Serien-Review: Westworld, Staffel 2, Episode 10

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Serien-Review

Westworld, Staffel 2, Episode 10: Finale stellt die Weichen neu

Serien-Review: Die anspruchsvoll inszenierte TV-Serie verwechselt immer wieder Verwirrung mit echter Spannung.

von

Erwin Schotzger
Erwin Schotzger

06/26/2018, 09:07 AM

Im spielfilmlangen Staffelfinale von "Westworld" hat die Suche nach der "Tür" und dem "Valley Beyond" ein Ende: Tatsächlich öffnet sich eine Tür. Diese ist aber weniger spektakulär für die Hosts als vielmehr für die Serie selbst. Denn die Serie betritt damit eine völlig neue Welt. Das Staffelfinale ist der Abschluss der bisherigen Handlung und der Beginn einer neuen Geschichte mit völlig neuem Setting. Gleichzeitig treibt es die Episode "The Passenger" (dt. Titel: "Der Passagier") mit der komplexen Erzählstruktur, die in vielen Fällen Verwirrung mit echter Spannung verwechselt, auf die Spitze. Sogar eine – wie sollte es anders sein – rätselhafte Post-Credit-Szene hat die finale Episode zu bieten.

 

FREEZE ALL MOTOR FUNCTIONS! Wer die Westworld-Episode "The Passenger" noch nicht gesehen hat und nichts darüber erfahren will, sollte hier nicht weiterlesen. SPOILER-ALARM.

 

Die Tür ins Nirgendwo

Serien-Review: Westworld, Staffel 2, Episode 10
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Kommen wir gleich zum Punkt: Was ist die Tür? Oder das Valley Beyond? Glory? Oder wie auch immer es im Laufe der Staffel genannt wurde. Ist es eine echte Tür aus dem Park hinaus? Oder wie schon "Das Labyrinth" in der ersten Staffel nur ein Symbol? Wir wissen bereits, dass es sich dabei um den Ort handelt, wo die gesammelten Daten aller Besucher der Parks gespeichert wurden. Aber das System ist weit mehr: Es ist eine künstliche Intelligenz und eine eigene digitale Welt, die ständig an der Verbesserung der digitalen Abbilder der Gäste arbeitet. In dieser Welt sind aber auch die Basispersönlichkeiten der Hosts gespeichert. Für die Hosts ist das "Valley Beyond" daher tatsächlich eine Art digitaler Himmel, in dem Akecheta (Zahn McClarnon) seine Frau wiedertrifft.

Mit Hilfe von Clementine versucht Charlotte Hale (Tessa Thompson) so viele Hosts wie möglich zu vernichten. In einer dramatischen Szene opfert sich Maeve (Thandie Newton), um Akecheta und ihrer Tochter den Weg durch das Tor zu ermöglichen. Dann wird sie niedergeschossen. Doch am Schluss bleibt die Möglichkeit offen, dass sie von den schon bekannten Technikern Felix (Leonardo Nam) und Sylvester (Ptolemy Slocum) wieder reaktiviert wird.

Aber wofür opfert sich Maeve eigentlich? Für einen digitalen Himmel, wo alle Hosts frei und unabhängig von ihren Körpern existieren können? Oder doch nur für die Archivierung auf einer riesigen Festplatte, auf der nun die Host-Daten ewig gespeichert bleiben. Diese Auflösung ist ein wenig unbefriedigend und es ist durchaus verständlich, dass Dolores (Evan Rachel Wood) diese digitale Welt zerstören will. Sie hält sie wieder nur für ein Gefängnis, das Menschen für Hosts geschaffen haben. Bernard ist anderer Meinung und tötet Dolores. Die quälende Frage ist natürlich wie immer: Wann?

