Film

VIS 2018: International Music Video Award - Better Than Your Dreams | Screensessions

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Min. 69
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Wenn man einen roten Faden in der aktuellen Musikvideoproduktion ausmachen möchte, dann dürfte das zweifelsohne die zunehmende Bedeutung von Körperlichkeit sein. Der menschliche Körper in all seinen Manifestationen wird erkundet, betrachtet und manchmal auch den eigenen Idealvorstellungen nach zurechtgeschnitten. Von statisch-kontemplativen Eindrücken bis zum Ausbruch entfesselter Dynamik findet sich in den 15 ausgewählten Videos alles, was das (Musikvideo-)Herz begehrt. (ce)

New York – St. Vincent
US | 2017 | 03 min 01 sec | Österreich-Premiere | Regie Alex Da Corte
Annie Clark, die unter dem Pseudonym St. Vincent seit Jahren erfrischende Gegenkonzepte zum konventionellen Pop entwirft, entführt uns mit dieser Liebeserklärung an ihre Stadt und den „only motherfucker in the city / Who can handle [her]“ in eine minimalistisch-bunte Interpretation des Big Apple. Die liebevoll arrangierten Details und knalligen Farben sind dabei genauso wichtig wie ihre unterkühlte und dennoch sehr fragile Performance. (ce)

Stranger's Kiss (Duet with Angel Olsen) – Alex Cameron
AU, US | 2017 | 04 min 35 sec | Regie Jemima Kirke
Gemeinsam mit dem australischen Musiker Alex Cameron bewegt sich Jemima Kirke, die hier vor und hinter der Kamera tätig ist, zwar durch dieselbe Stadt, die St. Vincent besingt, doch durch die immer verwirrender werden Obsessionen und Identitätsverschiebungen baut sie hier ein anderes, viel düstereres New York City. Die aus der Serie Girls bekannte Kirke verwandelt sich zunehmend in ihr „Idol“ und scheut keine Mühen diesem auch aufzulauern. (ce)

Dinosaur – SBP4
RU | 2017 | 05 min 18 sec | Österreich-Premiere | Regie Maria Em
Frei nach Body-Horror-Mastermind Cronenberg entwirft die Russin Maria Em eine dystopische Vermischung von Realitätsverlust durch das Starren auf Video-Screens und der damit einhergehenden verschobenen Wahrnehmung von Gefahrensituationen. Eine VHS-Kamera dient dem voyeuristischen Blick, der Distanz zum Objekt der Begierde suggeriert, doch die vierte Wand ist manchmal nicht so robust wie zuerst vermutet. (ce)

Nostalgic Love – Bergfilm
DE | 2017 | 06 min 59 sec | Österreich-Premiere | Regie Joscha Bongard
Die omnipräsente Sexualisierung unserer Gesellschaft scheint oft nur den Jungen und (vermeintlich) Schönen vorbehalten zu sein. Sex und Anziehung von älteren Menschen werden dabei oft ignoriert oder sogar belächelt. Die ProtagonistInnen dieses Videos zeigen, dass diese universellen Gefühle und Bedürfnisse an keine Altersgrenzen gebunden sind. Im selben Atemzug wird den ZuseherInnen aber auch klar, dass für Entfremdung und Distanz wohl dasselbe gilt. (ce)

Mermaids – Floyd Shakim
FR, NO, PL | 2017 | Kein Dialog/Liedtext | 04 min 20 sec | Regie HochR
Die Fantasiegebilde von Kindern erschließen sich uns Erwachsenen oft nur schwer und können mitunter schon mal für Gänsehaut sorgen. Ausgelöst durch eine traumatische Erfahrung kommt es in Mermaids dann auch zu der körperlichen Manifestierung dieser Gedanken in der Manier einiger Schauer erweckender Thriller. Doch trotz (oder gerade wegen?) der düsteren Szenerie wird hier ein höchst ästhetisches Bilderlebnis geschaffen, welches das Publikum umschmeichelt. (ce)

In My View – Young Fathers
GB | 2018 | 03 min 23 sec | Regie Jack Whiteley
Ein Cowboy, ein Priester und eine Schale voll Blut. Klingt nach dem Beginn eines makabren Witzes, doch mit diesen Zutaten erschafft Jack Whiteley eine zugleich verstörende und hinreißende Szenerie mit ausdrucksstarken Bildern, die ihre Wirkung aus der statischen Präsentation ziehen. Die dadurch erzeugte Spannung hält bis zum Schluss und lässt die ZuseherInnen fast an dem immer wieder aufkeimenden Willen, das Gezeigte sinngemäß zu verknüpfen, verzweifeln. (ce)

Copyshop – Romano
DE | 2017 | 10 min 43 sec | Österreich-Premiere | Regie Jakob Grunert
Der Berliner Rapper Romano nutzt seine vergangenen Erlebnisse im Sektor der Fluktuationsjobs, um einen Kommentar rund um den Verlust von Originalität zu spinnen. Er begibt sich dazu nach Hongkong, um durch die engen, von Menschen und Fahrzeugen überschwemmten Straßen zu spazieren und seinem lockeren, chilligen Rap-Stil eine bildliche Antithese entgegenzusetzen. Vom High an Informationsüberfluss bis zum Come-Down in dem abendlichen pendlerverlassenen Moloch. (ce)

