Serien-Review - "Star Trek: Picard"

© CBS TV Distributions

Serien-Review

"Star Trek: Picard": Trekkie-Nostalgie und die Enttäuschungen von Freecloud

Serien-Review: Diese seichte Filler-Episode ist gespickt mit Easter Eggs und endet mit einem schockierenden Cliffhanger.

von

Erwin Schotzger
Erwin Schotzger

02/24/2020, 09:59 AM

Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) und seine Crew kommen mit der "La Sirena", dem Raumschiff von Rios, endlich auf dem Planeten Freecloud an. Mit dabei ist auch die am Ende der letzten Folge an Bord gekommene Seven of Nine (Jeri Ryan). In der fünften Episode mit dem Titel "Keine Gnade" (OT: "Stardust City Rag") erfahren wir einige interessante Details aus der Vergangenheit von Seven und Raffi Musiker (Michelle Hurd). Auch die neue "Star Trek"-Welt wird eindrucksvoll weiter ausgebaut. Der Cliffhanger am Schluss der Episode kommt zwar nicht vollkommen überraschend, ist aber dann doch ziemlich schockierend.

Während sich "Star Trek: Picard" bisher recht viel Zeit gelassen hat, gibt die fünfte Folge plötzlich Vollgas. Damit ist aber nicht gemeint, dass viel passiert. Im Gegenteil: Die recht simple Handlung wird diesmal sehr hastig vorangetrieben, weshalb "Keine Gnade" sich ein wenig nach Filler-Episode anfühlt. Das macht diesmal dank des gelungenen World-Buildings mit zahlreichen Easter Eggs und dem spannenden Cliffhanger nichts, sollte aber bei einer guten Serie nicht zur Gewohnheit werden.

Bevor wir auf Freecloud landen: SPOILER-ALARM! Wer die fünfte Episode "Keine Gnade" von "Star Trek: Picard" noch nicht gesehen hat, sollte an dieser Stelle lieber ein anderes Ziel ansteuern.

 

ein ActiveCampaign Widget Platzhalter.

Wir würden hier gerne ein ActiveCampaign Widget zeigen. Leider haben Sie uns hierfür keine Zustimmung gegeben. Wenn Sie diesen anzeigen wollen, stimmen sie bitte ActiveCampaign zu.

Willkommen auf Freecloud!

Nun wissen wir also auch, was Freecloud ist. Der von mehreren Städten wie Stardust City geprägte Planet ist eine Art Offshore-Paradies (von Steueroase kann man wahrscheinlich im 24. Jahrhundert nicht mehr sprechen) für alle möglichen Arten von Geschäften. Innerhalb der Föderation spielt ja Geld keine Rolle mehr, aber für den Handel nach außen sehr wohl. Freecloud dürfte daher wohl ziemlich sicher nicht zur Föderation gehören, sondern ein intergalaktischer Mix aus Schweiz und Las Vegas sein. Der Planet bietet seinen Kunden höchste Sicherheitsstandards und gilt als Handelsplatz für alles Mögliche. Hier kann jeder machen, was er will, solange er genug Geld dafür hat – oder in Gold gepresstes Latinum. Keiner stellt hier lästige Fragen, abgesehen von den zahlreichen Werbe-Hologrammen.

Freecloud ist eine bunte Trekkie-Version der düsteren Cyberpunk-Welten, die Sci-Fi-Fans aus "Blade Runner" und "Altered Carbon" kennen. Aber auch hier gibt es düstere Gesellen. Die dubiose Geschäftsfrau Bjayzl (Necar Zadegan) ist so eine Figur. Sie hält Bruce Maddox gefangen, den sie an den Tal Shiar verkaufen will. Da sie sich mit einer kleinen Privatarmee umgibt, ist an Bjayzl nur schwer heranzukommen. Ein ausgefuchster Plan ist daher notwendig.

