Serien-Review - Star Trek: Picard, Staffel 1, Episode 06

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Serien-Review

"Star Trek: Picard": Zusammentreffen auf dem Borg-Kubus

Serien-Review: In dieser spannenden Episode treffen Jean-Luc Picard und Soji endlich aufeinander und müssen gleich wieder vor den Romulanern fliehen.

von

Erwin Schotzger
Erwin Schotzger

03/02/2020, 12:04 PM

In der sechsten Episode von "Star Trek: Picard" mit dem Titel "Die geheimnisvolle Box" (OT: "The Impossible Box") treffen Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) und Soji (Isa Briones) endlich aufeinander. Das Tempo der Episode ist erneut recht hoch, nachdem sich die Serie in der ersten Hälfte sehr viel Zeit gelassen hat. Dadurch wirkt so manche Entwicklung ein wenig überhastet, zumindest im Vergleich zur langsamen Entwicklung zuvor. Aber das Rätsel rund um Soji beginnt sich aufzulösen und diese Episode bringt die Geschichte voran. Bis zum Finale haben wir nur noch vier Episoden. Am Ende der ersten Staffel ist daher wohl ein massiver Cliffhanger zu erwarten. Denn der US-Sender CBS hat die zweite Staffel bekanntlich schon in Auftrag gegeben.

SPOILER-ALARM! Wer die Episode "Die geheimnisvolle Box" noch nicht gesehen hat, sollte an dieser Stelle unverzüglich die Schutzschilde hochfahren.

 

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Zusammentreffen auf dem Borg-Kubus

Bevor wir uns diesmal ein wenig den charakterlichen Abgründen von Jean-Luc Picard zuwenden, kommen wir zur Handlung dieser Episode: Nach der recht seichten Filler-Episode "Keine Gnade" von letzter Woche dringt "Star Trek: Picard" diesmal zum Kern der Geschichte vor. Leider ohne Seven (Jeri Ryan), die in dieser Episode wieder verschwunden ist. Schade!

Im Borg-Kubus wird Soji von Albträumen geplagt. Das wiederum fasziniert Narek (Harry Treadaway), den romulanischen Spion, dessen Spezialität das Brechen von Herzen ist. Im Gegensatz zu seiner Schwester, die wir namentlich bisher nur unter ihrem Decknamen als Sternenflotten-Offizier – Lieutenant Narissa Rizzo (Peyton List) – kennen, geht er der Sache sehr empathisch auf den Grund. Narek sieht in den Träumen von Soji den Schlüssel, um zu den gewünschten Informationen über den Standort der anderen Androiden zu kommen.

Der einfühlsame Hipster-Romulaner hat das Vertrauen von Soji gewonnen. Er wirft ihr immer wieder Informationshäppchen hin, so dass sie selbst langsam hinter ihr Geheimnis kommt. Bei einer Untersuchung ihrer persönlichen Sachen muss Soji erkennen, dass all ihre Sachen, auch jene aus ihrer Kindheit, nicht viel älter als 3 Jahre sind. Verständlicherweise ist Soji verwirrt und verzweifelt. Damit ist sie reif für Narek. Er schlägt ein romulanisches Traumdeutungsritual vor – und zwar in einem eigens dafür vorgesehen Raum der Zhat Vash. Damit will er ihrer Erinnerung auf die Sprünge helfen, aber ohne ihre Androiden-Kräfte zu aktivieren. Das funktioniert zumindest anfangs recht gut.

Währenddessen sind auch Picard und seine Crew beim Borg-Kubus angekommen. Raffi hat ihre Beziehungen spielen lassen (die anscheinend immer noch besser sind als jene des ehemaligen Admirals Picard) und für 24 Stunden den Diplomatenstatus für Picard erhalten. So kann Picard auf dem romulanischen Borg-Kubus seinen alten Bekannten Hugh (Jonathan Del Arco) treffen. Nach einer kurzen Führung durch das Borg-Rückgewinnungsprojekt (dafür muss Zeit sein), eilen beide zum Quartier von Soji. Doch sie ist nicht aufzufinden. Hugh kann sie auf dem Kubus nicht orten.

Im Raum der Zhat Vash werden ihre Standortdaten abgeschirmt. Narek schafft es tatsächlich, aus den Träumen von Soji wichtige Informationen zu extrahieren. Narissa hört mit. Soji bekommt einen für sie sicherlich schockierenden Hinweis auf ihre synthetische Natur, der sie sehr verwirrt. Doch Narek und vor allem Narissa haben ebenfalls die Information, die sie haben wollten: einen Hinweis auf den Ort, wo Soji geschaffen wurde und vermutlich auch noch weitere Androiden zu finden sind. Es ist ein Planet mit Gewitterstürmen und zwei roten Monden.

Dann offenbart Narek seine wahren Absichten. Zu Soji sagt er, dass "sie nicht real ist und es nie war". Dann sperrt er sie in dem Raum ein und versucht sie durch ein rotes Gas zu töten. Doch jetzt aktivieren sich ihre Androidenkräfte und sie kann durch den Boden entkommen. Da Soji außerhalb des Raumes wieder geortet werden kann, sind Picard und Hugh bald bei ihr. Mit Hilfe von Hugh entkommen Picard und Soji. Sie beamen sich aus der geheimen Kammer der Borg-Königin zum Planeten Nepenthe. Zuvor hat Picard dort einen Treffpunkt mit der Crew der "La Sirena" vereinbart.

 

Picard und seine Charakterentwicklung

Diese spannende Episode treibt die Handlung ganz entscheidend voran. Der Plot ist aber nicht die einzige spannende Entwicklung. Wir finden vor allem die charakterliche Darstellung von Jean-Luc Picard interessant. Denn die früher oft idealisierte und moralisch integre Figur offenbart in "Star Trek: Picard" einige Schattenseiten. Schon in vorhergehenden Episoden hat sich herausgestellt, dass Picard in seinem persönlichen Umfeld nicht immer nach seinen hohen moralischen Standards gehandelt hat. Raffi und Elnor sind nur zwei Beispiele dafür.

