"Das Kanu des Manitu"-Filmkritik: Alles woke im Wilden Westen

Ein Mann im Kostüm trinkt einen Cocktail mit Erdbeere.
Bully Herbig und Kollegen haben richtig erkannt, dass das alte Humorkonzept fast 25 Jahre später nicht mehr passend ist.

Passt ihm der "Der Schuh des Manitu" noch? Um das herauszufinden, schickt Michael Bully Herbig fast ein Vierteljahrhundert nach seinem Erfolgs-Klamauk eine Fortsetzung hinterher, wechselt aber zur Sicherheit den Titel und vom Land ins Wasser. (Natürlich steigt man mit den Füßen auch in ein Kanu, aber welcher Schuhgröße entspricht das wohl?)

Zwei Männer in Kostümen stehen in einer Prärielandschaft, einer zündet ein Streichholz an.

Szene aus "Das Kanu des Manitu"

Blutsbrüder unterm Galgen und im Kanu

Im Wilden Westen hat sich jedenfalls nicht viel geändert. Die beiden Blutsbrüder Abahachi (Herbig) und Ranger (Christian Tramitz) reiten noch immer – streitend wie ein altes Ehepaar - von einem Abenteuer zum nächsten und es kann durchaus passieren, dass sie sich mit einer Schlinge um den Hals unter einem Galgen wiederfinden. Zum Glück gibt es als Notretter den altbekannten Griechen Dimitri (Rick Kavanian), der sich nun sogar eine neue Fachkraft namens Mary (Jasmin Schwiers) zugelegt hat. Als es dann ans Finden des titelgebenden Wasserfahrzeugs geht, müssen etliche Fallen überwunden werden, was Indiana Jones auch nicht besser hingekriegt hätte. 

Eine Gruppe von Schauspielerinnen und Schauspielern in Westernkostümen posiert für ein Foto.

Szene aus "Das Kanu des Manitu"

Ein echter Star-Bösewicht kehrt zurück

Viel mehr ist über den Inhalt eh nicht zu sagen. Höchstens eine kleine Überraschung sei vorweggenommen, die aber nach einem Blick in die Besetzungsliste auch keine mehr ist:  Sky du Mont schaut nämlich in seiner Paraderolle als böser Santa Maria wieder vorbei, obwohl er doch einst eigentlich sehr überzeugend in einer Schlammgrube versunken ist (aber es wird auch ein überzeugender Überlebensgrund nachgeliefert). Die mit Abstand witzigste Figur ist jedoch zweifellos Merlin Sandmeyer, der einen Statisten spielt, um eine Verbrecherbande zu komplettieren. 

Zwei Männer und eine Frau fahren auf einem Floß einen Fluss entlang, möglicherweise aus dem Film „Der Schuh des Manitu“.

Szene aus "Das Kanu des Manitu"

Streng über der Gürtellinie

Vor wenigen Jahren hatte Bully in einem Radio-Interview noch gemeint, das Drehen von Komödien werde immer schwieriger, da "die Comedy-Polizei" so streng sei. Daher würde er heute "Der Schuh des Manitu" nicht mehr so machen wie damals. Wie unterschiedlich ist also "Das Kanu des Manitu" geworden? Tatsächlich bemüht sich der Humor nun, komplett über der Gürtellinie zu bleiben, und die pubertären Witze fallen weg. Das höchste – nein, tiefste – der Gefühle sind Furzgeräusche im Nachtdunkel hinterm Lagerfeuer. Nicht etwa, dass man sich nach mehr davon sehen würde, aber der Wille, zumindest irgendwo ein bisschen anzuecken, hätte nicht geschadet. (Da hat sich die neue "Nackte Kanone" wesentlich mehr getraut.) 

Winnetou und Old Shatterhand reiten in „Der Ölprinz“ durch die Prärie.

