Sebastian Pufpaff moderiert die Wiederauflage der Sendung

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"TV Total": Wieso die Neuauflage schlechter ist als das Original

Irgendwo zwischen Moderne und Nostalgie tut sich das neue "TV Total" schwer, sein Zielpublikum zu finden. Und witziger könnt's auch sein.

von

Manuel Simbürger
Manuel Simbürger

02/09/2022, 03:44 PM

Nicht, dass "TV Total" komplette Zeitverschwendung wäre. Denn eigentlich fühlt sich auf den ersten TV-Blick alles sehr wie früher an. Es gibt die legendären "TV-Total-Nippel" (die kurzen Einspielungen) inklusive Board, es gibt den Stand-up-Monolog, bei dem die TV-Landschaft und manchmal auch die analoge Welt durch den Kakao gezogen wird. Es gibt die Heavytones, es gibt den fahrbaren Schreibtisch, es gibt den/die kreischende/n AnsagerIn aus dem Publikum. Der "Raab der Woche" heißt jetzt "Deutscher Bewegtbildpreis".

Das neue "TV Total" ist also eigentlich das alte. So ungefähr.

Und genau da liegt das Problem.

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"TV Total" ist nicht mehr zeitgemäß

"TV Total" schwimmt zwar auf der Retro-Nostalgie-Welle des linearen Fernsehens mit, aber im Gegensatz zu "Wetten, dass...?", das eben wirklich alle Generationen anspricht, von der Ur-Oma bis zum Ur-Enkerl, wird die Nostalgie hier zum Verhängnis. Nicht, weil man das Neue mit dem Alten vergleicht. Auch früher war "TV Total" (und Stefan Raab) bei weitem nicht immer lustig, unterhaltsam, treffsicher. Hatte seine Längen, war lustlos, vor allem in den späteren Jahren.

Vielmehr wirkt "TV Total" heute aus der Zeit gefallen – und das nicht absichtlich, wie "Wetten, dass...?" eben. Es ist fast schon unangenehm. Früher war die Sendung ein Rebell unter den TV-Formaten, heute wirkt sie altmodisch und erzwungen modern (und irgendwie gleichzeitig auch erzwungen unmodern).

Wir wissen selbst, wie schlecht TV sein kann

"'TV Total' wurde seinerzeit für die Medienwelt ihrer Zeit aufgelegt und konnte darin originell sein. Die Show war ein Ritt durch den Irrwitz des Fernsehtrashs, der um die Jahrtausendwende regelrecht zelebriert wurde", schreibt der "Spiegel" auf den Punkt gebracht. Und: "Sie war eine Reaktion auf die damalige Fernsehgegenwart."

Heute brauchen wir niemanden mehr, der uns sagt, wie peinlich und unterirdisch TV sein kann. Das haben wir schon längst selber erkannt und sind deshalb zu Netflix abgewandert. Zudem wird "TV Total" selbst zur Personifikation seiner eigenen These.

Wen möchte "TV Total" ansprechen?

Klar, die Peinlichkeiten und Pannen anderer Sendungen, die "TV Total" präsentiert (inklusive der neuen Netz-Rubrik "Social Total", mit der man bemüht Zeitgeist atmen möchte), sind mitunter immer noch lustig. Bis auf Mini-Sendungen, die unterhalb der Wahrnehmungsgrenze dahin dümpeln, haben wir die aber alle schon gesehen – auf YouTube. Oder Instagram, TikTok, Twitter oder auch Facebook. Revolutionär ist daran nichts mehr.

Da stellt sich durchaus die Frage nach der Zielgruppe: Wen möchte das neue "TV Total" eigentlich genau ansprechen? Nur die alten Raab-Fans oder auch die junge Generation? Letzteres ist schwer vorstellbar, denn die Sendung macht nichts, was YouTube und Konsorten sowie Jan Böhmermann nicht auch tun. Nur schlechter. Und langsamer.

Bitte mehr Selbstproduziertes!

Würde sich "TV Total" vielleicht weniger auf die Nippel als auf die vor- und selbstproduzierten Videos mit Sebastian Pufpaff konzentrieren (haha, das wäre ein klassischer Sendungs-Gag!), das Ergebnis wäre vielleicht gelungener.

Die kommen zwar nicht an die legendär-spitzbübischen Einfälle wie "Raab in Gefahr" ran, sind aber doch ganz humorvoll und kreativ, Pufpaff scheint sich darin wohler zu fühlen als im Studio. Leider wird diesen Videos in der Sendung viel zu wenig Zeit eingeräumt, hier wäre mehr Mut (auch zur Raab’schen Anarchie!) wünschenswert.

Von nix kommt nur bisserl was

Vielleicht aber liegt’s ja gar nicht an der Sendung selbst, dass sie nicht mehr so begeistert wie früher, sondern an der TV-Landschaft rund um sie herum. Die ist nämlich nicht mehr so farbenprächtig, vielschichtig und lebendig, wie sie in den Nullerjahren war.

"TV Total" ist eine Sendung, die mehr auf Vorlagen aufbaut als andere Shows. Von nix kann zwar immer noch ein bisserl was kommen, aber halt nicht viel. Je öder das Original, desto beliebiger die Karikatur.

Und: Mit der Primetime haben sich die MacherInnen (Raab ist als Produzent tätig) keinen Gefallen getan, zu sehr ist die Sendung auf das Late-Night-Konzept aufgebaut.

Pufpaff übernimmt das Zepter von Stefan Raab

Pufpaff ist nur Teil des Problems

Über den Moderator selbst wurde schon einiges und eigentlich alles in den vergangenen Wochen gesagt. Sebastian Pufpaff (ja, der heißt echt so!) ist nicht das Schlechteste an "TV Total", aber auch nicht das Beste.

Zu sehr wirkt jener Mann, der auf 3Sat und im ZDF fast nur mit Krawatte zu sehen war, wie eine Bauchredner-Puppe von Stefan Raab: Der Mund bewegt sich zwar, aber man hört eigentlich stets Raabs Stimme. Raabs Gags, Raabs Gesten. Ja, auch das Outfit gleicht seinem Vorgänger. Mit der individuellen Authentizität hapert’s noch etwas.

Nach Lob folgt Ernüchterung

Nach der ersten Show wurde Pufpaff auf Twitter mit (überraschtem) Lob überschüttet, mittlerweile ist Ernüchterung beim Publikum eingekehrt – auch im TV-Studio. Dort wird selten oder verhalten über die Gags gelacht, die unangenehme Stimmung überträgt sich jenseits des Bildschirms.

Die meisten Jokes zünden nicht (und sind nicht witziger als die, über die er sich lustig macht), also werden härtere Geschütze aufgefahren: Zuletzt wurde Pufpaff wegen sexistischen Witzen und Äußerungen heftig kritisiert. Zuletzt wünschten sich viele den Ersatz-Moderator (Pufpaff war an Corona erkrankt) als fixes Gesicht der Sendung. Autsch.

Auch wenn früher nicht alles besser war: Am Ende ist das neue "TV Total" mehr eine Ode an das Erinnern als ein Nachhall des Jetzt. Schade.

"TV Total" ist immer mittwochs um 20.15 Uhr auf ProSieben zu sehen.

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