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Serien-Review

"The Boys": Das beste Mittel gegen Superhelden-Überdruss

Serien-Review: Die neue Superhelden-Serie von Amazon Prime ist eine Abrechnung mit dem Genre und macht gleichzeitig Lust auf mehr.

von

Erwin Schotzger
Erwin Schotzger

07/29/2019, 03:39 PM

Superhelden sind zurzeit das große Geschäft. Nicht nur das Kino, sondern auch TV-Serien werden von Männer und zunehmend auch Frauen in Leder oder Latex mit übernatürlichen Kräften dominiert. In der neuen Superhelden-Serie von den Produzenten Seth Rogen und Evan Goldberg, die auch die TV-Serie "Preacher" gemacht haben, sind sie ein Milliarden schweres Business im wahrsten Sinne des Wortes. Wie "Preacher" basiert auch "The Boys" auf einer Comic-Vorlage von Garth Ennis. Wie "Preacher" strotzt auch "The Boys" von Gewalt, schmutziger Sprache und Sex, ist also nichts für die Jüngeren unter den Superhelden-Fans.

 

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Dekadente Superhelden

Superhelden – oder "Supes" wie sie in der Serie heißen – sind in der Welt von "The Boys" ein Big Business für den dubiosen Konzern Vought. In den USA gibt es rund 200 solcher Supes, die von Vought professional vermarktet werden. Dort sind sie die absoluten Stars, beliebt bei Alt und Jung. Es gibt sogar eine konservative christliche Sekte, die Superhelden als Geschenk Gottes preist. Anführer dieser Sekte ist der elastisch-dehnbare Superheld Ezekiel (Shaun Benson), finanziert wird sie freilich auch von Vought. Der Konzern strebt danach seine Märkte zu erweitern und lobbyiert daher im US-Kongress dafür, dass Superhelden künftig auch in der Armee zugelassen werden – und damit auch im Ausland zu militärischen Zwecken eingesetzt werden können. In diesem Bestreben sehen jedoch viele Politiker eine Gefahr.

"The Seven" sind sozusagen das Premium-Produkt von Vought. Oder anders gesagt: Sie sind die "Avengers" dieser Welt (um eine populäre Metapher zu verwenden, denn tatsächlich sind sie eine Parodie auf die nicht ganz so bekannte "Justice League" von DC). Der Anführer, Homelander (Antony Starr), verfügt über ähnliche Kräfte wie Superman. In der Öffentlichkeit ist er der perfekte US-Amerikaner, tatsächlich aber ein skrupelloser Narzisst. Mit den anderen Mitgliedern der "Seven" steht es nicht viel anders: Alle sind dekadente Opportunisten und Narzissten (im besten Fall), die glauben, sich alles erlauben zu können. Halbwegs unter Kontrolle hält sie die knallharte Vought-Managerin Madelyn Stillwell (Elisabeth Shue). Trotzdem ist der Konzern regelmäßig damit beschäftigt, die Kollateralschäden bei den Einsätzen ihrer skrupellosen Superhelden zu vertuschen oder kleinzureden.

 

Düstere Verschwörung

Der Computer-Nerd Hughie (Jack Quaid), Verkäufer in einem Elektronikladen, wird auf tragische Weise zum Zeugen eines solchen "Kollateralschadens" als der superschnelle A-Train (Jessie T. Usher) durch seine Freundin Robin wie durch Butter hindurchläuft. Übrig bleibt von ihr nur ein menschlicher Matschhaufen und ihre Hände, die Hughie gerade festgehalten hatte. Verständlicherweise wirft ihn dieser Vorfall in eine tiefe Krise. Aber eine Lösung bietet dem Nerd, der keiner Fliege etwas zuleide tun kann, erst der ebenso dubiose wie knallharte Billie Butcher (Karl Urban) an. Seine Lösung heißt Rache!

Nach einiger Überzeugungsarbeit heuert er Hughie als Neuen in seinem Team an, das auch noch aus den "Experten" Mothersmilk (Laz Alonso), kurz MM, und Frenchie (Tomer Capon) besteht. Der Plan lautet, A-Train und seinem Arbeitgeber Vought kriminelle Machenschaften nachzuweisen. Das stellt sich freilich als schwieriges, ja sogar lebensgefährliches Unterfangen heraus. Hilfreich ist jedoch der glückliche Zufall, dass sich Hughie mit Annie (Erin Moriarty) anfreundet, die sich als Starlight, das neueste Mitglied der "Seven" herausstellt. Sie ist noch nicht so abgebrüht wie ihre Superhelden-Kollegen und glaubt noch daran, Gutes mit ihren Kräften bewirken zu können. Allerdings ist Butcher bei der Umsetzung seines Planes nicht zimperlich und geht, wenn nötig, über Leichen – die Leichen der Supes, versteht sich!

Tatsächlich stößt die Badass-Truppe (plus Hughie) bald auf eine atemberaubende Verschwörung.

 

Beste neue Superhelden-Serie seit Langem

"The Boys" ist eine durchwegs gelungene Superhelden-Serie, die trotz einiger (sinnvoller) Adaptionen sehr nahe an der Stimmung und den Charakteren der Comic-Vorlage bleibt. Sex und Gewalt sind zwar durchaus vorhanden, weshalb die Serie von Amazon auch erst ab 18 Jahren empfohlen wird. Aber im Vergleich zur krassen Comic-Vorlage wurde einiges entschärft. Trotzdem spritzt immer noch genug Blut. Sex, Dirty Talk und Humor kommen auch nicht zu kurz, hingegen bietet die Serie (z.B. im Vergleich zu "Preacher") relativ wenig durchgeknallte Actionszenen.

Die düstere Stimmung und die Charakterentwicklung sind am besten gelungen. Nicht nur Hughie und Butcher werden glaubwürdig charakterisiert, sondern auch die Schurken bekommen genügend Raum, um charakterliche Tiefe zu entwickeln. Karl Urban hat zwar als Butcher keine Superkräfte, ist aber supercool und mehr als überzeugend. Antony Starr ist die perfekte Besetzung als unverwundbarer und doch so verletzlicher Narzisst Homelander, der verzweifelt nach Anerkennung hascht. Elisabeth Shue überzeugt als Managerin und Dompteurin ihrer brandgefährlichen Zöglinge. Auch die restliche Besetzung brilliert.

Fazit: "The Boys" ist die beste Superhelden-Serie für Erwachsene seit den ersten Staffeln von "Daredevil" und "Jessica Jones" von NetflixAmazon könnte mit "The Boys" sogar das "Game of Thrones" der Superhelden-Serien gelungen sein, denn die erste Staffel baut gekonnt die Charaktere auf und treibt die Story bis zu einem atemberaubenden Cliffhanger voran. Aber hier hat ja HBO mit der im Herbst kommenden Serien-Adaption von "Watchmen" auch noch ein Wörtchen mitzureden. Mit "The Boys" liegt Amazon jedenfalls gut im Rennen. Die zweite Staffel ist bereits fix und wir können sie schon jetzt kaum erwarten. Amazon hat hier wirklich an den richtigen Schrauben gedreht und mit "The Boys" auf jeden Fall ein Mittel gegen den sich abzeichnenden Superhelden-Überdruss abgeliefert.

 

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