Moore als Ein-Mann-Armee
Moore als Ein-Mann-Armee

© Einhorn Film

Filmkritik

"Where to invade next": Moore erforscht den European Way of Life

Weil die US-Militärs im Pentagon derzeit in einer Sinnkrise stecken, verwandelt sich Michael Moore aus reiner Nächstenliebe in eine Ein-Mann-Invasionsarmee und zieht hinaus in die Welt.

02/24/2016, 02:06 PM

Nach dieser Ausgangssituation zu schließen, könnten wir es mit einer bissigen Polit-Satire im Stil von Sacha Baron Cohen zu tun haben. Doch dieser Eindruck trügt: hier ist nicht so sehr Satire als vielmehr Aufklärungsarbeit gefragt. Abgesehen von seiner wuchtigen Figur und einem Sternenbanner hat Moore keine Waffen bei sich – seine Mission besteht darin, das jeweilige Lokalkolorit auf sich wirken zu lassen, die Ohren aufzusperren und Landeskunde zu betreiben, um so Verbesserungsvorschläge für seine Heimat zu sammeln. Pro Land nimmt er sich etwa 10 Filmminuten Zeit und konzentriert sich auf die positiven Dinge, während er eventuelle Schattenseiten erklärtermaßen meist ausklammert.

An Bord der ‚USS Ronald Reagan‘ steuert er zunächst Italien an, das sich ihm wie ein Paradies für Werktätige präsentiert: er spricht mit Privatpersonen und Unternehmern über Arbeitsbedingungen, nicht verfallende Urlaubstage, das 13. Monatsgehalt (gerade das klingt für amerikanische Ohren geradezu utopisch) und Karenzmodalitäten. Lustvolles Fazit: Italiener sind produktiver als Amerikaner, weil sie mehr (bezahlten!) Urlaub und Sex haben. Weitere Ziele sind Frankreich (wo er in Betreff gesunder Ernährung Zeuge kulinarischer Großtaten wird - und das ausgerechnet in einer Schulkantine); Finnland (wo Moore mit der Unterrichtsministerin spricht, die das Geheimnis des guten Schulsystems ausplaudert: keine Hausübungen oder Multiple Choice-Tests); Slowenien (wo der kostenlose Unibesuch das Interesse auf sich zieht); Deutschland (wo gesunde Freizeitgestaltung im Mittelpunkt steht, aber auch die braune Vergangenheit nicht ausgespart bleibt und wie mit ihr im öffentlichen Bewusstsein umgegangen wird); Portugal (wo es um die tolerante Haltung zu Drogen geht); Norwegen (wo der humane Strafvollzug gezeigt wird); Tunesien (wo wir ein Lehrstück in Sachen Revolution und Frauenrechtsbewegung geboten bekommen); Island (wo erneut die Rolle der Frauen im Zentrum steht). Ein Ende findet die Reise an den Überresten der Berliner Mauer, die als hoffnungsstiftendendes Symbol für radikale politische Änderungen dient.

Statt sich wie in „Sicko“ bloß auf ein Thema - das Gesundheitssystem - zu konzentrieren, hat diesmal ein gut gelaunter Moore sein Untersuchungsgebiet wesentlich ausgeweitert und macht bei seinen Landsleuten Werbung für den European Way of Life, der eigentlich – und das ist die zündende Schlusspointe - nur Ideen umsetzt, die bereits einmal in Amerika entwickelt wurden. Auch für Europäer lohnt es sich, mit dem amerikanischen Gast über die Grenzen hinweg in Nachbarländer zu blicken, um möglicherweise überraschende Fakten zu erfahren. 7 von 10 weitgereisten Sternenbannern.

franco schedl

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Michael Moore reist in seiner neuen Doku sozusagen als Ein-Mann-Armee in diverse Länder und entdeckt, dass Europa Lösungen für viele Probleme hat, an denen die amerikanische Gesellschaft seit Jahren krankt.

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