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Serien-Review

"Star Trek: Picard": Krieger-Nonnen und eine peinliche Weltraumschlacht

Serien-Review: Zwei neue Crew-Mitglieder kommen an Bord, ein neues und ein bekanntes Gesicht.

von

Erwin Schotzger
Erwin Schotzger

02/17/2020, 10:37 AM

Jean-Luc Picard hebt endlich in den Weltraum ab. Diesmal sind nicht die unendlichen Weiten sein Ziel, sondern altbekannte Destinationen. Altbekannt für Picard, nicht für die Zuschauer. Bevor die Reise zum eigentlichen und immer noch geheimnisvollen Ziel Freecloud geht, macht Picard einen Zwischenstopp auf dem Planeten Vashti, irgendwo im Beta-Quadranten. Auf dem Planeten leben Menschen und Romulaner, die noch vor der Supernova von Picard und Raffi Musiker hierher evakuiert wurden. Tatsächlich wird Picard dort einen neuen Verbündeten finden, dessen Geschichte der Großteil dieser Episode gewidmet ist. Ein bekannter "Star Trek"-Charakter stößt dann am Schluss noch dazu.

Doch bevor wir auf dem Planeten Vashti landen: SPOILER-ALARM! Wer die Episode "Unbedingte Offenheit" (OT: "Absolute Candor") von "Star Trek: Picard" noch nicht gesehen hat, sollte jetzt die Schutzschilde hochfahren.

 

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Vashti und die Krieger-Nonnen

Der Planet Vashti kommt ebenso wie die gesamte Episode "Unbedingte Offenheit" einer doppelten Reise in die Vergangenheit gleich: Zunächst ist es eine Reise in die Vergangenheit von Picard, aber es ist auch eine Episode nach sehr traditionellem "Star Trek"-Muster, bei der ein alter Bekannter Regie führte: Jonathan Frakes.

Auf Vashti leben Menschen mit Romulanern zusammen, die noch vor der Supernova hierher evakuiert wurden. Dort leben auch die Qowat Milat, eine Art romulanischer Shaolin-Orden bestehend aus Krieger-Nonnen. Die Frauen trainieren nicht nur die Kampfeskunst, sondern haben sich auch einer offenen Kommunikation aller Emotionen "ohne Filter zwischen Gedanke und Wort" verschrieben. Paradoxerweise gleicht ihre Art, dem Gegenüber schonungslos ihre Eindrücke zu vermitteln, der unsensiblen Kommunikation der Vulkanier. Damit stehen sie auch in krasser Opposition zum Geheimdienst Tal Shiar, den sie als ihren Feind betrachten, und der allgemeinen Verschlossenheit der romulanischen Gesellschaft. Unter den Frauen lebt nur ein einziger junger Mann namens Elnor (Evan Evagora). Er hat gerade seine Krieger-Ausbildung abgeschlossen. Mit Picard verbindet ihn eine emotionale Vergangenheit.

 

Elnor und Picard

Elnor sieht aus wie eine romulanische Inkarnation von Legolas aus "Herr der Ringe". Seine Kampfeskünste stellt er gleich einmal eindrucksvoll unter Beweis, indem der junge Mann mit wenigen Moves einen robusten Romulaner köpft, der Picard bedroht. Die Szene wirkt ein wenig übertrieben und nach Action haschend. Nach einiger Skepsis hat sich Elnor doch der "aussichtslosen Mission" von Picard verschrieben. Aber wohl nicht nur aufgrund der Kriterien der Qowat Milat, sondern wegen seiner emotionalen Beziehung zu Picard. Er sieht in ihm eine Vaterfigur.

Der Admiral brachte ihn vor über 14 Jahren – eigentlich nur vorübergehend – zu den Krieger-Nonnen. Trotz der schon aus "The Next Generation" bekannten Abneigung Picards gegen Kinder, haben die beiden viel Zeit miteinander verbracht. Nach seinem unfreiwilligen Ausscheiden aus der Sternenflotte hat Picard mit ihm den Kontakt ebenso abgebrochen wie mit dem Rest der Welt. Verständlich, dass der damals noch kleine Junge dies als Zurückweisung empfunden hat. Immerhin war Picard seine einzige männliche Bezugsperson. 14 Jahre später ist der ohne Vater unter Frauen aufgewachsene Elnor ein junger Mann mit viel Konfliktpotenzial.

 

Spiel mit traditioneller Erzählweise

Eine Reise in die Vergangenheit ist die Folge "Unbedingte Offenheit" aber auch wegen der ziemlich traditionellen Erzählweise. Kein Wunder: Regie hat bei dieser Episode nämlich Jonathan Frakes geführt, bekannt als William T. Riker aus "The Next Generation". Ähnlich wie in dem ebenfalls unter seiner Regie entstandenen Kinofilm "Star Trek: Der Aufstand" ist der Planet Vashti eine ursprüngliche Welt, die nicht von Technologie geprägt wird. Die ziemlich esoterische "Star Trek"-Tradition, in ursprünglichen, naturbelassenen Gemeinschaften den Idealzustand zu sehen, wird hier zumindest hintergründig fortgeführt. Wieder dient ein kleines Dorf als Miniaturmodell der großen Welt. Das wirkt heute oftmals ein wenig billig, vor allem im Vergleich mit den realistischen Schauplätzen moderner Serien.

