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Serien-Review

Star Trek Discovery – Episode 13: Flache Charaktere machen Twists zunichte

Let's twist again: Die überraschende Wende verkommt zum Selbstzweck und löst aufgrund der flachen Charaktere kaum emotionale Wellen aus.

01/29/2018, 02:22 PM

"Twister" wäre wohl statt "Discovery" der bessere Titel für die erste "Star Trek"-Serie nach 15-jähriger TV-Abstinenz gewesen. Zumindest hätte diese Bezeichnung ähnlich wie "Next Generation", "Deep Space Nine" oder "Voyager" eine akkurate Vorschau darauf geboten, worum es bei der neuen Serie geht: Plot-Twists um jeden Preis! Die überraschende Wende steht bei "Star Trek: Discovery" eindeutig weit über authentischer Charakterentwicklung und plausibler Handlung. Von Kontinuität im "Star Trek"-Kanon ganz zu schweigen. Trotz guter Momente und Höhepunkte erschöpft sich die Modernisierung der Serie in einem zeitgemäßen visuellen Auftritt. Erzählerisch kann "Discovery" mit dem hohen Niveau moderner TV-Serien einfach nicht mithalten. Soviel kann schon jetzt, zwei Episoden vor dem Staffelfinale, gesagt werden.

SPOILER-ALARM! Wer nichts über den Handlungsverlauf der aktuellen Episode von "Star Trek: Disvovery" erfahren will, sollte diesen Serien-Review nicht weiterlesen.

Rebellion im Schnelldurchlauf

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AmEnde der letzten Episodehat sich Lorca aus seiner Agonie-Kammer befreit und sein wahres Gesicht gezeigt. Der böse Spiegel-Lorca hat die USS Discovery und vor allem Michael Burnham dazu missbraucht, selbst Imperator des Terranischen Imperiums zu werden. Nachdem seine erste Rebellion gescheitert ist, hat ihm ein Zufall zu seinem Comeback verholfen. Er nennt es freilich Schicksal. Für die Autoren ist dies eine willkommene Gelegenheit eines der bei Fans so beliebten Easter Eggs zu platzieren: Lorca kam genauso in das andere Universum wie Captain Kirk in der Original-Episode "Mirror, Mirror" ins Spiegel-Universum, nämlich aufgrund eines durch einen Ionensturm ausgelösten Transporter-Fehlers. Soviel dazu. Lorca befreit sofort seine Mitverschwörer aus den Agonie-Kammern auf dem imperialen Flaggschiff. Wie praktisch, dass die Putschisten alle bis zu Lorcas Rückkehr auf dem Schiff der Imperatorin gefangen gehalten wurden. Logisch ist es nicht unbedingt. Mit Hilfe von Giftgas, das ihm der Spiegel-Stamets zur Verfügung stellt, wird schnell der Großteil der Besatzung ausgelöscht: In kürzester Zeit übernimmt Lorca das zentrale Schiff des Imperiums, auf dem sich der Imperator und sein Thronsaal befindet. So leicht geht das.

Dann fällt auch noch die gefürchtete Imperatorin auf eine dümmliche Falle herein, vor der sie noch dazu von Burnham gewarnt wurde. Sie ist dazu gezwungen, sich im eigenen imperialen Flaggschiff zu verstecken. Burnham findet das Versteck dennoch ohne Probleme und taucht dort einfach so auf, obwohl sie nicht aus diesem Universum ist und das imperiale Schiff nicht kennt. Lorca, die ehemalige rechte Hand der Imperatorin, hat hingegen keine Ahnung, wo sich Georgiou versteckt. Na klar!