Jenny GoGo – Xiu Xiu
RU | 2017 | 03 min 56 sec | Österreich-Premiere | Regie emp.bikutoru
Vorab: EpileptikerInnen sollten wohl einen großen Bogen um die Visualisierung dieses Stücks von Xiu Xiu machen. emp.bikutoru spart hier nämlich nicht mit Strobo- und Bild­rauscheffekten, um eine groteske Bildwelt zu schaffen, in der Pinball-Maschinen unentwegt Cash ausspucken, um die elliptisch wiederkehrenden Tänzerinnen anzufeuern. Da täuscht auch die eher naiv-kindliche Aufmachung der Animation kaum über die alptraumähnliche Stimmung hinweg. Ein Sinnesrausch. (ce)

If The Car Beside You Moves Ahead – James Blake
GB | 2018 | 04 min 38 sec | Österreich-Premiere | Regie Alexander Brown
Mit seinem Video für James Blake transferiert Brown die aus Hollywood bekannte Ästhetik des Late-Night-Drive in das Genre Musikvideo und gibt dem fragmentierten Stück Musik einen hypnotischen visuellen Unterbau, der das Publikum innerhalb weniger Minuten in dieselbe nebulöse Stimmung versetzt wie ein David-Lynch-Film. Eine 1991er Corvette, Blake und die Straße. Effektvoller Minimalismus beweist hier, dass weniger oft mehr ist. (ce)

Blue Light – Kelela
FR, US | 2017 | 03 min 33 sec | Österreich-Premiere | Regie Helmi
Das simple Konzept des Videos lebt von der fesselnden Präsenz der Musikerin, die uns mit detailverliebten Close-ups und einer emotionalen Performance ganz nah an die von ihr besungenen Gefühlsverstrickungen heranführt und daran teilhaben lässt. Der Schnitt und die Auswahl der Bildausschnitte passen sich dabei perfekt dem fluiden Sound des Stücks an und unterstreichen die Fragilität, mit der wohl jede/r von uns schon in den Anfängen einer neuen Beziehung konfrontiert war. (ce)

Roman – Mashrou' Leila
LB | 2017 | 04 min 07 sec | Österreich-Premiere | Regie Jessy Moussallem
Die Regisseurin Jessy Moussallem aus dem Libanon versteht es in diesem Video (für die eigentlich nur aus Männern bestehende Indie-Band Mashrou’ Leila) Erwartungen zuerst zu schüren, um im nächsten Moment gekonnt damit zu brechen. Die anfangs wohl auf ihre traditionelle Kleidung reduzierten Frauen brechen im nächsten Augenblick in performativen Tanz aus, um ihren Gefühlen und der gelebten Freiheit Ausdruck zu ver­leihen. (ce)

Up All Night – Beck
ES, US | 2017 | 04 min 24 sec | Regie CANADA
Die junge Protagonistin dieses Videos schlägt sich mit viel Durchhaltevermögen und Kraft durch eine hedonistische Party-
welt aus schlafwandelnden Gleichaltrigen. Als modernisierte Jeanne d’Arc versucht sie, die bis zum Umfallen konsumierenden Jugendlichen aufzurütteln und alle Hindernisse abzuwehren. Sie merkt jedoch zunehmend, wie schwer es sein kann mit perfekt einstudierten Gewohnheiten zu brechen. (ce)

Supermotor – My name is Fuzzy
CH | 2017 | 02 min 40 sec | Österreich-Premiere | Regie Bastien Bron
Die besungene Liebe zu Automobilen lässt der Schweizer Fuzzy in seinem Video mit der Hilfe von Freunden in eine unterhaltsame Körperlichkeit übersetzen. Als unermüdlicher Entdecker begibt er sich also auf kurvige Landstraßen oder gepflegte Alleen und gerät dabei mit seinen Matchbox-Autos auch mal in etwas haarigere Situationen. Mit der Unterstützung seiner Freunde kann er dann aber jede Gefahr abwenden. (ce)

To the Moon and Back – Fever Ray
SE | 2017 | 04 min 18 sec | Österreich-Premiere | Regie Martin Falck
Karin Dreijer von The Knife lässt ihr Alter Ego nach Jahren des Tiefschlafs wieder auferstehen, um in einer neongetränkten Utopie die Marginalisierung der queer-sadomasochistischen Community innerhalb von viereinhalb Minuten einfach so wegzuwischen. Mit kindlicher Neugierde gibt sie sich der Unterwerfung hin und findet prompt auch Spielgefährtinnen, die ihre Rückkehr so locker leicht erscheinen lassen wie der piepsig-erhebende Refrain dieses Ohrwurms. (ce)

Pussy Money Weed – Tommy Cash
EE | 2018 | 03 min 34 sec | Österreich-Premiere | Regie Tommy Cash
Der estnische Rapper Tommy Cash, der sich mit Augenzwinkern auch gern als „Kanye East“ bezeichnet, inszeniert in seinem stylischen Hochglanzvideo Körper und die Persönlichkeiten dahinter, die innerhalb des Mainstreams oft ignoriert oder vergessen werden. Er bedient sich des klassischen Posse-Videos, um zu zeigen, dass Handicaps oft nur im Kopf existieren und das dargestellte Subjekt keineswegs seiner Sinnlichkeit berauben. (ce)

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