Filmkritik: Hotel Artemis

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Filmkritik

Hotel Artemis: Regelwidriges Gerangel im Gangster-Krankenhaus

Das Regiedebüt von Drehbuchautor Drew Pearce ist ein guter Actionfilm mit einer überambitionierten Detailverliebtheit.

von

Erwin Schotzger
Erwin Schotzger

07/23/2018, 10:30 AM

Los Angeles im Jahr 2028. Die Stadt versinkt im Chaos. Überall rebellieren die Menschen, die Polizei hat alle Hände voll zu tun. Doch das Chaos vor der Tür kann "Die Schwester" (Jodie Foster) nicht erschüttern. Auch wenn die Welt draußen vor die Hunde geht: Im Hotel Artemis gelten Regeln. Regel eins: Nur wer Mitglied ist, kommt rein. Regel zwei: Alle Waffen bleiben draußen. Regel drei: Kein Patient tötet einen anderen Patienten. Regel vier: Wer Probleme mit diesen Regeln hat, bekommt es mit Pfleger Everest (Dave Bautista) zu tun.

 

Luxuriöse Notfallklinik für Kriminelle

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Aber langsam: Das Hotel Artemis ist kein Hotel, sondern eine luxuriöse Klinik für Kriminelle, die medizinische Hilfe benötigen – von einfachen Schussverletzungen bis zur Organtransplantation. Schussverletzungen überwiegen bei weitem, wie die Schwester einmal erwähnt: "Wir sind hier in Amerika." Seit über 20 Jahren leitet sie das Hotel Artemis für den Wolf King (Jeff Goldblum), den unumstrittenen Boss der Unterwelt von Los Angeles. Abgesehen von Pfleger Everest gibt es kein weiteres medizinisches Personal. Unterstützt wird die in die Jahre gekommene Krankenschwester von Hightech-Gerätschaften, mit denen sie jede Operation bewerkstelligen kann. Wir schreiben schließlich das Jahr 2028.

In dieser Nacht kommt aber sogar die Schwester ins Schwitzen. Zuerst taucht Sherman (Sterling K. Brown) mit seinem schwer verletzten Bruder auf. Da der Bruder das Zimmer Honolulu bekommt, heißt Sherman ab nun Waikiki. Denn Namen sind im Hotel Artemis verpönt. Jeder heißt so wie sein Zimmer. Zwei Patienten sind bereits im Hotel: Acapulco (Charlie Day) ist ein Waffenhändler, der förmlich nach Ärger riecht und einfach nicht weiß, wann er am besten die Klappe halten sollte. Bei Nice (Sofia Boutella) wird er sich die Finger verbrennen, so viel ist von Anfang an klar. Ihre Berufsbeschreibung: "I kill important people."

Doch dann steht auch noch der Wolf King höchstpersönlich mit seiner Truppe vor der Tür. Das stresst nicht nur die Schwester, die gerade in dieser Nacht selbst gegen eine der unumstößlichen Regeln des Hotels verstoßen hat. Auch Waikiki hat gute Gründe dem Wolf King aus dem Weg zu gehen.

 

Science-Fiction oder doch eher Actionfilm?

Aus dem Plot von "Hotel Artemis" hätte – noch dazu bei dieser hervorragenden Besetzung – ein packendes, ja sogar kultiges Action-Spektakel werden können. Es hat aber dann doch nur zu einem ganz guten Actionfilm gereicht. Bei seinem Regiedebüt verzettelt sich der Drehbuchautor Drew ("Iron Man 3", "Mission Impossible: Rogue Nation") in einer überambitionierten Detailverliebtheit und unnötigen Show-Effekten anstatt sich mehr auf die Interaktion der Charaktere zu konzentrieren. Das ist schade! Denn die visuelle Welt des "Hotel Artemis" ist durchaus interessant. Aber die Cyberpunk-Welt der Zukunft trägt in diesem Fall kaum etwas zur eigentlichen Geschichte bei. Wahrscheinlich hätte "Hotel Artemis" sogar besser als Film-Noir-Actionfilm in der Gegenwart funktioniert. Das Science-Fiction-Szenario dient nur dazu, immer wieder technologische Spielzeuge in einer düsteren Cyberpunk-Atmosphäre – futuristisch und dennoch heruntergekommen – in Szene zu setzen. Die Detailverliebtheit, die beim Cyberpunk einfach dazu gehört, wirkt daher fehlplatziert und lenkt nur von der viel interessanteren Actionhandlung ab. Die Prioritäten werden auch falsch gesetzt, wenn die Kamera z.B. bei medizinischen Schnitten mit dem Skalpell extra draufhält, aber brutale Kampfszenen in Sekundenbruchteilen abgehandelt werden.

 

Raum für Charakterentwicklung fehlt

Doch der größte Mangel von "Hotel Artemis" ist die sträfliche Vernachlässigung der an sich interessanten Charaktere. Schuld daran sind nicht die hervorragenden Schauspieler, sondern wohl das von Pearce selbst geschriebene Drehbuch. Einzig Jodie Foster bekommt ein wenig mehr Spielraum, um ihre Figur interessant zu entwickeln. Und sie liefert auch eine wunderbare Darstellung der immer leicht gestresst durch die Gänge hoppelnden Krankenschwester. Doch der zweite Hauptdarsteller neben Foster sollte eigentlich Sterling K. Brown sein. Waikiki bekommt aber kaum Raum, um seine immer wieder nur angedeutete Hauptrolle auszufüllen. Auch die wunderschöne und brandgefährliche Nice bleibt zu oberflächlich. Letztlich dient sie nur als sexy Eyecatcher im Action-Showdown. Jeff Goldblum schaut sowieso nur für einen Cameo-Auftritt vorbei (wie schon in "Jurassic World: Fallen Kingdom").

Als Regisseur schafft Pearce es nicht, das volle Potenzial der beachtlichen Schauspielerriege zu nutzen. Doch vor allem führt er als Drehbuchautor die interessanten Figuren nicht schlüssig zusammen. Dieser erzählerische Mangel und der (teilweise) zu starke Fokus auf visuelle Details führen schließlich dazu, dass "Hotel Artemis" wie ein Mosaik wirkt, bei dem das ganze Bild weniger schön anzuschauen ist als die einzelnen Teile.

Doch bei aller Kritik, muss auch festgehalten werden: Letztendlich hat Pearce bei seinem Regiedebüt einen sehr soliden, unterhaltsamen Actionfilm abgeliefert, der 94 Minuten lang keine Langeweile aufkommen lässt.

 

Erwin Schotzger

Im Los Angeles der nahen Zukunft liefern sich Topkriminelle in einem geheimen Krankenhaus einen Showdown der Superlative.

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