© Carole Bethuel

filmkritik

"Personal Shopper": Arthouse mit Geisterhaus

Assayas treibt im Zeiche von Horrorfilmen und Krimis ein lustvoll-verwirrendes Spiel mit uns, auf das man sich einlassen sollte.

01/25/2017, 11:57 AM

Das ist einer jener Filme, bei denen man nach Abspannende viele ratlose Gesichter im Zuschauerraum bemerken wird, weil sich die Frage aufdrängt: „Was habe ich da, bitte schön, gerade gesehen? Wer kann mir erklären, was das soll?“ Ich gebe gerne zu, dass es mir als Kritiker zunächst auch so ergangen ist, allerdings bin ich inzwischen davon überzeugt, dass jeder diesen Film genießen kann, sobald man folgende Grundvoraussetzung akzeptiert: es gilt hier nicht zwanghaft ein großes Geheimnis zu lösen, sondern Assayas treibt ein lustvoll-verwirrendes Spiel mit uns, auf das man sich einlassen sollte. Er will uns offenbar beweisen, dass ein paar typische Motive genügen, um die Zuschauer in eine bestimmte Stimmung zu versetzen, und der Rest spielt sich dann in ihren Köpfen ab.

Spiel mit Vorbildern

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Früher hat sich dieser (film)geschichtsbewusste Regisseur oft durch Stummfilme anregen lassen: bei „Irma Vep“ ging es um ein Remake des Feuillade-Klassikers „Les Vampires“ und das vorige Werk verdankten seinen Titel einem alten Bergfilm von Arnold Frank über ein Wolkenphänomen im Himmel über Sils Maria. Diesmal hat sich Assayas von neueren Horrorfilmen und Krimis inspirieren lassen und erfindet eine Geschichte, die Standardsituationen aus diesen Genres herbeizitiert. Wir sollen uns gleichermaßen an japanische Geisterfilme und amerikanische Reihen à la „Insidious“ erinnert fühlen. Das leerstehende Spukhaus darf ebenso wenig fehlen wie die Séance, geheimnisvolle Botschaften erreichen uns beim Tischerücken oder ganz zeitgemäß via SMS, Gespenster materialisieren sich und kotzen genervt Ektoplasma aus oder bleiben gleich komplett unsichtbar, verraten aber ihre Präsenz durch aufgehende Türen und schwebende Gegenstände - und nebenbei geschieht auch ein sehr blutiger Mord.

Spaß mit Victor Hugo

Die Verspieltheit des Regisseurs drückt sich etwa folgendermaßen aus: Da wird ein Kurzfilm aus den 60er Jahren über Victors Hugos Erfahrungen mit dem Spiritismus erwähnt und extra auf die schlechte Qualität des Streifens hingewiesen. Wenn sich die Hauptfigur den Film dann via YouTube ansieht, ist für uns sofort klar, dass es sich um eine reine Fiktion handelt, die Assayas unter Verzicht auf künstliche Alterungsspuren selbst inszeniert hat – so wie er auch früher immer wieder Fake-Szenen aus angeblichen Superheldenfilmen oder Eastern-Produktionen in seine Werke eingebaut hat.

Dreh mit Kristen Stewart

Abgesehen von all dem, wirkt „Personal Shopper“ aber in erster Linie wie eine einzige große Liebeserklärung an Kristen Stewart, die sich diesmal erstaunlich freizügig gibt. Assayas hat ihr eine noch größere Rolle als im vorhergehenden Werk „Die Wolken von Sils Maria“ zugedacht, obwohl sich die Ausgangssituationen ziemlich ähneln: auch diesmal lebt Stewart als Amerikanerin in Europa und arbeitet als persönliche Assistentin einer reichen Frau. Trotzdem ist dieser Film nun ausschließlich um sie herum zentriert, denn die junge Frau dominiert in jeder einzelnen Szene die Leinwand (falls man nicht minutenlang ein iPhone-Display sieht) und beweist einmal mehr, dass sie statt in US-Blockbustern viel besser im europäischen Arthousekino aufgehoben ist.

8 von 10 geisterhaften Punktmanifestationen

franco schedl

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Olivier Assayas verbindet in seinem komplexen Hybrid-Thriler mit Kristen Stewart in der Hauptrolle gekonnt die Elemente von Gruselfilm und Psychothriller.

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