar Opfer eines Attentats zu werden, das die Weltgeschichte verändern könnte. Beim großen Finale an einem Wasserfall werden Holmes-Kenner erfreut feststellen, wie treu sich die Drehbuchautoren in gewisser Hinsicht an die ehrwürdigen Vorlagen gehalten haben und wahre Meisterdetektive könnten das eine oder andere Originalzitat aus den Filmdialogen heraushören. Guy Ritchies regelrecht süchtig machende clevere Mischung zwischen Neuem und Altem hat auf jeden Fall eine weitere Fortführung verdient – oder, um es ebenfalls mit einem Filmzitat auszudrücken: „THE END?“