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Serien-Review

"Game of Thrones": Cersei ist am Zug

Serien-Review: Nach dieser ereignisreichen Episode stehen die Zeichen auf kompromisslosen Krieg gegen Cersei.

von

Erwin Schotzger
Erwin Schotzger

05/06/2019, 11:33 AM

Die große Schlacht von Winterfell ist geschlagen. Nun ist, ob der schweren Verluste, zunächst einmal Trauer und Abschied auf der Tagesordnung. Doch dann, nachdem die große Gefahr aus dem Norden verschwunden ist, steht wieder das irdische Gerangel, um den Eisernen Thron von Westeros im Mittelpunkt. Diese Entwicklung wird von vielen als ziemliche Abweichung von den Büchern interpretiert und stößt daher nicht bei allen Fans auf Zuspruch. Diesmal ist aber von Ruhe vor dem Sturm nichts zu bemerken, denn in dieser Episode ist einiges los.

 

Doch bevor wir uns den Intrigen in den Sieben Königslanden widmen: SPOILER-ALARM! Wer "The Last of the Starks", die vierte Episode der finalen Staffel, noch nicht gesehen hat, sei vor verräterischen Handlungsdetails gewarnt.

 

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Trauer und Freude in Winterfell

Der Night King und seine Horden sind geschlagen und die apokalyptische Gefahr aus dem Norden ist gebannt. Doch bevor sich Daenerys und Jon Snow ihrer nächsten großen Herausforderung im Süden zuwenden, heißt es erst einmal trauern und feiern.

Vor Winterfell werden die Gefallenen verbrannt. Das ist wohl zunächst einmal der Masse an Toten geschuldet, aber wohl auch ein wenig als Vorsichtsmaßnahme zu sehen. Der Night King ist tot, aber sicher ist sicher.

Nach der Bestattungszeremonie wird in den Hallen von Winterfell der Sieg gefeiert. Dabei versteht es "Game of Thrones" wie schon in den ersten beiden Episoden hervorragend, die Emotionalität zu aktivieren, die in der Historie der Charakterbeziehungen liegt.

 

Gendry, The Hound und Arya

Zuerst ist Gendry dran. Er wird vor versammelter Mannschaft in den Adelsstand erhoben und erhält die Ländereien seines Vaters. Der frisch gebackene Lord Baratheon von Storm's End eilt sofort zu Arya, um ihr einen Heiratsantrag zu machen. Gendry, oh Gendry! Netter Versuch, aber die – immerhin behutsame – Ablehnung war vorprogrammiert: "Ich bin keine Lady", antwortet Aryia auf seinen naiven Antrag.

Später wird sie sich gemeinsam mit dem wortkargen "Hound" aufmachen in Richtung King's Landing. Dort haben beide noch eine Rechnung offen, auf deren Begleichung wir uns jetzt schon freuen! Fast vermessen ist allerdings, anzunehmen, Arya werde nun auch Cersei zu Fall bringen. Aber ausschließen kann man es auch nicht.

Auf die andere Konfrontation zwischen "The Hound" und seinem Zombie-Bruder "The Mountain" sind wir aber auch mehr als gespannt.

 

Jaime Lannister und Brienne von Tarth

Ziemlich viel tut sich in dieser Episode auch bei Brienne. Der weibliche Ritter spielt Trinkspiele mit den Lannister-Brüdern. Dabei kommt heraus, dass die schroffe Brienne ihre Jungfräulichkeit noch nicht verloren hat. Ihr ist das peinlich. Jaime nutz die Gelegenheit – sehr zum Missfallen des vollkommen in die blonde Kämpferin verschossenen Tormund Giantsbane. Es ist fast eine Comedy-Einlage als der heulende Tormund endgültig erkennt, dass er bei Brienne keine Chance hat. The Hound ist wohl nicht der richtige Ansprechpartner bei gebrochenen Herzen. Aber zum Glück findet Tormund schnell Trost in verständnisvollen Frauenarmen.