Aber immerhin: Im Gegensatz zu "Der Aufstand" ist Vashti kein Paradies, sondern eher ein Ort der Vergessenen. Picard hätte sich einen Grundsatz der Qowat Milat zu Herzen nehmen sollen: "Versprechen sind Gefängnisse." Denn als Admiral der Sternenflotte hat Picard offenbar den Romulanern auf Vashti (und nicht nur ihnen) eine bessere Zukunft versprochen. Seine Versprechen hat er aber dann nach seinem Rückzug auf sein Weingut in Frankreich schnell vergessen, sogar die sehr persönlichen Versprechen. Schon klar, dass Picard sich als Privatmann nicht um alle Bewohner von Vashti kümmern kann. Aber bei aller Desillusionierung über die Sternenflotte hätte man von einem Mann wie Picard schon erwarten können, dass er sich zumindest um sein Mündel Elnor kümmert. Für einen Mann mit seinen Beziehungen wär es nicht so schwer gewesen, für den Jungen eine bessere Zukunft zu organisieren.

 

Serien-Review: Star Trek Picard

Schöne neue "Star Trek"-Welt

In der nach ihm benannten Serie bekommt das Bild vom ehrwürdigen Picard aus "The Next Generation" einige hässliche Risse. Nicht immer hat er die noblen Werte, die er so oft predigt, auch selbst gelebt. Elnor hat er ebenso im Stich gelassen wie Raffi. Tatsächlich bekommen wir einen sehr abgehobenen Picard zu sehen, der ein sehr elitäres Verständnis von Freundschaft zu haben scheint. So wurden etwa William Riker und Geordi La Forge schon als treue Freunde erwähnt. Doch es scheint als ob er eher auf die Unterstützung seiner Freunde zählt, als sie selbst zu geben, wenn Freunde unter die Räder des Systems kommen. Eine Art "Captain-Syndrom"? Wir haben es mit einem sehr selbstgefälligen und – kaum seiner Privilegien beraubt – selbstmitleidigen Picard zu tun.

Genau darin sieht Picard-Darsteller Patrick Stewart auch die Existenzberechtigung der neuen "Star Trek"-Serie. In Interviews hat Stewart betont, dass er nur deshalb wieder in die Rolle von Jean-Luc Picard geschlüpft ist, weil die Geschichte ganz neue Aspekte der Figur zeigt. "Star Trek: Picard" hat also – abgesehen von der mysteriösen Verschwörung – auch etwas über die Hauptfigur zu erzählen. Und die Vermutung liegt nahe, dass sich darin auch einiges über den Wandel der realen Welt in den vergangenen 20 Jahren widerspiegelt.

 

Sehr langsamer Start

Neben der Geschichte über Elnor und Picard ist in dieser Episode nicht viel geschehen. Die neue Serie geht es schon sehr langsam an, wenn man bedenkt, dass die erste Staffel nur zehn Episoden hat. Zwar ist die zweite Staffel schon fix geplant, aber trotzdem sollte die Handlung langsam Fahrt aufnehmen.

Es hat aber auch gute Seiten, dass sich die Serie so viel Zeit nimmt: Die Charaktere sind interessant und werden gut eingeführt. Einzige Ausnahme ist der unsägliche Hipster-Romulaner Narek (Harry Treadaway), der wirkt als sei er aus irgendeiner Teenie-Seifenoper entsprungen. Was sollte diese barfüssige Rutschszene mit Soji? Pseudo-Romantik aus der Dose? Das war verzichtbar und man kann nur hoffen, dass sich all das als unbeholfene Verführungsstrategien eines Romulaners herausstellen. Es wirft nur leider kein gutes Bild auf den nicht unwichtigen Charakter von Soji (Isa Briones).

Amüsanter war hingegen das Zusammenspiel von Picards Crew: Die Hologramme an Bord sehen alle wie Captain Rios aus – ein witziger Running Gag, der vermuten lässt, dass in dem mürrischen Piloten ein kleiner Nerd steckt. Die harte Schale von Rios (Santiago Cabrera) könnte von einer liebenswerten Quasselstrippe wie Dr. Agnes Jurati (Alison Pill) geknackt werden. Auch Raffi Musiker (Michelle Hurd) ist eine interessante Figur. Diesmal hat die ansonsten recht coole Raffi sehr launisch, fast schon ein wenig hysterisch gewirkt.

Peinliche Weltraumschlacht

Am Schluss taucht auch noch Seven of Nine (Jeri Ryan) auf. Ihren Auftritt finden wir ziemlich cool. Leider war die Weltraumschlacht im Vorfeld ziemlich peinlich. Diese 90er-Jahre-Inszenierung kommt heute dem Ruckeln der Kamera in der Originalserie gleich. In Zeiten von "Battlestar Galactica" und "The Expanse" will so eine billige Show niemand mehr sehen.

Mit Elnor und Seven of Nine dürfte die Crew von Picard nun komplett sein. Hoffen wir, dass sich das Tempo nun ein wenig erhöht.

Energie!

 

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