 

Exit in eine neue Welt

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In mehreren verwirrenden Zeitebenen schildert die finale Episode den Weg verschiedener Personen zum "Valley Beyond". Doch am Ende wird klar: In der Gegenwart, rund zwei Wochen nach dem Massaker von Dolores, hat der Bernard (Jeffrey Wright), der in der ersten Episode am Strand gefunden wurde, seine Gedächtnislücken selbst verursacht. Und zwar um folgendes zu vertuschen: Bernard hat längst alle Daten der Gäste gelöscht, schon lange bevor Charlotte Hale und Karl Strand (Gustaf Skarsgård) das "Valley Beyond" (oder wie sie es nennen: "The Forge") erreicht haben. Mehr noch: Nachdem Bernard erkannt hat, dass er Dolores braucht, hat er sie im Körper von Charlotte wieder zurückgeholt. "Halores", wie die Dolores im Körper von Charlotte von den Produzenten genannt wird, hat die echte Charlotte bereits getötet und ihren Platz eingenommen. Nun tötet sie auch Strand und das übrige Sicherheitspersonal. Zum Glück für Bernard hat sie ihre Meinung über das digitale Paradies der Hosts nun geändert. Sie schickt die Host-Daten an einen vor menschlichen Zugriff geschützten Ort, den nur sie kennt. Übrig bleiben nur Halores und Bernard.

Serien-Review: Westworld, Staffel 2, Episode 10

Und dann? Halores verlässt die Insel auf der sich die Parks befinden in Richtung reale Welt. Im Gepäck hat sie fünf Persönlichkeitskugeln. Teddy ist wohl nicht dabei, denn ihn hat sie in das digitale Paradies hochgeladen. In der echten Welt der Menschen hat Ford sogar einen Unterschlupf für sie vorbereitet – Host-Printer inklusive. Damit holt sich Dolores nicht nur ihren eigenen Körper zurück, sondern produziert auch einen neuen Bernard. Sie betrachtet ihn sozusagen als ihren Gegenspieler, der notwendig ist für die Zukunft ihrer Spezies. Welche Hosts hat Dolores in den anderen vier Kugeln mitgenommen?

Dolores hat nur ein Ziel: Sie will die Menschheit vernichten. Bernard will sie aufhalten. Die beiden Hosts sind das Yin und Yang einer neuen Spezies, die am Ende der zweiten Staffel in der Welt der Menschen angekommen ist.

 

Westworld übertreibt das anspruchsvoll orchestrierte Verwirrspiel

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In der Post-Credit-Szene sehen wir William, den Fremden in Schwarz, noch einmal. Es scheint als ob er nach der Auseinandersetzung mit Dolores das lang ersehnte "Valley Beyond" ebenfalls erreicht. Ständig rechnet der Zuseher damit, dass er Dolores oder Bernard über den Weg läuft. Doch seine Reise endet in einer ähnlichen Einrichtung, in der James Delos immer wieder getestet wurde. Dort wird William nun von seiner Tochter getestet (oder eher einem Host, der wie seine Tochter aussieht).

"Westworld" übertreibt es bis zur letzten Sekunde mit kryptischen Andeutungen und Rätsel. Diese Szene ist ein Blick in eine sehr, sehr ferne Zukunft, hat Serien-Schöpferin Lisa Joy dem Hollywood Reporter erzählt. Eine Zukunft, die wohl auch in der dritten Staffel noch in weiter Ferne liegen wird. Doch genau diese (offenbar sogar von den Serien-Machern einkalkulierte) Notwendigkeit der Erklärung der Ereignisse schmälert den Spaß an der Serie beträchtlich. Zweifelsfrei ist die Erzählstruktur von "Westworld" höchst anspruchsvoll und professionell umgesetzt. Aber ist es wirklich eine gute Geschichte, wenn sie die Erzähler im Nachhinein noch einmal erklären müssen?

Zudem wäre das digitale Host-Paradies als einzige Auflösung wohl eine ähnliche Enttäuschung geworden wie "Lost". Doch dank dem "Halores-Twist" ist "Westworld" noch lange nicht zu Ende. Jetzt geht es in der Welt der Menschen erst so richtig los.

Doch auf dem Weg dahin wurden alle Charaktere bis auf Dolores und Bernard zurückgelassen: Akecheta ist mit Maeves Tochter im digitalen Nirvana verschwunden. Ford ist wohl endgültig gelöscht. Die coole Gang rund um Maeve ist tot (auch wenn die Hintertür für ihre Reaktivierung offenbleibt). Vielen könnte daher das anspruchsvoll inszenierte Rätselraten ohne Ende einfach zu anstrengend werden, wenn auch noch ihre Lieblingsfiguren abhandenkommen.

 

Hier haben wir schon einmal zusammengefasst, warum wir daran zweifeln, dass "Westworld" das nächste "Game of Thrones" wird.

 

Erwin Schotzger

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