Stalagim - Shoa ve Pornographia Be'Israel (Stalags - Holocaust & Pornography in Israel)

Israel, 2007

FilmDokumentation

Min.62

Die bunten Heftchen kamen über Nacht. Zu Hunderttausenden überschwemmten die «Stalags», pornografische Groschenromane über sadistische Aufseherinnen in Nazi-Lagern, den israelischen Zeitschriftenmarkt der frühen 60er Jahre. Parallel zur systematischen Aufarbeitung in den Eichmann-Prozessen erlebte der Holocaust auch eine schamlose Trivialisierung. Vor allem junge Männer verschlangen die Sadomaso-Bändchen unter der Bettdecke. Die Handlung folgte meist dem gleichen Muster: In einem deutschen Kriegsgefangenenlager wird ein alliierter Soldat von weiblichen SS-Angehörigen gequält. Zum glücklichen Ende bekommt er Gelegenheit, diese nun selbst sexuell zu erniedrigen. In einer restriktiven Gesellschaft war dies ein doppelter Tabubruch - denn auch Pornografie war etwas im Land gänzlich Neues. Nun öffnet Ari Libskers erstaunlicher Stalags - Holocaust & Pornography in Israel dieses bizarre Kapitel israelischer Populärkultur. Libskers widersteht einer naheliegenden Versuchung: Anstatt der Pulp-Fiction mit expliziten Bildern zu begegnen oder gar dem Spektakulären mit Spekulativem auf die Sprünge zu helfen, ist sein Ton eher nüchtern. Gedreht wurde in Schwarzweiß, nur die gemalten Cover der Hefte sind in bunten Farben. In einem investigativen Dokumentarstil führt Libskers Kamera von Antiquariatsregalen und Bibliothekskatalogen in die Wohnung eines Sammlers, der sich offen zur sexuellen Anziehungskraft von «SS-Frauen» bekennt, die es in Wahrheit niemals gab. Dagegen steht - als verfremdendes Zitat - eine sinfonische Hollywood-Musik, die eine irritierende Vertrautheit suggeriert. Doch schon in der Begegnung mit einigen der Autoren eröffnet sich die zweite Ebene dieses Films, der Libsker sorgfältig folgt: Er rekonstruiert den restriktiven Umgang der israelischen Gesellschaft jener Zeit mit den Erinnerungen an den Holocaust. Die Bevölkerung bestand zur Hälfte aus Überlebenden, doch erst die Eichmann-Prozesse gaben ihnen eine Stimme. (...) Es wäre bedauerlich, wenn mit den unbegründeten Ablehnungen, die Libsker unter anderen von der Berlinale und dem Leipziger Dok-Festival erhielt, das letzte Wort über eine deutsche Rezeption gesprochen wäre. Denn folgt man der Argumentation des Regisseurs, der sich selbst als «linksextrem» bezeichnet, so steckt darin eine Warnung vor jeder Trivialisierung des Holocaust. (Daniel Kothenschulte)

(Text: Viennale 2008)

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