Burnham hat natürlich längst einen Plan, um Lorca auszuschalten. Die Discovery muss den Sporen-Antrieb des Schiffes zerstören. Denn die Spiegel-Variante zerstört das Sporen-Netzwerk und bedroht die Existenz aller Universen. Um den Antriebskern zu bombardieren, muss aber zuerst der Eindämmungsschild abgeschaltet werden. Das geht nur im Thronsaal, den jetzt Lorca hält. Also ab in die Höhle des Löwen. Burnham gibt vor Georgiou für freies Geleit für die Discovery auszuliefern. Aber im richtigen Moment schlagen die beiden Frauen los. In einem Action-Showdown mit wenig überzeugenden Kampfszenen werden die Schurken überwältigt. Georgiou tötet Lorca. Dann will sich die skrupellose Diktatorin für Burnham opfern. Aber die emotionale Bindung siegt: Burnham beamt mit dem bösen Spiegel ihrer verstorbenen Mentorin auf die Discovery zurück. Dort manövriert Stamets die Discovery wieder zurück in das eigene Universum. Die Erinnerung an den toten Hugh Culber weist ihm den Weg. Danke, Hugh!

Die Discovery landet wieder im eigenen Universum, aber ganze neun Monate in der Zukunft. Let's twist again: Inzwischen haben die Klingonen den Krieg gewonnen. Von der Föderation gibt es keine Spur mehr.

Verpackung vor Inhalt

"Star Trek: Discovery" hat bisher recht zwiespältige Reaktionen in der "Star Trek"-Community ausgelöst. Nicht idealistisch genug. Zu düster. Nicht im Kanon der bisherigen Serien. Und dann auch noch das Aussehen der Klingonen. Aber gleichzeitig kann das Potenzial der Serie nicht geleugnet werden. Visuell wurde dem "Star Trek"-Franchise ein moderner Look & Feel verpasst. Die Gratwanderung zwischen kurzweiligen Episoden und einem übergreifenden Handlungsbogen schien zumindest bisher zu gelingen.

Aber die Episode "What's Past is Prologue" (Dt.: "Auftakt zur Vergangenheit") setzt der Handlung im Spiegel-Universum ein abruptes Ende. Gerade die Verwegenheit der Autoren, (vermeintlich) wichtige Charaktere im Stil von "Game of Thrones" sterben zu lassen, offenbart die Lieblosigkeit und Oberflächlichkeit der Charakterentwicklung. Die Sicherheitsschefin stirbt in der vierten Folge noch bevor wir sie kennenlernen konnten. Am ehesten hat noch der Tod von Culber emotionale Wellen geschlagen. Letztlich war es aber eher ein Sturm im Wasserglas. Und der Tod von Lorca? Kein Vergleich zum emotionalen Tsunami, den der Tod von Ned Stark kurz vor dem Finale der ersten Staffel von "Game of Thrones" hinterlassen hat. Kein Vergleich zu den persönlichen Dramen bei " Battlestar Galactica". Der Mann hat einfach zu wenig Eindruck hinterlassen. Und dabei war Lorca noch die am besten charakterisierte Figur neben Burnham. "Star Trek: Discovery" scheitert am eigenen Anspruch einer epischen Erzählung.

Noch schlimmer: Es scheitert auch daran, die eigene Erzähltradition zu modernisieren. Fragwürdiges Agieren der Charaktere, banale Plots und deren schnelle Auflösung waren schon immer Teil von "Star Trek", könnte man zweifelsfrei einwenden. Aber eine zeitgemäße Adaptierung in der angestrebten Form einer sich selbst ernst nehmenden Erzählung müsste zumindest die Charaktere glaubwürdiger gestalten. Will man die banalen und teilweise absurden Plots beibehalten, zeigtSeth MacFarlane mit "The Orville"wohl eher den Weg auf. In diese Episode wurde einfach zu viel auf einmal hineingepackt. Der erzählerische Overkill wirkt fast comic-haft und ruiniert die Etablierung von "Star Trek" als eine Science-Fiction-Serie in der Oberliga, die sich mit den Erzählungen von "Battlestar Galactica" und "The Expanse" messen kann.

Als Hoffnungsschimmer für Trekkies sei noch erwähnt: Ganz unabhängig von der oberflächlichen und sprunghaften Erzählweise von "Star Trek: Discovery" ist nach wie vor höchst fragwürdig, ob wir in dieser TV-Serie bisher auch nur eine Sekunde im Universum von Captain James T. Kirk aus der Originalserie verbracht haben.

Erwin Schotzger

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