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Serien-Review

"Games of Thrones": Der Song von Schutt und Asche

Serien-Review: In der vorletzten, etwas hastigen Episode tritt ein, was viele Fans schon lange vorhergesehen und befürchtet haben.

von

Erwin Schotzger
Erwin Schotzger

05/13/2019, 03:09 PM

In der vorletzten Episode "The Bells" geht alles Schlag auf Schlag. Fast ein wenig zu hastig, wenn man sich an den epischen Erzählstil vergangener Staffeln erinnert: Daenerys hat mit ihrer geliebten Beraterin Missandei den letzten Menschen verloren, der ihr etwas bedeutet hat. Jon Snow hat wieder eine seiner selbstgerechten, moralisch einwandfreien Entscheidungen getroffen – und sich damit auch gegen seine Liebe für Daenerys entschieden. Eine gefährliche Konstellation, die sich hier zusammenbraut. Denn die Drachenkönigin ist nun wild entschlossen King's Landing und Cersei zu Fall zu bringen. Tyrion versucht das Schlimmste zu verhindern.

Doch bevor wir in die letzte Schlacht um King's Landing eintauchen: SPOILER-ALARM! Wer "The Bells", die fünfte Episode der finalen Staffel, noch nicht gesehen hat, sei vor Spaß zerstörenden Details in diesem Episoden-Review gewarnt.

 

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Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Vorsätzen

In Westeros wird Daenerys gefürchtet, nicht geliebt. Das wird ihr immer schmerzlicher bewusst, nachdem sie nach Jorah Mormont nun auch Missandei verloren hat. Als Tyrion mit der Nachricht von einem Verräter zu ihr kommt, ist sie daher nicht überrascht. Es ist nicht Jon Snow, sondern ihr wankelmütiger Berater Lord Varys. Doch wo der Verrat seinen Ursprung hatte, ist Daenerys auch klar.

Der Verrat von Varys hat sich schon letztes Mal angekündigt. Dass er nun so hastig abgehandelt wird, ist man von "Game of Thrones" nicht gewöhnt. Dennoch passt es, dass Varys sich an Jon Snow wendet. Er legt dem wahren Erben des Eisernen Thrones den Verrat an seiner Königin nahe. Dass dieser ablehnt, hätte er aber wissen müssen. Denn wenn Varys und Jon Snow etwas verbindet, dann ihre moralische Selbstgefälligkeit. Immer meinen sie, das Richtige tun zu müssen. Oder das, was sie dafür halten - ohne Rücksicht auf Verluste für sich und andere.

Wenn beide meinen, das Richtige zu tun, warum tun sie dann nichts, um die Königin zu unterstützen, der beide Treue geschworen haben? Lord Varys verbreitet im ganzen Land die Kunde von der wahren Herkunft des vermeintlichen Bastards Jon Snow. Wem soll das nützen? Der unschuldigen Bevölkerung und dem Frieden im Reich sicherlich nicht. Varys, der Heuchler, zahlt dafür mit seinem Tod in Drogons Drachenfeuer.

Jon Snow ist an dieser verfahrenen Situation nicht ganz unschuldig. Hätte er nicht gegenüber seinen Schwestern einmal die Klappe halten können? Einmal seine hehren Grundsätze hintanstellen können? Doch nun lässt er seine Königin und einstige Geliebte auch noch alleine mit ihrem Leid. Jon versichert Daenerys zwar seiner Liebe, aber als sie ihn küssen will, ist schnell klar, dass er nicht über seinen Schatten springen kann. Mit der Liebe – so wie es sich Daenerys vorstellt – ist es vorbei.

Es ist wohl dieser Moment, in dem sich Daenerys entscheidet, King's Landing in Schutt und Asche zu legen. Nicht Liebe, sondern Furcht ist die Basis ihrer Herrschaft in Westeros. Wohl auch die Basis jeder Herrschaft in Westeros, ganz besonders, wenn sie vom Eisernen Thron ausgeht.

