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Es war ein bestellter Film. Dazu war ich von der Persönlichkeit des Pfarrers von Ars, den ich nicht kannte, fasziniert. Die Art seines Vorgehens ist vergleichbar mit der, derer Truffaut sich bedient hat - im französischen Film -, als er noch bei der Zeitschrift «Arts» war. Diese Art von Gewalt, von Heftigkeit, verbunden - gleichzeitig - mit einem tyrannischen, etwas verdächtigen Einschlag, dazu aber eine Ehrlichkeit, eine Aufrichtigkeit und berechtigte, beunruhigende Gedanken. Ich bin von dieser Analogie ausgegangen, es stimmt, ich fand das interessant; es gibt immer Erscheinungen, die sich entsprechen. Was nun die Gestaltung des Filmes betrifft, so wollte ich versuchen, mich von der Technik zu befreien. Jacques Demy «Cahiers du Cinéma» Nr. 155/1964 Will man Ars analysieren, so verblüffen von Anfang an Auslassungen, Lücken und Absagen. Traditionellerweise ranken sich um die Figur des Pfarrers von Ars bestimmte Bilder: eine bäuerliche Kindheit in Unwissenheit, eifrige Studien im Priesterseminar, spektakuläre Kasteiungen, Schlangen von Pilgern, die darauf warten, dass er ihnen die Beichte abnimmt; und natürlich Bilder von seinem materiellen, physischen Kampf mit dem Teufel, die aus ihm das Bindeglied zwischen moderner Heiligkeit und der Goldenen Legende des Mittelalters machen. Nichts davon interessiert Demy. Er erzählt hier nicht das Leben eines öffentlichen Mannes, sondern sein spirituelles Abenteuer, wie es sich an den wahrnehmbaren Spuren seines Lebens ablesen lässt: an seinen Predigten und Schriften natürlich, vor allem aber an seinen Gebrauchsgegenständen und Wohnräumen. Man beachte nur, wie der Regisseur die objektive Person, von der er nicht erzählen will, an die beiden Enden des Films verweist. Der Film beginnt und schließt mit derselben statischen Aufnahme des Reliquienschreins, in dem der mumifizierte Leib des Heiligen ruht. Über diesem Bild des materiellen Körpers des Mannes, der den Blicken aller preisgegeben ist, erzählt der Sprecher, welchen Platz der Pfarrer von Ars in der offiziellen Erinnerung einnimmt. Über der ersten Einstellung werden wir über seinen Zivilstand, seine Lebensdaten und die posthume Anerkennung durch seine Heiligsprechung unterrichtet. Über der letzten erfahren wir von der Restitution an die Kirche dieses Mannes, dessen spirituellen Werdegang Demy nachgestaltet oder vielleicht auch erfunden hat. Der Filmemacher mag am Filmende den Mann der Institution zurückerstatten, das letzte Wort gibt er allerdings Gott, und ich kenne nur wenige Filme, die ebenso stark von einem sakralen Gefühl durchdrungen sind wie dieser. Jean Pierre Berthomé «Jacques Demy et les racines du rêve», 1982

(Text: Viennale 2006)

IMDb: 6.4

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