Jaime und Brienne scheinen danach regelmäßig das Bett zu teilen. Tyrion genießt es Witze über seinen Bruder und das Besteigen größerer Frauen zu machen. Wie könnte es anders sein. Und auch Brienne scheint in dieser Beziehung endlich glücklich.

Nur Jaime Lannister kann anscheinend auf Dauer nicht glücklich sein. Es ist wie der Rückfall eines Drogen-Junkies: Er verlässt Brienne in Richtung King's Landing, um die letzten Tage mit seiner Schwester und Geliebten zu verbringen. Bevor er Brienne zurücklässt, zählt er ihr noch seine unverzeihlichen Schandtaten auf, angefangen vom Fenstersturz des jungen Bran Stark. Schade! Wir hatten sie beinahe vergessen.

Als es um Leben oder Tod ging, entschied er sich für das Leben. Doch wenn es im Leben um Glück oder Unglück geht, wählt Jaime das Unglück – gemeinsam mit seiner Schwester. Noch einmal: Schade!

 

Bron

Eine absurde Szene mit Jaime und seinem Bruder Tyrion (bevor Jaime Winterfell in Richtung Süden verlässt) muss noch erwähnt werden: Bron taucht wie aus dem Nichts bei einem privaten Trinkgelage der beiden Lannister-Brüder auf. Mit seinem Kreuzbogen in der Hand, den ihm Cersei für den Mord an ihren verräterischen Brüdern übermittelt hat, spaziert er einfach so in die Gemächer der Lannisters. Tyrion verspricht ihm das Schloss Highgarden als Belohnung. Dann zieht Bron einfach wieder ab. Selten zuvor war eine Szene in "Game of Thrones" so an den Haaren herbeigezogen wie diese. Können die Spione aus King's Landing jetzt auch voll bewaffnet bis zu den Stark-Schwestern vordringen und sie im Schlaf meucheln. Das war wirklich "Lazy Writing" wie man es in "Game of Thrones" eigentlich selten sieht.

 

Gespanntes Verhältnis zwischen Daenerys und Jon

Besorgniserregende Schatten legen sich auf das Verhältnis zwischen Daenerys und Jon Snow. Sie fleht Jon an – ganz untypisch für sie - , das Geheimnis seiner wahren Herkunft zu bewahren. Nur so könnten die beiden zusammenleben und gemeinsam herrschen. Er schwört seiner Königin Treue, will aber sein Geheimnis zumindest Sansa und Arya verraten. Das gefällt Daenerys nicht. Jon tut es trotzdem. Und Daenerys behält Recht: Danach ist das Geheimnis kein Geheimnis mehr, denn in ihrer Skepsis gegenüber der Drachenkönigin verrät es Sansa an Tyrion weiter. Dieser berichtet Varys davon – und damit ist die Herkunft von Jon Snow zu einem Druckmittel in den Intrigen um den Eisernen Thron geworden.

Immer diese moralisch richtigen Entscheidungen von Jon Snow, die sich nachträglich als vollkommen falsch erweisen. Hat Jon Snow eigentlich in "Game of Thrones" auch nur eine einzige dieser selbstgefälligen Entscheidungen getroffen, für die dann nicht andere (oder auch er selber) zahlen mussten? Der Mann wird nicht klüger, was uns seine Kompetenz als König in der Schlangengrube von King's Landing anzweifeln lässt.

 

Tyrion und Varys

Einer der interessantesten Momente in dieser Episode ist das Gespräch der Königsberater Tyrion und Varys. Während die Empfehlungen von Tyrion sich in letzter Zeit immer öfter als – bestenfalls – naive Ratschläge herausstellen, ist Varys voll in seinem Element. Er arbeitet schon wieder an einer Intrige gegen den Herrscher, dem er seine Loyalität geschworen hat.

