Der Wackelatlas

Österreich, 2001

FilmDokumentation

Wer den Schriftsteller nicht beim Wort nimmt, wird ihm nicht nahekommen. der wackelatlas, ein letztes Porträt des großen H. C. Artmann, zeugt von diesem Wissen: Das Sprachliche prägt alles hier, vom Einstieg bis zum Epilog, es gibt der Erzählung ihren Puls und ihre Linien. Artmann in seiner Wohnung in Wien, im Herbst 2000 - heiser schon, ein wenig zitternd, aber bei intaktem Witz und in guter Gesprächslaune: Das Blau seiner Augen strahlt, und er erzählt von der Erinnerung, vom Geruch und der Musik. Die jähen Bewegungen, die dieser Film wagt, sind allesamt gedanklich, sprachlich. Die Ruhe seines Blicks kann sich der Film daher leisten. Die Sprache hat ihre eigene Gewalt: Er brauche, sagt Artmann, das Krachen der Worte, das «Peitschengeknall» beim Schreiben. Eine Serie seiner Gedichte, als Inserts platziert, unterbricht und bereichert die Gespräche. Die Kunst selbst, von der die Rede ist, wird da dem Kino entgegen und hinzu gesetzt, tonlos, als Bild, einfach so.Der Artmann-Film ist, obwohl Tochter Emily und Nichte Katharina ihn inszeniert haben, nur zum Teil ein Familienbild und alles andere als ein home movie. Die Intimität der Situation ist spürbar, die Annäherung liebevoll - aber es geht nicht «um den Menschen hinter der Kunst», sondern entschieden um die Kunst und wie sich der Mensch in ihr bewegt. der wackelatlas ist eine überaus kontrollierte Arbeit, sparsam in ihren Mitteln, konzentriert auf ihr Zentrum. «Ich möcht' ja kein Abbild des Lebens geben», stellt Artmann klar, und: In seinen Gedichten soll «keine Moral dazwischen» sein. Der Film vollzieht das nach, begreift sich selbst als künstlich und hält sich mit dem Pathos der Moral gar nicht erst auf. Dabei entsteht das Bild einer facettenreichen, in jedem Sinn fantastischen Persönlichkeit, die ihre Geschichten und Pointen im Vorübergehen entwickelt, und die sich, wo es geht, in die Ferne assoziiert. Das Paradies, sagt Artmann noch, stelle er sich nicht vor, da lasse er sich «überraschen». Der Film endet dennoch nicht in der Ahnung des nahenden Todes, sondern heiter, entspannt, im Leben. (Stefan Grissemann)

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