In dieser Episode wirkt Picard mehrmals wie ein selbstsüchtiger Ignorant, der nur wahrnimmt, was in seiner eigenen Welt relevant ist. Er erkennt weder die zwiespältige Situation von Dr. Jurati nach der (unerkannt gebliebenen) Ermordung von Maddox, noch die emotionalen Leiden von Raffi. Sehr anschaulich wird dieser Mangel an Empathie als er Raffi applaudiert, nachdem sie für ihn Diplomatenstatus erreicht hat, aber dafür eine weitere Freundin geopfert hat. Picard zeigt keinerlei Empathie für seine Untergebenen. Er agiert wie ein selbstgefälliger Aristokrat, der sein gesamtes soziales Umfeld seinen moralisch hochstehenden Zielen unterordnet.

Diese Charakterentwicklung finden wir im Gegensatz zu vielen Trekkies, die darin nicht den Charakter aus "The Next Generation" erkennen wollen, durchaus gelungen. Abgesehen davon, dass Picard diese Eigenschaften (zumindest in Ansätzen) auch in der Vergangenheit schon gezeigt hat, macht diese Entwicklung den Charakter erst so richtig spannend. Denn ist es nicht oft so, dass historische Figuren der Geschichte, mitunter als Helden bezeichnet, sich im Rückblick im persönlichen Bereich als nicht ganz so moralisch unbefleckt erwiesen haben? Zudem eröffnet diese Erzählung erst die Möglchkeit für eine Wandlung: Wird ihn seine Reise zu einer persönlichen Erkenntnis führen? Wird er sich letztendlich sogar für die höheren Werte opfern, die er selbst nicht immer gelebt hat?

 

Sonstige Plot- und Charakterentwicklungen

Dr. Agnes Jurati: Warum merkt niemand, dass Jurati (Alison Pill) ihren ehemaligen Liebhaber Bruce Maddox ermordet hat? Sie leidet selbst darunter, doch das fällt Picard nicht einmal auf. Lediglich Elnor hat genügend Empathie für seine Mitmenschen. Höchst unwahrscheinlich ist auch, dass so ein Mord auf einem Raumschiff wie diesem unentdeckt bleiben kann. Wir denken da nur an die diversen holografischen Dienstprogramme, die Rios auf der "La Sirena" in Betrieb hat. Da scheint es sehr unrealistisch, dass die Tat von Jurati unbemerkt bleibt.

Damit sind wir gleich bei der Beziehung von Jurati und Rios: Dass die beiden miteinander in die Kiste springen, wäre an sich ja durchaus nachvollziehbar. Nur ging es dann doch ein wenig schnell. In dieser Szene wirken beide Charaktere, vor allem aber Rios, unglaubwürdig und aufgesetzt. Aber gut, das ist ein altes Problem: Coolness wirkt in "Star Trek"-Serien meist sehr aufgesetzt und klischeehaft. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele (man denke nur an Tom Paris und Chakotay aus "Star Trek: Voyager"). Wenn Sex ins Spiel kommt, wird es oft sogar peinlich. Die möchtegern-coolen Charaktere wirken dann oft so wie die Vorstellung eines 12-Jährigen von Coolness. So ist es auch mit Rios.

Raffi Musiker: Auch ihre Darstellung schwankt ständig zwischen halbherzigen Klischees und tiefgründigeren Szenen. Obwohl in der vorherigen Episode ihre Alkoholsucht als eines ihrer großen Probleme thematisiert wurde, hängt sie nun wieder an der Flasche. Aber darüber hinaus entsteht hier der Eindruck, dass ihr Alkoholkonsum auch noch klischeehaft als coole Badass-Eigenschaft instrumentalisiert werden soll. Die verwegene Raffi, die ihren Kummer in Alkohol ertränkt, passt nicht zur reumütigen Raffi, die ihrem Sohn Besserung verspricht.

Elnor: Seine Auftritte in der Serie waren bisher eher enttäuschend. Der Schwertkämpfer ist eindeutig für die Action da. Warum wird er dann nie eingesetzt? Diesmal hat er sich endlich über seine Sidekick-Rolle von Picard hinweggesetzt und ist ihm zu Hilfe geeilt. Aber dann hat er wieder nur eine Miniszene. Warum geht er nicht mit Picard und Soji durch den Transporter? Die Zeit dafür wäre vorhanden gewesen, denn Hugh schließt das geheime Tor zum Raum der Borg-Queen noch bevor die Romulaner eintreffen. Zwar ist auch bei Elnor die Legolas-Vorlage ziemlich eindeutig erkennbar. Aber im Gegensatz zu Rios ist er ein gut eingeführter Charakter mit Action-Potenzial. Doch er wird kaum eingesetzt.

Narek und Narissa: Was haben eigentlich die beiden romulanischen Geschwister Narek und Narissa für eine seltsame Beziehung zueinander? Narissa wirkt ständig wie eine eifersüchtige Geliebte, es gab sogar schon erotische Momente zwischen den beiden.

Zwei Planeten: Picard flieht mit Soji zum Planeten Nepenthe. Dieser Planetenname ist unseres Wissens nach im "Star Trek"-Universum bisher nicht aufgetaucht. Warum will Picard dorthin? Der zweite Planet, der unser Interesse auf sich zieht, ist natürlich die Welt mit den Gewitterstürmen und den zwei roten Monden. Es scheint der Geburtsort von Soji zu sein und damit auch der Ort, den die Zhat Vash suchen.

 

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