Szene aus "Das Kanu des Manitu"

Der Wille zur Wokeness

Stattdessen wird alles woke im Wilden Westen: Abahachi muss den ignoranten Mitmenschen ständig erklären, dass man "Indianer" nicht mehr sagt und hat in Betreff seiner Herkunft selber mit Identitätsproblemen zu kämpfen. (Die heikle Frage, ob ein Deutscher einen Indianer - sorry! -  spielen darf, wird nämlich auch frontal angegangen und endlich politisch korrekt gelöst...) Als dann sein Apachen-Stamm in Erscheinung tritt, handelt es sich zweifellos um authentische Stammesangehörige, die in ihrer echten Sprache miteinander reden. Nach Namen wie Listiger Lurch oder Falscher Hase wird man diesmal vergeblich die Ohren spitzen. 

Die Figur des Winnetouch fällt zwar nicht weg und Bully spielt den Schwulen gewohnt tuntig, doch der Abahachi-Bruder wird auf andere Weise aufgewertet, indem er sich in einen echten Superhelden mit Peitsche verwandelt, der von allen Seiten Lob und Anerkennung erntet. Jessica Schwarz zeigt sich als Bandenchefin, die sofort Diskriminierung wittert, wenn jemand von ihr wissen will, ob es noch Suppe gibt. Und in dem von Stefan Raab beigesteuerten Song "Weil wir so supergeil drauf sind" - zugleich die Leadsingle des Films - besingen Bully und Tramitz veganes Essen, Hafermilch und E-Bikes.

Ein Mann im Kostüm sitzt auf einer Kutsche und hält eine Ankündigung für eine Neueröffnung in der Hand.

Szene aus "Das Kanu des Manitu"

Heitere Sprachverwirrung

Hier herrscht eine Vielstimmigkeit vor, die "Das Kanu des Manitu" eigentlich in erster Linie zu einer Komödie der Sprachverwirrung macht. Gleich zu Beginn zeigt sich, dass Abahachi und Ranger offenbar eine Jodelschule besucht haben und sich nun im Holladrio-Dialekt verständigen, aber der weiße Blutsbruder hat auch diverse Tierstimmen drauf oder kommuniziert in einer Kindersprache. Der Grieche macht sich ständig mit nervigen Wortverdrehungen bemerkbar, ein Bandit spricht absolut unverständlich, auch wenn er kein Tuch vorm Mund hat, ein anderes Bandenmitglied lässt sich plötzlich in einer asiatischen Sprache vernehmen, um einer Festnahme zu entgehen und ein Hilfssheriff darf sächseln, was als nette Ergänzung zum Bairisch der beiden Hauptfiguren wirkt.

Ein Sheriff mit Augenklappe und Pfeil in der Brust steht vor einem geschlossenen Ticketschalter.

Szene aus "Das Kanu des Manitu"

Schongang mit Prädikat "sehenswert"

Der Humor hat sich hier also auf jeden Fall geändert. Zugleich bekommt man allerdings das Gefühlt, dass eher der Schongang eingelegt wurde, denn Bully und seine kreativen Partner versuchen nirgends anzuecken oder sich unbeliebt zu machen, sondern genau das abzuliefern, was ein Publikum ihrer Meinung nach heutzutage hören und sehen will. Einige der Schmähs sind dann aber gar nicht zeitgemäß, sondern recht altbacken. Immerhin schafft es der Film sogar, das Prädikat "sehenswert" zu erhalten (aber das ist dem Vorgänger 2001 auch schon gelungen).

Ob es dann bald ein extralarges Kanu geben wird, bleibt abzuwarten. Doch so eine Vergrößerung ist eigentlich gar nicht nötig, denn der Film läuft sowieso schon im IMAX-Format – als erste deutsche Produktion, der diese Ehre zuteilwird. Und in frühestens 25 Jahren müssen wir uns dann vielleicht auf "Das Gnu des Manitu" gefasst machen.

3 von 5 Ouzogläsern aus der Kuckucksuhr auf Rechnung des Griechen

"Das Kanu des Manitu" ist derzeit in unseren Kinos zu sehen. Hier geht's zu den Spielzeiten!