Seven schlägt ein Täuschungsmanöver vor: Auf dem Schwarzmarkt handelt Bjayzl mit Borg-Technologien. Seven, eine mittlerweile legendäre Ex-B (ehemalige Borg-Drohne), ist für sie daher ein Vermögen auf zwei Beinen. Seven bietet sich als Tauschobjekt für Maddox an. Picard gibt vor ein französischer (?) Händler zu sein, der sie gefangen hat. Rios (Santiago Cabrera) stellt einen exzentrischen Zwischenhändler dar. Elnor (Evan Evagora) ist einfach nur Elnor. Er ist enttäuscht, weil er bei diesem Karneval nicht mitspielen darf. Picard weiß jedoch nicht, dass Seven noch eine Rechnung mit Bjayzl offen hat und ihr eigenes Ding durchzieht.

 

Lieblos umgesetzter Heist-Movie-Plot

Die Handlung dieser Episode ist für heutige Verhältnisse ziemlich platt. Ähnliche Coups werden an anderer Stelle zu abendfüllenden Heist-Movies. In diesem Fall wird in Windeseile ein recht unrealistischer, aber im Geiste der alten "Next Generation"-Serie durchaus passendes Täuschungsmanöver durchgezogen.

Wir stellen nicht die Frage, wo die erwähnte Privatarmee plötzlich geblieben ist. Es ist offensichtlich doch nicht so schwer an Bjayzl heranzukommen. Die Maskerade von Picard & Crew ist zwar pure Nostalgie für Trekkies, wirkt aber heute auch so Old-School, dass es auch als Parodie der alten Serie durchgehen würde. Haken wir diese Folge, bei der erneut Jonathan Frakes Regie geführt hat, einfach als Nostalgie-Episode ab.

Ist euch aufgefallen, dass dass Bjayzl-Darstellerin Necar Zadegan aussieht wie die junge Deanna Troi. Wir dachten sofort an Betazed. Doch leider gab es darauf keine Hinweise, es blieb bei der optischen Ähnlichkeit.

Der Coup gelingt. Der verletzte Maddox kommt an Bord der "La Sirena". Seven kehrt aber einfach so (wozu dann eigentlich die Maskerade zuvor?) zurück nach Freecloud und killt Bjayzl ohne Gnade. Den Grund dafür haben wir im brutalen Rückblick am Anfang der Episode bereits erfahren: Sie hat den aus "Star Trek: Voyager" bekannten Ex-B Icheb (Casey King) getötet hat, der für Seven wie ein Sohn war.

 

Raffi trifft ihren Sohn

Im Nebenstrang der Handlung, die diesmal ausschließlich auf Freecloud spielt, erfahren wir auch, warum Raffi unbedingt hierher wollte. Ihr Sohn lebt hier mit seiner Frau, die ein Kind erwartet. Doch ihr Besuch löst keine Freude bei ihrem Sohn aus. Das Verhältnis mit seiner Mutter ist schwer zerrüttet. Als Kind war Raffi nie für ihn da. Zuerst war sie besessen von der angeblichen Verschwörung (hinter der Androiden-Attacke auf den Mars), dann ist sie auch noch der Alkohol- und Drogensucht verfallen. Obwohl Raffi Besserung verspricht, will ihr Sohn weiterhin nichts mit ihr zu tun haben. Zerknirscht kehrt sie auf die "La Sirena" zurück. Ihr Verbleib an Bord ist keine wirklich überraschende Wendung, aber eine gelungene Vertiefung des Charakters.

 

Agnes Jurati und Bruce Maddox

Picards Entscheidung, Dr. Jurati auf die Suche nach Soji mitzunehmen, stellt sich – wie von Raffi bereits kritisiert – als grob fahrlässig heraus. Zugegeben, wir hatten nach dem Video, das Jurati und Maddox als Liebespaar zeigt, auch nicht mehr mit einem Verrat durch die nerdige Wissenschaftlerin gerechnet. Noch dazu ist es weit mehr als ein Verrat geworden: Jurati ermordet Maddox, nicht vollkommen kaltblütig, sondern in Tränen – aber dennoch:  Das schockiert und kommt mehr als unerwartet. Sie hat Maddox offenbar geliebt.

