Otto Jaus in "Hals über Kopf"

Otto Jaus in "Hals über Kopf"

© Aichholzer Film/Ioan Gavriel

Filmkritiken

"Hals über Kopf": Wenn die reiche Tochter mit dem Wiener Strizzi

Die neue Komödie von Andreas Schmied ist harmlos, aber kurzweilige Unterhaltung mit hohem Tempo und einem hervorragenden Otto Jaus.

von

Manuel Simbürger
Manuel Simbürger

04/09/2024, 07:55 AM

Dass der österreichische Film nicht nur düster, depressiv und übertrieben-selbstverliebt artsy sein kann, bewiesen in den letzten Monaten unter anderem "Love Machine 2" und "Griechenland" (beide bezeichnenderweise mit Thomas Stipsits in der Hauptrolle) eindrucksvoll und höchst unterhaltsam bewiesen haben. Hier gliedert sich auch "Hals über Kopf" ein, der neue Film von Andreas Schmied (der auch für beide "Love Machine"-Teile verantwortlich zeichnete), der Pizzera & Jaus-Star Otto Jaus in seiner ersten Kinohauptrolle zeigt.

Die Erwartungen sind also groß, das Interesse sowieso, denn wenn Jaus schon auf der Konzertbühne als larger-than-life-Retter des Austropops erscheint, wie muss er dann erst auf der großen Kinoleinwand wirken?

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"Hals über Kopf": Darum geht's

Die Story der Gaunerkomödie ist genauso rasant erzählt, wie Schmied und sein Cast durch den Film flitzen: Die reiche, verwöhnte, aber auch eigenständig denkende Ella (Miriam Fussenegger) haut von ihrer eigenen Hochzeitsfeier ab, weil ihr Nun-Doch-Nicht-Göttergatte "a korruptes Oaschloch" ist. Mit dabei hat sie einen Datenstick, dessen Inhalt beweisen soll, dass ihr Vater, der einflussreiche Banker Eduard Lannau (August Zirner), der in einen Korruptionsskandal verwickelt ist, unschuldig ist (und Ellas Verlobter anscheinend schuldig, so ganz wird das nicht klar). 

Ella versteckt sich in einem Bantley, der zufälligerweise vom charmanten Kleinganoven Ritchie Javotnik (Otto Jaus) geklaut wird. Ella wird zum unabsichtlichen Entführungsopfer, was sie aber gleich zu ihren Nutzen – und mit viel Widerwillen von Ritchie – zu gebrauchen weiß. Schon bald sind dem ungleichen Pärchen die Polizei (Ulrike Beimpoldt, Patrick Seletzky), Ellas Familie und Richies Ganoven-Gegner (allen voran Jürgen Maurer als "Onkel Siggi") auf den Fersen ...

Österreichische Screwball-Comedy

"Hals über Kopf" orientiert sich eindeutig an den klassischen Screwball-Comedies der 1930er- und 40er-Jahre, auch wenn der Film niemals ganz dessen Charme und Witz erreicht. Was nicht heißt, dass Schmieds Neuling ein Reinfall geworden ist, ganz im Gegenteil: Die rasanten Ping-Pong-Dialoge werden dem Publikum um die Ohren gehauen, die Slaptsick-Szenen sitzen, die Action ist für heimische Verhältnisse sehr okay, die Charaktere haben (wenn auch klischeehaft) großen Wiedererkennungswert und die zahlreichen Verwechslungen sorgen für ein kurzweiliges Vergnügen.

Apropos: Im Stil des Genres ergibt natürlich eine Verwechslung die andere, manche mehr vorhersehbar als andere, und bald ist niemand und nichts mehr so, wie es (oder er/sie) zu sein scheint – zumindest für die Figuren im Film. Denn das Publikum hat in keiner Minute Mühe, der locker-flockigen Handlung zu folgen, sodass auch das eine oder andere Plothole nicht verborgen bleibt.

Aber auch hier heißt's wieder: Schon alles okay so, denn "Hals über Kopf" stellt gar keine andere Anforderung als die eines vergnüglichen Kinoabends, bei dem entspannen und nicht allzu viel nachdenken muss. "Vordergründig möchte der Film unteralten, Menschen aus ihrem tristen Alltag herausreißen und ihnen Freude bereiten", betont auch Jaus im film.at-Interview. "'Hals über Kopf' ist und bleibt eine Komödie."

Message zwischen all dem Humor

Wer das analysieren dann aber doch nicht lassen kann, der wird schnell erkennen, dass "Hals über Kopf" eine bissige Kritik gegen die oberen Zehntausend, der skrupellosen High Society ist. "Korruption ist überall", teilt uns Schmied (der auch das Drehbuch schrieb) mit einem verschmitzten und leicht verdaulichen Augenzwinkern mit. Die Bankiers sind moralisch nicht den Ganoven überlegen, umgekehrt aber auch nicht. Wie's ausgeht, kann sich der/die Zuseher:in von Beginn an denken. Aber "in Hals über Kopf" steht auch nicht das Finale (oder überraschende Twists) im Fokus, sondern der Weg, der auch hier wieder mal das Ziel ist.

Otto Jaus: Neuer Comedy-Leading-Man?

Auf diesem Weg begleitet uns ein höchst spielfreudiger Cast, unter dem besonders Ulrike Beimpoldt (großartig wie immer!), Jürgen Maurer, Ali Salman (als Richies Cousin Erkan Güner) – und ja, auch Otto Jaus. Zugegeben, Jaus präsentiert das, was wir schon von ihm kennen und was er auch am besten kann: den sympathisch-charmanten Strizzi und Wiener Proleten, der vielleicht nicht die hellste Kerze auf der Torte ist, aber dafür das Herz am rechten Fleck hat, wenn's drauf ankommt.

Gemeinsam mit Michael Ostrowski ist Jaus jener Schauspieler der heimischen Branche, die den eigenen Dialekt zu ihrer Marke machen und diesen höchst authentisch auf die Leinwand transportieren. Jaus trägt diesen Film, mitsamt der nicht immer ganz geglückten Dialoge, dank herrlicher Selbstironie, perfektes Timing für Pointen sowie vollem Körpereinsatz. Mit "Hals über Kopf" könnte sich Otto Jaus als Komödien-Leading-Man des österreichischen Films etablieren.

Der zweite Film folgt eh schon im Oktober dieses Jahres: "Pulled Pork", diesmal wieder mit Lebensspezi Paul Pizzera an seiner Seite – und wieder mit Andreas Schmied im Regiestuhl. Vielleicht schlägt der heimische Film nun endgültig die bitter benötigte Mainstream-Richtung ein ...

3 von 5 Sternen

"Hals über Kopf" ist auf Canal+, Magenta TV und Prime Video (nicht im Abo enthalten) zu sehen. Hier geht's zum Film!

 

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