Filmkritiken

STILSICHER GESTYLTE LEBEN

06/05/2011, 10:00 PM

Der Photograph und bildende Künstler Pierre Thoretton erzählt in „L'amour fou: Yves Saint-Laurent“ von einer großen Lebens(Liebes)beziehung – der zwischen dem Modeschöpfer Yves Saint-Laurent und Pierre Bergé. Letzterer berichtet anlässlich des bevorstehenden Verkaufs der gemeinsamen Kunstsammlung (die Transaktion erzielte bei Christies im Jahr 2008 immerhin 374 Millionen Euro) über deren Aufbau und dadurch zwangsläufig auch über sich selbst.

Als sich die beiden 1958 kennen lernten, erwartete den erst 21 Jahre alten Jungdesigner Yves Saint-Laurent die vielleicht größten Herausforderung seines Lebens: die Führung des renommierten Modehauses Christian Dior, einer Institution französischen Selbstverständnisses. Diese Aufgabe meistert der junge Modeschöpfer mit Bravour und als er nur wenige Jahre später, nach dem Rauswurf ebendort, vor dem Ende seiner Karriere steht, unterstützt ihn sein Gefährte und sie gründen ein eigenes Modehaus. Yves Saint Laurent und Pierre Bergé haben Erfolg, der eine erfindet quasi prêt-à-porter und trägt mit maskuliner, eleganter Mode für Frauen das Seine zum Feminismus bei, der andere zieht hinter den Kulissen die Fäden; sie ergänzen einander wie Yin und Yang.

Doch wenn man so wie YSL schon sehr früh fast alles erreicht hat, wonach strebt man dann noch? Wenn man eigentlich alles hat, was wünscht man sich dann noch? Die mit den 70er Jahren beginnenden Depressionen des Künstlers, seine Flucht in Alkohol und Drogen, werden in „L'amour fou: Yves Saint-Laurent“ genauso nüchtern thematisiert und von Pierre Bergé kommentiert, wie seine zahlreichen Erfolge. In die über mehrere Monate geführten Interviews mit Pierre Bergé werden Fotos und Videos aus dem Leben YSLs eingeflochten. So entsteht ein sehr dichtes, emotionales Bild ihrer gemeinsamen Zeit und der Orte, wo sie diese verbrachten. Es sind Orte, die es wahrlich in sich haben: eine traumhafte Villa in Marrakesch, und das alte romantische Haus in der Normandie. Wir sehen „Schöner wohnen“ in Reinkultur und erleben die Geschichte von schönen Menschen an schönen Orten, umgeben von schönen Dingen – eingebettet in eine ganz normale Beziehung?

Der Geschichte haftet, so wie der inhaltgebenden Sammlung, eine gewisse Oberflächlichkeit an. Zwei Phrasen oder Merksätze drängen sich hier auf. Zu Beginn ist „Wir waren jung und wir hatten das Geld“ ziemlich omnipräsent. In den schwierigen Jahren des gemeinsamen Lebens von YSL und Pierre Bergé passt dann aber auch ein alter Spruch meines Großvaters perfekt: “Deine Sorgen und dem Rothschild sein Geld möcht ich haben“. Nun, die Zwei hatten irgendwie beides und so entstand ein Film übers Reichsein und was man mit Stil alles daraus machen kann: eine Studie über Schönheit, Luxusprobleme und die Abgründe der Mode.

Fazit: „L'amour fou: Yves Saint-Laurent“ ist ein Abgesang auf eine Epoche des Stils und der Schönheit, verpackt in eine außergewöhnliche Liebesgeschichte. Wenn man sich keine kritische Dokumentation erwartet, ist dieser Film auch für Modeverweigerer durchaus interessant. Er hat aber vielleicht ähnliche Schwächen wie seine beiden Hauptdarsteller – ein wenig zu stilisiert, zu exaltiert und auch zu oberflächlich. Trotzdem ergibt das 7 von 10 umjubelte Haute Couture-Shows.

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