Schonzeit für Füchse

BRD, 1965

FilmIndependent

Min.92

Christian Doermer, der Aussteiger in Veselys Das Brot der frühen Jahre, ist hier als Viktor ein Gefangener seiner großbürgerlichen Herkunft, die ihm eine gewisse «Schonzeit» gewährt, ehe auch er gezwungen sein wird, etwas Ordentliches anzufangen. Er will nach Australien «davonkommen» und dort eine Lizenz für Krokodiljagd beantragen. Mehr Romantik ist nicht. Sein Jugendfreund, der mit seiner ungeliebten Arbeit als Journalist und einer ungeliebten Freundin festsitzt, wird weder mitkommen noch wie bei Böll durch die Liebe erlöst werden. Die jungen Müßiggänger hätten wohl gerne die Leichtigkeit, mit der ihre französischen Zeitgenossen (bei ChabrobpParis unsicher machen, während sie in ihrer deutschen Provinzialität gefangen und von der Elterngeneration an ihrem Platz gehalten werden. Sie wissen, wie gefährdet sie sind, Viktor hat seit Jahren Magenprobleme. «Die hier haben einen längeren Atem als du», warnt er den anderen. Dabei sind es keine alten Nazis, die (wie bei Böll und Straub) wieder an die Macht wollen, sondern bloß Männer, die der Kultur ihres Standes wieder zur Geltung verhelfen. Das ist sich die deutsche Wohlstandsgesellschaft ohnehin schuldig. Erfolg zeigt sich. In Restaurants, die Schnecken auf der Speisekarte haben, kommen die Jungen ohne Krawatte nicht hinein. Das zähe Fortdauern der Vergangenheit nimmt bei den Kleinbürgern, die nicht auf die Treibjagd gehen, aber Bienen züchten, andere Formen an. «Trinken wir auf die alten Zeiten, als unsere Männer noch da waren», sagt die Mutter der Freundin des Journalisten und holt den Orden des Vaters hervor, um ihn dem jungen Mann umzuhängen. Die Beziehung zu Frauen, deren Stimmung meist trüb ist, ist in allen Schichten gleich, deshalb verbindet die Freunde ihnen gegenüber auch eine Komplizenschaft. Viktors Geliebte ist ausgerechnet Balletteuse, als wäre sie ein Seitensprung seines Vaters. Das läuft alles irgendwie, anstrengen muss sich keiner, der Abschied von gestern dauert ewig. Bei der Treibjagd führt einer der Herren im Trachtenanzug vor, wie eine angeschossene Ente mit ihrem eigenen Federkiel getötet wird. Ihr den Hals umzudrehen sei «schlechter Stil». Schamoni, der die Rituale des guten und kultivierten Lebens mit Präzision zeigt, wählte für diesen Repräsentanten alten Stils Willy Birgel, der zu anderen Zeiten «für Deutschland geritten» war. Schamoni nimmt damit die Art vorweg, mit der Fassbinder die deutschen Altstars einzusetzen wusste. Auch die Phrasendrescherei, etwa bei der Taxifahrt, wird akzentuiert bei Fassbinder wiederkehren. Schamoni geht in seinem Erstlingswerk nicht die formalen Wagnisse ein, mit denen Fassbinder der deutschen Wirklichkeit zu Leibe rückte, bildet aber mit seinem nüchternen, oft dokumentarischen Realismus eine nicht unwichtige Zwischenstufe, die damals als Stillosigkeit gesehen und fälschlich dem vorangegangenen Kino der Väter zugeschlagen wurde.

(Text: Viennale 2006)

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