 

Tyrion, der einzig wahre Held

Einzig und allein Tyrion setzt konstruktive Schritte, um eine sich abzeichnende Katastrophe zu verhindern und dabei seine Königin nicht zu verraten. Seine Ratschläge waren in letzter Zeit alles andere als Gold wert. Aber diesmal versucht er tatsächlich alles in die Wege zu leiten, um die sinnlose Zerstörung von King's Landing zu verhindern. Freilich gehört dazu auch die Befreiung seines Bruders Jaime, der auf der Flucht zurück nach King's Landing gefangen genommen wurde. Damit riskiert er sein Leben. Sein Plan sieht die Kapitulation der Stadt und die Flucht seiner Geschwister vor. Jaime ist skeptisch, ob er Cersei dazu bewegen kann, aber er wird es versuchen.

Danach trennen sich die Wege der Brüder für immer. Es ist ein emotionaler und würdiger Abschied.

 

Die letzte Schlacht um den Eisernen Thron

Dann geht die letzte Schlacht los. Vor der Hauptstadt beziehen die Truppen von Jon Snow sowie die Reste der Dothraki und Unsullied ihre Stellungen. Zwischen ihnen und den Toren der Stadt positionieren sich die eingekauften Söldner, die Golden Company. Zum Meer hin sichert die Greyjoy-Flotte die Stadt. Auf den Türmen der Stadt und den Schiffen der Flotte prangen zahlreiche Drachentöter-Kreuzbögen, die auf Daenerys und ihren letzten Drachen warten.

Die Spannung ist förmlich sichtbar!

Und dann greifen Daenerys und Drogon an.

Aus heiterem Himmel stößt sie auf Euron Greyjoys Schiffe herab. Diesmal attackiert sie nicht frontal, sondern bleibt in Bewegung.

Es dauert nicht lange bis die gesamte Flotte brennt. Drogon bekommt keinen Kratzer ab, obwohl es gegen dutzende Schiffe mit Drachentöter-Kreuzbögen geht. Diese Attacke würde nicht ganz so unglaubwürdig wirken, wenn nicht in der vorhergehenden Episode eben diese Flotte einen vernichtenden Schlag gegen Daenerys geführt hätte. Ok, Euron hatte das letzte Mal das Überraschungsmoment auf seiner Seite. Ja, Daenerys war beim ersten Angriff geschockt und hat wohl die Nerven verloren. Nur diesem Umstand ist wohl zu verdanken, dass Eurons Flotte nicht schon das letzte Mal vernichtet wurde.

Trotzdem wirkt die ganze Attacke mit nur einem Drachen gegen ziemlich viele Kreuzbögen ein wenig hastig umgesetzt. In Windeseile vernichtet Daenerys mit ihrem Drachen die gesamte Verteidigung von King's Landing und fällt der Golden Company auf der Landseite in den Rücken. Genauso schockierend, aber wesentlich glaubwürdiger, wäre es gewesen, wenn der Drache Rhaegal diesmal und nicht schon letztes Mal vom Himmel geschossen worden wäre.

Die Stadtmauer ist gefallen. Die Truppen stürmen die Stadt. Cersei hat sich im "Red Keep" verschanzt. Die turmhohe Festung inmitten von King's Landing wurde vom Haus Targaryen erbaut und ist seither der Sitz Könige der Sieben Königslande und der Standort des Eisernen Thrones. Sämtliche Verteidigungsanlagen sind zerstört. Mitten in der Stadt, auf halbem Weg in Richtung "Red Keep", stehen sich die Truppen von Cersei und ihren Gegnern gegenüber. Doch die Verteidiger der Stadt ergeben sich als Daenerys mit Drogon vor ihnen auf einem Haus landet.

"Läutet die Glocken", rufen die Menschen durch die ganze Stadt.

