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Filmkritik

"The Laundromat": Geldwäscherei als pechschwarze Komödie

Steven Soderbergh verfilmt den Skandal rund um die "Panama Papers" als eine hochkarätig besetzte Satire, bei der es auch um die Ablenkung vom Wesentlichen geht.

von

Erwin Schotzger
Erwin Schotzger

09/30/2019, 07:30 AM

Wer erinnert sich noch an die "Panama Papers"? Im Jahr 2016 löste der Skandal eine öffentliche Debatte über Steueroasen und die Steuermoral im Allgemeinen aus. Was war passiert? Ein massives Datenleck enthüllte vertrauliche Unterlagen des Offshore-Dienstleisters Mossack-Fonseca und seiner teilweise prominenten Kunden rund um den Globus.

Von einem Film über die "Panama Papers" würde man eher eine Dokumentation wie "Let's Make Money" von Erwin Wagenhofer erwarten. Steven Spielberg hätte daraus wohl ein spannendes Drama über investigativen Journalismus gemacht wie "Die Verlegerin". Nicht so Steven Soderbergh! Dass er wie der andere Steven könnte, wenn er wollte, hat Soderbergh schon mit "Erin Brockovich" bewiesen. Aber diesmal wählt er den Zugang der Schwarzen Komödie.

Eine großartige Entscheidung!

Soderbergh präsentiert uns den Skandal bis in die kleinsten Nebenrollen hochkarätig besetzt und aus der schwarzhumorigen Perspektive der beiden Anwälte Jürgen Mossack (Gary Oldman) und Ramon Fonseca (Antonio Banderas), den Inhabern des Finanzdienstleisters im Zentrum der Enthüllungen. Oldman und Banderas führen uns als kauzige Oberlehrer durch den Film und erklären dem Publikum Gott und die Welt. Um welchen Gott es geht, ist von Anfang an klar. Nach welchen Geboten seine Welt funktioniert, erfahren wir von den beiden Unschuldslämmern.

 

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Am Anfang war das Geld

Alles beginnt mit dem Unfalltod von Joe Martin (James Cromwell). Seine trauernde Frau Ellen (Meryl Streep) kann es nicht fassen, dass sich die Versicherung so einfach aus der Affäre ziehen kann. Wie sie feststellen muss, sind es nicht einmal Versicherungen, sondern lediglich Briefkastenfirmen. Wir folgen aber weniger ihren Nachforschungen, sondern vielmehr der zunehmenden Eskalation des Skandals aus der Sicht von Mossack und Fonseca in ihrem Büro in Panama City.

So stößt etwa Ellen Martin bei ihren Recherchen auf den Namen Mia Beltram. Sie scheint als Direktorin eines Trusts sowie zahlreicher Firmen auf, die alle bei Mossack-Fonseca registriert sind. Die herrlich naive Ellen, die auch für eine Welt steht, in der eine Unterschrift noch einen verpflichtenden Wert hatte, hält sie für eine "wahnsinnig mächtige" Schlüsselfigur. Tatsächlich ist sie eine kleine Mitarbeiterin des Büros, die nichts Anderes macht als mit diesem Namen Dokumente zu unterschreiben. Als sie bei einem Unfall stirbt, muss sie als Direktorin von 25.000 Briefkastenfirmen ersetzt werden. Ihre Rolle übernimmt einfach eine andere Mitarbeiterin, die befördert wird.

 

Abschweifungen, die keine sind

Im Laufe des Films tritt Ellen Martin ein wenig in den Hintergrund. In einer sehenswerten Doppelconférence berichten Oldman und Banderas von skurrilen Kunden. Immer in der Absicht, das eigene Tun zu rechtfertigen: "Wir machen keine Gesetze, nur Verträge", so der Tenor. Mit ihren meist legalen oder halblegalen, manchmal aber auch gar nicht legalen Finanzkonstruktionen sichern und vermehren sie nur das Vermögen, das ihnen ihre Kunden anvertraut haben. Etwa der afrikanische Geschäftsmann Charles (Nonso Anozie), der seine Frau und seine Tochter in mehrfacher Hinsicht betrügt. Oder der britische Immobilienhändler Maywood, der von der Geldwäsche seiner korrupten Kunden in China profitiert und sie zu immer mehr Korruption anstiftet.

Diese Geschichten erscheinen nur dann als Abschweifungen vom eigentlichen Thema des Films, wenn man sich auf Meryl Streep als vermeintliche Hauptfigur Ellen Martin fixiert.

Tatsächlich dreht sich aber alles nur um Oldman und Banderas als Jürgen Mossack und Ramon Fonseca. Alle Fäden – ob Opfer oder Täter – laufen bei ihnen zusammen.

Soderbergh lenkt mit Meryl Streep von Oldman und Banderas als Hauptfiguren ab, ebenso wie Mossack und Fonseca mit ihren Briefkastenfirmen von den echten Eigentümern abgelenkt haben. Es ist nicht der einzige symbolische Kunstgriff des Films. Doch am Schluss schließt Soderbergh den Kreis: Meryl Streep rückt noch einmal mit einem eindrucksvollen Monolog und dem (wohl durchaus gewollt) plakativen Appell in den Mittelpunkt, doch endlich die richtigen Fragen zu stellen.

Und wenn wir gerade bei Ablenkungen sind? Was hat sich seit den Enthüllungen der "Panama Papers" vor drei Jahren eigentlich geändert?

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