Aus dem Zeitalter des Übermuts (Dichtung und Wahrheit)

D, 1994

FilmAvantgarde

Min.80

Lyrischer Film, der, in Anlehnung an Goethes Darstellung seiner Jugendjahre, einer Geisteshaltung zum Ausdruck verhelfen möchte, in der das zum autonomen Beobachter erhöhte Individuum die Welt als eine Art Jahrmarkt betrachtet, der vor allem dazu dient, die eigene Wahrnehmungsfähigkeit zu versorgen. Diese Weltansicht begann mit Baudelaire und Rimbaud, verfeinerte sich bei den Snobs der Jahrhundertwende zur Lebensart und wurde durch die Beatniks zu voller Blüte gebracht, um sich gleich danach in der Hippiebewegung zu Tode zu vulgarisieren. Es ist klar, dass Wichtiges da beginnt, wo sich die Hülle um den Begriff des «Dieser da» auflöst und beim Betrachten etwas entsteht, das eine Mixtur aus dem «Ich selbst» des Betrachters und dem «Ich selbst» des Filmmachers ist. Und das geht weit über den netten Satz hinaus, dass man sich bei einer gewissen Bereitwilligkeit als Zuschauer in dem Produkt zum Teil wiederentdecken kann. Tatsächlich findet eine Art Kannibalismus statt, bei der man als Betrachter das Produkt sozusagen frisst und damit beginnt, die Ansichten des Autors für die eigenen zu halten, um ihn sich schließlich ganz einzuverleiben. Gelingt einem das mühelos von Anfang bis Ende, so redet man von gut gemachtem Schund. Interessant ist der Zwischenbereich, dort wo sich die Fremdheit aufzulösen beginnt, andererseits aber die Einverleibung noch nicht vollständig ist. Dieser Bereich ist nicht nur abhängig von der Struktur des Produktes, sondern auch von der des Betrachters. Banal ist die Feststellung, dass man fressen können muss, um sich etwas einzuverleiben; geheimnisvoller ist der Respekt vor der anderen Grenze. Dort geht es um das Erkennen, dass da etwas ist, was nicht die eigene Ansicht ist, ein Bereich von Fremdheit, den man nicht einfach verschlingen und zum Teil seiner selbst machen kann. Die Fähigkeit, beim Auftauchen einer solchen Fremdheit über die primären Ablehnungs- oder Abwertungsreflexe hinauszugehen, macht den akzeptablen Betrachter aus. Ohne ihn gibt es kein Kunstwerk. (Klaus Wyborny) Nicht erst seit unsere ernsten Dichter den Bereich der unfreiwilligen Komik so exklusiv besetzt halten, siedelt sich die eigentliche Intelligenz dort an, wo sie über sich selbst lachen kann. Zwei weiße Matrosen sitzen an den Gestaden Afrikas und deklamieren: «Ja, sieben Jahre haben wir die Ozeane befahren, seekranke Seemänner auf seegängigem Schiff, aber gesehen gesehen haben wir nichts.» In den Bildern dazu die Wahrheit einer verbrauchten Welt. (Heinz Emigholz)

IMDb: 6.7

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