Seine Loyalität gilt dem Volk, ist Varys bemüht zu betonen, als ihn Tyrion darauf hinweist, dass er über Hochverrat spricht, wenn er sich zugunsten von Jon Snow gegen Daenerys wenden sollte. Tatsächlich gilt die Loyalität von Varys nur ihm selbst. Volk und Reich sind nur ein Vorwand für ihn. Er wechselt die Seiten, sobald sich die Gunst des Windes dreht. Er bevorzugt einfach jene Herrscher, die er besser kontrollieren kann – und da hat er mit der moralischen Manipulierbarkeit von Jon Snow wohl den Jackpot geknackt.

Sollte Varys sein fieses Intrigenspiel tatsächlich durchziehen, brennen wir schon jetzt darauf, dass er dafür endgültig die Rechnung präsentiert bekommt.

 

Auf in die letzte Schlacht

Das letzte Viertel dieser ereignisreichen Episode zeigt einmal mehr wie dumm die Kriegsführung von Daenerys und Jon Snow inzwischen dargestellt wird. Während Jon Snow mit seinen verbliebenen Truppen auf dem Landweg nach Süden zieht, trifft die Flotte von Daenerys wieder in Dragonstone ein, nur um dort von der überlegenen Flotte von Euron Greyjoy überrascht zu werden.

Strategisch fällt es schwer hier nicht an der Unfähigkeit der militärischen Führer von Daenerys zu zweifeln. Hat denn niemand überprüft, ob Dragonstone sicher ist? Kann man die riesige Greyjoy-Flotte überhaupt so einfach übersehen?

Dramaturgisch erfüllt diese Darstellung natürlich den Zweck: Es ist ein echter Schock als der Drache Rhaegal von riesigen Pfeilen durchbohrt wird und ins Meer stürzt. Plötzlich taucht Eurons Flotte auf, jedes Schiff bestückt mit einem riesigen Drachentöter-Kreuzbogen. Euron ist inzwischen schon eine ähnlich überzeichnete Superschurken-Figur wie "Ivar, der Knochenlose" in "Vikings".

Daenerys macht den dümmsten Move, denn man sich vorstellen kann: Sie attackiert die Flotte mit Drogon frontal. Wie dumm ist das denn? Die Schiffe können nicht so schnell wenden wie Daenerys mit ihrem Drachen. Sie bräuchte nur einen Bogen an den Schiffen vorbeifliegen und könnte sie dann ohne Gefahr von der Seite oder von hinten mit Drachenfeuer zerstören. Tut sie aber nicht. Sie flieht stattdessen und lässt Euron mit seiner Flotte ungestraft entkommen, mit Missandei als seine Gefangene (wie hat er sie so schnell aus dem Wasser gefischt?).

Dieser Handlungsverlauf schockiert zwar im Moment, ist aber bei genauer Überlegung ziemlich dämlich und damit ein weiteres Beispiel für "Lazy Writing" in dieser Episode.

Ziemlich vorhersehbar ist dann auch der Tod von Missandei. Jeder routinierte Serien-Seher hat wohl schon auf ihren tragischen Abgang gewettet, spätestens in dem Moment als sie händchenhaltend mit Grey Worm in Dragonstone eingefahren kam und dann gleich gefangengenommen wurde. Ohne das Bild vom händehaltende Pärchen wäre ihr Tod wohl ein wenig überraschender gekommen. Für die Tragik hätte auch der letzte Blick der beiden Verliebten gereicht, kurz bevor "The Mountain" die zauberhafte Missandei enthauptet.

Bei dieser Gelegenheit beweist Tyrion einmal mehr, dass man auf seine Ratschläge nicht (mehr) hören kann, wenn es um seine Schwester geht. Cersei lässt Daenerys und all ihre Berater ziemlich dumm aussehen. Dümmer als es sein müsste.

Die Zeichen stehen nun auf kompromisslosen Krieg. Was sonst?

 

Hier ist noch die kurze Vorschau auf die nächste Episode:

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