Die entscheidende Frage ist: Welche Horror-Story hat die verschlagene Commodore Oh (Tamlyn Tomita) der naiven Dr. Jurati erzählt, um den Mord an einem geliebten Menschen zu rechtfertigen?

Zuvor hat Maddox noch den Aufenthaltsort von Soji verraten. Picard weiß nun, wo sie zu finden ist. Aber den Aufenthaltsort von Soji wusste der Tal Shiar (oder die Zhat Vash) ja schon vorher.

 

Neuigkeiten und Easter Eggs für Trekkies

In dieser Episode waren zahlreiche Easter-Eggs für Trekkies versteckt: Abgesehen von Icheb und Bruce Maddox wurde z.B. auf die Borg-Vergangenheit von Picard und Seven verwiesen, das Getränk Tranya serviert und vor allem die Leuchtreklamen von Freecloud waren gespickt mit Hinweisen auf bekannte Figuren wie etwa den bolianischen Friseur Mot.

Quark ist jedoch das bei Weitem interessanteste Easter Egg. Der Name des Ferengis aus "Star Trek: Deep Space Nine" scheint zunächst als Leuchtreklame im Hintergrund auf, die eine Bar bewirbt. Hat es Quark von DS9 nach Freecloud verschlagen? Angesichts der wirtschaftsliberalen Politik des Planeten wäre das nicht verwunderlich. Oder hat der geschäftstüchtige Ferengi inzwischen mehrere Niederlassungen seiner nach ihm benannten Etablissements, eines davon auf Freecloud?

Darüber hinaus wird Quark aber auch als Referenz von Rios genannt, um den Deal mit Bjayzl einzufädeln. Das spricht eigentlich dafür, dass der Ferengi auf Freecloud eine bekannte Persönlichkeit ist. Ein Wiedersehen mit Quark ist also nicht ausgeschlossen.

Neue Informationen liefert diese Episode auch über die Vergangenheit von Seven und die Entwicklungen im "Star Trek"-Universum: Seven ist seit 13 Jahren ein mittlerweile legendäres Mitglied der Fenris Ranger. Diese selbsternannte Schutztruppe hat für einige Zeit in der ehemaligen Neutralen Zone zwischen Föderation und Romulanern für Recht und Ordnung gesorgt, nachdem das Romulanische Reich offenbar zerfallen ist.

Der bereits erwähnte Romulanische Freistaat dürfte also nur einer von mehreren Nachfolgern des alten Imperiums sein. Auf dem Territorium des Freistaates befindet sich das sogenannte "Artefakt", der Borg-Kubus der Romulaner. Die Romulaner schlachten die Borg-Technologie des Kubus aus. Dabei arbeiten sie mit Wissenschaftlern aus der Föderation zusammen und versuchen sogar, von den Borg assimilierte Romulaner wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Soji ist eine Spezialistin auf diesem Gebiet.

Maddox hat Dahj auf die Erde und Soji zum Kubus der Romulaner geschickt, weil er glaubte, dort Informationen über die Verschwörung hinter der Androiden-Attacke auf den Mars zu finden. Doch die die Zhat Vash wissen davon. Sie haben sein Labor zerstört, Dahj (aus Versehen) getötet und bespitzeln Soji. Dabei geht es offenbar darum, andere perfekte Androiden wie Soji zu finden.

Doch Maddox hat nichts davon erwähnt, noch andere Androiden gebaut zu haben? Wonach suchen die die Zhat Vash also? Besteht eine Verbindung zu den Borg? 

 

Kommentare

Kurier.tvMotor.atKurier.atFreizeit.atFilm.atImmmopartnersuchepartnersucheSpieleCreated by Icons Producer from the Noun Project profilkat