Le Retour au Pays de L'enfance

F, 2009

FilmDokumentation

Min.100

Drei Frauen, drei Kriegskinder. Marie-Hélène, Sieglinde und Narriman. Erinnerungen an Kindheitslandschaften in Barentin (Normandie), Stolp (Hinterpommern) und Gosbat (Algerien). Bruchstücke von einem Damals, das sich in der Gegenwart kaum mehr finden lässt. Von den Winden der Zeiten verweht. Akt Eins: Marie-Hélène, die privilegierte und doch auch verachtete französische Kaufmannstochter, denkt an ihren Bruder, der Hitler bewunderte, aber auch an winzige Zimmer und noch kleinere Betten, im Morgengrauen an einen Hahn, der nicht krähte, sondern, wie es im Französischen so schön heißt, sang. Auch an ihre seit deren Kindheit verprügelte Tante mit dem Holzfuß, die allem trotzte. Lebendige Stillleben des Verfalles, Wörter immenser Einsamkeit fallen in Bilder trostloser Landschaften. Nur aus weiter Ferne ist Marie-Hélène zu sehen. Es war einmal. Akt Zwei: Sieglinde. Berlin, Ostbahnhof. Schwarzbild. Auf der Tonspur sagen freundliche weibliche Stimmen Zugabfahrten an. Keine lockt ins Pommerland. Aber plötzlich ist es auf der Leinwand, voll sichtbar in Panoramaschwenks. Sehr lange und in Großaufnahme zeigt die Regisseurin Claire Angelini das Tor eines alten Hauses. Und Sieglinde sagt aus dem Off: «Es ist nicht mehr der Bauernhof meiner Großeltern. Es ist etwas anderes. Es sind Reste.» Sieglinde singt aus dem Off das traurige Mai­käferlied vom abgebrannten Pommerland, und die erschreckenden Erkenntnisse der zeitgenössischen Geschichtswissenschaft versickern scheinbar spurlos. Noch ein grandioser Schwenk über die aus den Ufern tretende Oder. Sieglindes Kommentar: «Das ist eine Willkürgrenze.» Weiters argumentiert sie mit uralten Landkarten aus dem Dreißigjährigen Krieg. Genug. Akt Drei: Narriman Bougherara. Die liebenswerteste, intelligenteste und sichtbarste Frau. Die offizielle Erinnerungskultur erscheint ihr gefährlich; in Frankreich, Tune­sien, Algerien aufgewachsen, mag sie trotzdem das Wort «Heimat», das in sehr vielen Sprachen keine Übersetzung kennt. Ihr lässt Claire Angelini am Ende des Filmes den schönsten Abgang aller Zeiten. Grenoble. Ein Balkon wie in einem Bienenhaus, lange verweilt die Kamera auf Narriman, dann verschwindet sie in ihre Wohnung, ans Ende ihrer langen Reise, in die Heimat ihrer Erinnerungen. (Otto Reiter)

(Text: Viennale 2009)

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