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Filmkritik

"Midsommar" - Tödliche Folklore in Schweden

Nach dem großen Erfolg von "Hereditary" liefert Ari Aster sein nächstes Horror-Meisterwerk ab.

von Oezguer Anil

09/23/2019, 10:59 AM

Für seinen zweiten Langfilm hat sich der gebürtige New Yorker Ari Aster unverkennbar durch den klassischen britischen GruselstreifenThe Wicker Man“ von 1973 inspirieren lassen. Ein Polizist stellt dort auf einer abgelegenen schottischen Insel Nachforschungen über ein vermisstes Mädchen an und wird immer stärker in einen heidnischen Fruchtbarkeitskult hineingezogen, dem er schließlich auch zum Opfer fällt. Für Christopher Lee als Inselherrscher Lord Summerisle war das erklärtermaßen seine Lieblingsrolle. Der Film - eine Art Horror-Musical -  erlangte bald Kultcharakter, doch leider wagte sich 2006 der Amerikaner Neil LaBute an ein Remake mit Nicholas Cage heran, das fürchterlich gescheitert ist.

Bizarre Rituale

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Aster macht seine Sache nun hoffentlich besser; dass er etwas von intelligentem Horror versteht, hat er uns ja bereits mit „Hereditary“ bewiesen.  Für „Midsommar“ verlegte er die Handlung von Schottland nach Skandinavien, doch ländliche Folklore, die extrem unheimlich und absolut tödlich sein kann, steht auch hier im Mittelpunkt. Florence Pugh (bestens in Erinnerung durch eine beeindruckende „Lady Macbeth“) spielt eine junge amerikanische Psychologiestudentin, in deren Leben gerade alles schiefläuft und deren Nerven blank liegen. Ihr Freund, ein Anthropologe, kann sie zu einer gemeinsamen Reise nach Schweden überreden, wo sie in einer naturbelassenen Siedlung mitten im Grünen an den Feierlichkeiten anlässlich der Sommersonnenwende teilnehmen wollen. Allmählich finden sie und die anderen Gäste heraus, dass die speziellen Traditionen der kommunenartigen Gemeinde sehr bizarre Rituale aufweisen.

Perfektionist

Obwohl „Midsommar“ erst der zweite Film des 33 jährigen Regisseurs ist, beherrscht er sein Handwerk perfekt. Statt der üblichen erzählerischen Kniffe mit den gewohnten Kameraeinstellungen greift Aster zu einer reduzierten Bildsprache und baut die Spannung in den Plansequenzen lange auf, bevor er in eine neue Szene schneidet. Schon bevor die Protagonisten hinter die Fassade der eigenartigen Kommune blicken, ergreift einem als Zuseher ein mulmiges Gefühl, das man nicht genau benennen kann. Dieser psychologische Horror macht „Midsommar“ zu einem Juwel in einer Masse an eintönigen Gruselfilmen ohne Tiefgang.

Wunderschön

Große Teile des knapp 10 Millionen Dollar Budgets flossen offensichtlich ins umwerfende Szenenbild. Das Team rund um Csaba Lodi und Henrik Svensson erweckt die schwedische Idylle mit ihren Wandmalereien und ihren großflächig angelegten Sommerhausfassden eindrucksvoll zum Leben. Die Architektur harmoniert perfekt mit den minutiös geplanten Bewegungen der Schauspieler und bildet mit der sorgfältigen Kameraarbeit ein visuelles Spektakel, das auf diese Art und Weise im heutigen amerikanischen Kino kaum noch vorhanden ist. Die Cinephilie des Regisseurs und Drehbuchautors liegt hier klar auf der Hand und es ist wenig überraschend, das Ingmar Bergmann und Michael Haneke zu seinen großen Vorbildern zählen.

Großes Potenzial

Ari Aster schafft es, persönliche Dramen mit Horrorelementen in Einklagen zu bringen ohne dabei die Glaubwürdigkeit seiner Figuren einzubüßen. Der junge Filmemacher spielt gekonnt mit Genrekonventionen und bringt sein Publikum an den scheinbar unpassendsten Stellen zum Lachen. Ein außergewöhnliches Regietalent, von dem wir sicherlich noch einiges hören werden.

Nach seinem Erstling "Hereditary" liefert Ari Aster nun als düsteres Kinomärchen eine "Wicker Man"-Hommage ab.

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