 

Daenerys wählt die Furcht

Die Kamera zeigt uns die Gesichter von Daenerys und Cersei. Das Warten auf die Glocken der Kapitualtion fühlt sich wie eine kleine Ewigkeit an. Und dann ist es endlich soweit. Die Glocken läuten, die Stadt kapituliert.

Doch in diesem Moment entscheidet Daenerys, dass ihr Kapitulation nicht reicht. Sie will Rache. Mit Drogon hebt sie wieder ab und beginnt die gesamte Stadt in Schutt und Asche zu legen. Nein, sie fliegt nicht nur auf die Festung zu, um etwa Cersei zu töten. Sie lässt keinen Stein auf dem anderen. Und die Dothraki und Unsullied tun es ihr gleich.

Jon Snow ist wieder einmal fassungslos, so als ob er nicht gewarnt worden wäre. Er kann seine eigenen Leute nicht mehr zurückhalten. Erst als es in der Stadt zu gefährlich wird, weil alles dem Drachenfeuer zum Opfer fällt und die Gebäude nacheinander einstürzen, beginnt der Rückzug aus der Stadt.

Wieder eine epische Schlacht

Die Schlacht ist episch, keine Frage! Die Qualität der Umsetzung und des Storytellings ist bei "Game of Thrones" im Vergleich mit vielen anderen TV-Serien bis zuletzt erstaunlich gut. Es ist also Jammern auf hohem Niveau, aber dennoch: Die gesamte Episode hinterlässt (wie auch schon die Folge davor) den bitteren Beigeschmack, dass hier (nicht alles, aber) vieles im erhöhten Tempo abgeschlossen werden muss.

Doch nicht alles ist so hastig inszeniert wie die Schlacht um King's Landing (das war übrigens auch schon bei der ersten Schlacht so als Tyrion noch auf Seiten der Verteidiger stand).

Die Geschichten der Charaktere werden durchaus zufriedenstellend zum Abschluss gebracht.

 

Der letzte Kampf von Sandor Clegane

Sandor "The Hound" Clegane schafft es gemeinsam mit Arya noch in die Stadt bevor die Tore geschlossen werden. Als sie beim "Red Keep" ankommen, beginnt die Festung schon unter den Attacken von Drogon einzustürzen. "The Hound" kann Arya davon überzeugen, dass ihr Rachefeldzug hier zu Ende ist. Hier wartet nur der Tod auf sie. Zum Glück hört sie auf ihn. Es ist ein gelungener Abschluss des Weges, den die beiden miteinander gegangen sind. Beim emotionalen Abschied nennt sie ihn bei seinem echten Namen. Dann eilt er weiter, seinem sicheren Tod entgegen.

Der lange erwartete Showdown mit seinem Bruder Gregor "The Mountain" Clegane enttäuscht nicht: Sandor trifft ihn auf einer Treppe in Gesellschaft von Cersei und Qyburn. Im Angesicht seines Bruders verweigert "The Mountain" seiner Königin erstmals den Gehorsam. Als ihn Qyburn ermahnt, bezahlt er es mit seinem Leben. Cersei sieht ein, dass ihre Befehlsgewalt hier endet und sucht das Weite. Die beiden Brüder sterben kämpfend in den Trümmern der einstürzenden Festung.

 

Das einsame Ende von Cersei und Jaime Lannister

Cersei irrt verzweifelt durch die Ruinen ihrer Herrschaft. Sie kann nicht fassen, dass sie endgültig am Ende ist. Bei all der Grausamkeiten, die im Laufe von "Game of Thrones" auf ihre Kappe gehen, hätte sie einen schmachvollen Tod verdient. Doch Mitten im Chaos trifft sie ihren Bruder und Liebhaber Jaime, zuvor schwer verwundet in einem Kampf mit Euron Greyjoy (ein eher unnötiges Intermezzo – aber ja: Euron hat offenbar auch das Zeitliche gesegnet). Der Fluchtweg, für den Tyrion gesorgt hatte, ist durch Trümmer versperrt.

