"Die nackte Kanone"-Kritik: Scharfe Schüsse aus der Scherzpistole

Ein Mann in Rock und Cardigan hält einen bunten Lolli hoch.
Reboot oder Remake? Jedenfalls erwarten uns beim Neustart ein großer Spaß in bewährter Manier und ein Neeson in Bestform.

Wenn es jemals einen würdigen Chaos-Cop gegeben hat, dann war das eindeutig Lt. Frank Drebin – gespielt vom unvergesslichen Leslie Nielsen. Dass auch ein Nachfolger in Frage kommt, war lange Zeit undenkbar, doch nun ist tatsächlich einer gefunden, und "Die nackte Kanone" geht weiter, weil man kurzerhand Liam Neeson zu Drebins Sohn erklärt hat – das Chaos liegt also in der Familie (und seien wir mal ehrlich: die Namen der beiden Schauspieler klingen ja wirklich ganz ähnlich).

Neeson ist immer für Überraschungen gut: Erst im vorgerückten Alter wurde er zum Actionheld. Auf seine noch älteren Tage behält er die Action zwar bei, wechselt aber erneut das Genre, indem er sich von seiner witzigen Seite zeigt. Komödien waren in Neesons Werkverzeichnis bisher Mangelware – er schaute höchstens zu Cameo-Auftritten in "Anchorman – Die Legende kehrt zurück" oder "Ted 2" vorbei und hatte bloß in "A Million Ways To Die in the West" und "Men in Black: International" größere Rolle. 

Ein Mann im Kilt wird von einem Mann mit Sturmhaube angegriffen.

Szene aus "Die nackte Kanone" von 2025

Gags, Gags, Gags

Wir lernen Drebin gleich halbnackt kennen: Nachdem er sich zum Verhindern eines Banküberfalls in Kleinmädchen-Verkleidung Zutritt zum Kassenraum verschafft hat und die bösen Kerle handfest überwältigt, steht er in Minirock und Slip da. Später kommt er dem Filmtitel noch näher, weil er untenrum splitternackt mitten in einer Sportarena landet. 

Das alte Klischee vom echten Cop, der immer mit einem Kaffeebecher in der Hand anzutreffen ist, wird hier sehr wörtlich genommen und für einen Running Gag verwendet. Doch so schnell kann dieser Gag unmöglich laufen, um nicht von all den anderen Gags eingeholt zu werden, die hier praktisch im Sekundentakt auf uns zukommen – und die können wirklich tief sein, aber auch einfach nur herrlich albern oder sehr böse und dunkel. Und natürlich werden in bewährter Manier etliche bekannte Filmszenen durch den Kakao gezogen (wobei "Die nackte Kanone" auch vor ihrer eigenen Vergangenheit nicht Halt macht).

Ist das nun ein Reboot oder doch ein Remake? Für letzteres spricht, dass viele Motive des Originalfilms wiederaufgegriffen wurden: Statt Priscilla Presley heißt es nun halt Pamela Andersons, Menschen werden erneut durch eine Erfindung psychisch beeinflusst und zum Finale findet auch eine große Sportveranstaltung statt. Hinter dem Wahnsinn steckt also Methode, er bleibt aber trotzdem durchaus eigenständig.

Pamela Anderson und Liam Neeson in einer Szene, möglicherweise aus „Die nackte Kanone“.

Szene aus "Die nackte Kanone" mit Liam Neeson

O. J. Simpson? Nein, danke!

Neeson blödelt mit Pams tatkräftiger Unterstützung. Kaum hat sie sich dank "The Last Showgirl" als Charakterdarstellerin etabliert, wirft sie schon wieder alle Ernsthaftigkeit über Bord und zeigt, wie komisch sie sein kann (und auch als jazzige Nachtclubsängerin würde man sie vom Fleck weg engagieren).

Doch nicht alle hatten Glück mit ihrer Rolle: Wenn man schon einen Partner vorn der Statur eines Paul Walter Hauser erhält, sollte man ihn unbedingt stärker einsetzen, was hier leider nicht der Fall ist. Er hätte sich bestimmt über mehr Gelegenheit zum Herumalbern gefreut, und Neeson gern ein paar Gags geklaut. Immerhin gibt es aber einen ernstzunehmenden Gegenspieler: Danny Huston in Gestalt eines Tech-Moguls, der einen diabolischen Plan ausgeheckt hat, um die Menschheit ins Chaos zu stürzen.

Die neuen Darsteller wissen auch, was sie ihren Vorgängern schuldig sind: Im Polizeirevier hängen Bilder von all den früheren berühmten Cops und ihre Nachkommen sprechen gerne mal mit ihnen. Frank Jr. wendet sich an Frank Sr. und sein Partner an seinen Daddy Captain Ed Hocken (Robert Kennedy); doch als ein Schwarzer Kollege vor dem Foto von Detective Nordberg nostalgisch werden möchte, lässt er das gleich wieder bleiben, weil O. J. Simpson halt doch nicht der richtige Mann ist, um eine solche Reaktion auszulösen. Dafür wird unser Glaube an die Seelenwanderung gestärkt, und im entscheidenden Moment kommt Drebin Sr. seinem Sohn in völlig anderer Gestalt zu Hilfe. 

Ein Mann in einem Anzug steht auf einem Parkplatz, während ein Gefangener im Hintergrund flieht.

Szene aus "Die nackte Kanone" von 2025

Abspann mit Vorspann und Sehtest

Und natürlich sind die Gags mit Abspannende nicht vorüber: Stattdessen wendet sich ein erboster Drebin direkt an uns Zuschauer, später bringt er seiner geliebten Beth ein Ständchen und ganz zuletzt kommt noch ein anderer Sänger ins Bild, den man bereits aus der ersten "Nackten Kanone" kennt. Und weil hier alles auf den Kopf gestellt wird, läuft als Teil des Abspanns sogar der Vorspann des Originals. Ach ja, einen Besuch beim Augenarzt kann man sich durch diesen Film ebenfalls ersparen, weil ein Sehtest in die End Credits eingeschmuggelt wurde. 

Übrigens gibt es erstmals eine Zucker-freie "Nackte Kanone": Regisseur David Zucker und sein Bruder Jerry sind nicht mehr an diesem Reboot beteiligt.  Außerdem ist der Film kurz und gut – wie das Original von 1988: Nach 85 Minuten hört sich der Spaß schon wieder auf. Aber das Lachen mit Liam Neeson wird uns hoffentlich noch lange nicht vergehen, weil er hier eine künftige Paraderolle gefunden hat.

4 von 5 Dienstausweisen, die auf Liam Leslie Neeson-Nielsen ausgestellt wurden

"Die nackte Kanone" ist derzeit in unseren Kinos zu sehen. Hier geht's zu den Spielzeiten!