Die inzestuösen Lannister-Zwillinge sind in den Katakomben unter dem Eisernen Thron am Ende ihrer Reise angelangt.

"Ich will, dass unser Baby lebt, bitte Jaime, lass mich nicht sterben. Ich will nicht sterben, nicht so", heult Cersei ihren Bruder an. Vielleicht hätte sie sich darauf früher besinnen und ihre Rachsucht und Machtgier unterdrücken sollen. Nun ist es zu spät. "Nichts ist von Bedeutung, nur wir!", beruhigt sie Jaime, während die Katakomben rund um sie herum einstürzen. Gelebter Narzissmus bis zum letzten Atemzug.

Cersei steht zwar am Ende wortwörtlich vor den Trümmern ihres intriganten Lebens. Doch wenn man ihre Gräueltaten bedenkt, bekommt sie ein sehr versöhnliches Ende mit dem einzigen Menschen, den sie wirklich geliebt hat.

 

Arya, die neue "Königsmörderin"?

Interessant ist der Handlungsstrang von Arya in dieser Episode. Sie zieht ihre Rache nicht bis zum bitteren Ende durch. Allerdings ist sie im Zentrum des Feuersturms, den Drogon auslöst. Wir sehen die Attacken von Daenerys diesmal nicht aus ihrer Perspektive, sondern aus der Sicht der unzähligen Opfer auf dem Boden, Arya ist eines davon. Sie wird niedergetrampelt, von Dothraki-Kriegern verfolgt (das sie so einfach davonkommt, ist wieder ein wenig schlampig umgesetzt) und scheitert dabei, eine Mutter und ihre Tochter zu retten. Schließlich wird sie von herabfallenden Trümmern getroffen. Aber sie überlebt.

Als sie am Schluss aufwacht, ist King's Landing ein Trümmerfeld. Sie reitet auf einem Schimmel aus der zerstörten Stadt, in der sie unzählige Bewohner sterben gesehen hat.

Auf ihrer Todesliste steht jetzt wohl ein neuer und nur noch ein einziger Name!

 

Die Fans hatten wieder recht

Die Entwicklung der vorletzten Episode gibt den Fans einmal mehr recht. Sie haben es schon lange vorhergesagt, dass Daenerys Targaryen in die Fußstapfen ihres Vaters, des "Mad King", treten wird. Auch die Theorie, dass Arya letztendlich Daenerys töten wird, ist in Fan-Kreisen nicht unbekannt.

Sicher ist jedenfalls, dass das letzte Match in "Game of Thrones" lauten wird: Stark vs. Targaryen!

Und eines wagen wir schon jetzt vorherzusagen: Jon Snow wird wieder eine ziemlich dämliche Entscheidung fällen, deren Konsequenzen dann Sansa und Arya ausbügeln müssen, diesmal wohl endgültig.

 

Wer beim Massaker von King's Landing ums Leben kam:

Lord Varys: Er stirbt nach seinem Verrat an Daenerys im Drachenfeuer.

Euron Greyjoy: Jaime Lannister lässt ihn von seinem Schwert durchbohrt am Strand zurück.

Meister Qyburn: Die hinterhältige Hand der Königin Cersei wird von "The Mountain" zerschmettert.

Sandor "The Hound" Clegane und sein Bruder Gregor "The Mountain" Clegane töten einander: Sie werden kämpfend von den Trümmern der einstürzenden Festung in die Tiefe gerissen.

Jaime und Cersei Lannister werden in den Katakomben der "Red Keep" von den Trümmern der einstürzenden Festung erschlagen.

Abgesehen von diesen zentralen Charakteren werden auch die Lannister-Armee, die Söldner der Golden Company und die Flotte von Euron Greyjoy vernichtet. Darüber hinaus fällt auch ein Großteil der Bevölkerung von King's Landing der Attacke von Daenerys zum Opfer.

 

In der Vorschau auf die sechste und letzte Episode von "Game of Thrones" wandern Daenerys und Tyrion durch die Trümmer von King's Landing:

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